Beirats-Newsletter 03/2020

 

Sehr geehrte Verwaltungsbeiräte,
liebe Leserinnen und Leser,
der Bundestag hat am 17. September die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes beschlossen. Zum 1. Dezember tritt nun das neue Gesetz in Kraft und schafft somit endlich eine neue zukunftsfähige und wohl rechtssichere Basis für Wohnungseigentümer und Verwalter. Das jahrelange Engagement des VDIV Deutschland, der sich mit Nachdruck für eine umfassende Novellierung des nicht mehr zeitgemäßen Regelwerks einsetzte, hatte Erfolg. Besonders profitieren werden Eigentümergemeinschaften von der Einführung des Sachkundenachweises. Künftig erhält jeder Eigentümer das Recht – nach einer Übergangszeit von mehr als drei Jahren – vom Verwalter einen Sachkundenachweis einfordern zu dürfen, der ausschließlich bei der Industrie- und Handelskammer absolviert werden kann.
Entscheidende Auswirkungen hat aber auch die aktuelle Rechtsprechung auf Wohnungseigentümer und ihre Mieter. Ob Teilnahmerecht an der Eigentümerversammlung, Modernisierungsankündigung oder Jahresabrechnung – jüngst wurden wieder diverse wegweisende Urteile gefällt.
 
Liebe Leserin, lieber Leser, diese und weitere Nachrichten finden Sie in der neuen Ausgabe unseres Beiratsnewsletters. Wir haben wieder Informationen rund um die Themen Wohnen, Kaufen, Mieten und Verwalten sowie aktuelle Gerichtsurteile zum Wohnungseigentums- und Mietrecht für Sie zusammengestellt. Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem regelmäßigen Service auch 2020 wertvolle Impulse für Ihre Tätigkeit als Verwaltungsbeirat liefern können.
Auf viele erfolgreiche gemeinsame Projekte und weiterhin gute Zusammenarbeit!
 
Ihre Immobilienverwaltung
die Hausverwaltung Claudia Thelen
 

Vorbemerkungen:

Der Beiratsnewsletter des VDIV Deutschland ist ein Angebot für Immobilienverwaltungen, um ihre Beiräte und Eigentümer noch umfassender über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV Deutschland) und die Hausverwaltung Claudia Thelen übernimmt keine Haftung für die abgedruckten Inhalte.

 

VDIV-Beiratsnewsletter

Ausgabe 3/2020

 

Inhalt

 

  1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht, Datenschutz

 

  1. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

 

  1. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

 

  1. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

 

 

  1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht, Datenschutz

BGH klärt Praxisstreit: Auch wenn die Jahresabrechnung vor Gericht „fliegt“, kriegt keiner Geld zurück!

Wird der Beschluss über die Genehmigung einer Jahresabrechnung ganz oder teilweise erfolgreich gerichtlich angefochten, stellt sich die Frage, ob der siegreiche Eigentümer oder gar alle Eigentümer und/oder auch die Gemeinschaft – falls Guthaben (positive Abrechnungsspitze) bereits an Eigentümer ausgezahlt wurden – geleistete Zahlungen zurückfordern können. Manche Gerichte und namhafte Stimmen im Schrifttum bejahten dies. Der Bundesgerichtshof (BGH) schließt sich der Gegenauffassung an und lehnt einen solchen Bereicherungsausgleich ab. Stattdessen postuliert er den „Vorrang des Innenausgleichs“ durch Erstellung neuer, korrigierter Jahresabrechnungen.

 

Mit Urteil vom 10. Juli 2020 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 178/19 hat der BGH geklärt, dass die erfolgreiche Anfechtung einer Jahresabrechnung nicht zu Rückerstat­tungen bereits geleisteter Nachzahlungen oder Guthaben führt. Stattdessen ergibt sich sowohl für den erfolgreichen Anfechtungskläger als auch für jeden anderen Eigentümer ein Anspruch gegen den Verwalter auf Erstellung einer korrekten Jahresabrechnung, außerdem ein Anspruch gegen alle Miteigentümer auf Genehmigung des korrigierten Abrechnungs­werks. Dies gilt laut BGH unabhängig davon, ob Jahresabrechnungen insgesamt oder nur in einzelnen Positionen für ungültig erklärt werden. Keine Rolle spielt ferner, ob es Eigentümerwechsel gab. Zudem klärt der BGH, dass trotz rückwirkenden Wegfalls des Zahlungsgrundes Verzugsfolgen (Anwaltskosten, Zinsen, Vollstreckungs­kosten) nicht entfallen. Hausgeldschuldner bleiben also insoweit zu Recht auf den Kosten hängen.

 

Der Fall

Ein Wohnungseigentümer erhob nacheinander zwei Klagen. Mit der ersten Klage – eine Anfechtungsklage gegen die übrigen Miteigentümer – wehrte er sich erfolgreich gegen den Kostenverteilungsschlüssel einer Dachsanierung in seiner Einzeljahresabrechnung. Der Beschluss über die Jahresabrechnung wurde bezüglich dieser Einzelposition rechtskräftig für ungültig erklärt. Während des Anfechtungsverfahrens hatte er die Nachzahlung aus seiner Jahresabrechnung (1.434,86 EUR) nebst Anwaltskosten, Zinsen auf Abrechnungsspitze und Vollstreckungskosten an die Gemeinschaft gezahlt. Mit seiner zweiten Klage – der hier beim BGH gelandeten – verklagte er die Gemeinschaft auf Rückzahlung der Gesamtsumme von 1.684,77 EUR sowie Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigungen der Zahlungstitel gegen ihn. Das Amtsgericht wies die Klage ab. In der Berufungsinstanz gab das Landgericht München I der Klage vollumfänglich statt. Das Landgericht führte aus, dass infolge der rückwirkenden Ungültigkeitserklärung der Jahresabrechnung der Rechtsgrund für die Zahlung in die Gemeinschaftskasse entfallen sei. Daher könne der Kläger aus dem Verwaltungsvermögen die Rückzahlung beanspruchen. Auf einen „Vorrang der Jahresabrechnung“ müsse sich der Kläger nicht verweisen lassen. Wegen der umstrittenen Rechtslage ließ das Landgericht die Revision zum BGH zu. Dieser beurteilt den Fall anders.

 

Die Entscheidung

Die Zahlungsklage sei unbegründet, weil die kollektive Finanzausstattungspflicht der Wohnungseigentümer im Verhältnis zur WEG („Gemeinschaftskasse“ bzw. Verwaltungsvermögen) Vorrang haben müsse vor individuellen Bereicherungsansprüchen. Handlungsfähigkeit und Liquidität einer Wohnungseigentümergemeinschaft gerieten ins Wanken, wenn erfolgreiche Anfechtungsklagen dazu führen könnten, geleistete Zahlungen zurückverlangen zu dürfen. Der BGH betont, dass die Positionen einer Jahresabrechnung lediglich unselbständige Rechnungsposten darstellten. Hausgeldzahlungen erfolgten nicht etwa auf diese, sondern stets auf die jeweilige negative oder positive Abrechnungsspitze als solche als Schlussstrich unter die über den Wirtschaftsplan kalkulierten Vorauszahlungen. Werde – wie im vorliegenden Fall – eine Einzelausgabe (Dachsanierung) über einen falschen Kostenverteilungsschlüssel zwischen den Eigentümern verteilt, sei eine Korrektur nur durch eine neue, den korrekten Verteilerschlüssel anwendende Jahresabrechnung möglich. Allein hierauf bestehe ein Rechtsanspruch, und zwar einerseits gegen den Verwalter, die korrigierte Jahresabrechnung zu erstellen und zur Beschlussfassung vorzulegen, dann aber auch gegen die Miteigentümer auf Zustimmung zur genehmigungsfähigen (also korrekten) neuen Jahresabrechnung.

 

Erstelle der Verwalter die neue Jahresabrechnung, habe er die gerichtlich für ungültig erklärte Position nach dem korrekten Schlüssel richtig zu verteilen; die übrigen, im Anfechtungsprozess nicht streitgegenständlichen Einnahmen, Ausgaben und Verteilungsschlüssel habe der Verwalter hingegen beizubehalten, da die Jahresabrechnung insoweit (also teilweise) bestandskräftig geworden sei. Verweigere der Verwalter die Erstellung der neuen Jahresabrechnung, stünde jedem Eigentümer ein individueller Anspruch gemäß § 28 Abs. 3 WEG zu, den er ohne Ermächtigung der Versammlung persönlich durchsetzen dürfe. Verweigere die Versammlung die Genehmigung der vorgelegten Jahresabrechnung, könne der berechtigte Anspruch mit der Beschlussersetzungsklage gemäß § 21 Abs. 8 WEG durchgesetzt werden.

 

BGH: Rechtsmittelbeschwer bemisst sich nach Kostenanteil des Wohnungseigentümers

Will ein Wohnungseigentümer eine bestimmte Art der Finanzierung einer baulichen Maßnahme verhindern, bemisst sich sein für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliches wirtschaftliches Interesse an seinem Anteil an den aufzubringenden Kosten.

 

Der Fall

Eine Bauträgerin zahlte Kostenvorschüssen für die Beseitigung „allgemeiner Baumängel“ und von Schallschutzmängeln, die auf zwei Geldmarktkonten der Wohnungseigentümer­gemeinschaft angelegt wurden. Im Oktober 2018 beschlossen die Wohnungseigentümer, eine Balkonsanierung in Auftrag zu geben und fassten den gesonderten Beschluss, dass die Finanzierung über die beiden Geldmarktkonten erfolgen sollte. Gegen letzteren Beschluss wandte sich ein Wohnungseigentümer mit einer Anfechtungsklage, weil er der Ansicht ist, dass der von der Bauträgerin geleistete Vorschuss zweckgebunden verwendet werden muss. Sein Anteil an der Balkonsanierung würde sich entsprechend seiner Miteigentumsanteile auf knapp 14.000 Euro belaufen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit einer Nichtzulassungsbeschwerde.

 

Die Entscheidung

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer den Betrag von 20.000 Euro nicht übersteigt. Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Interesse ist auch in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten. Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers daran, eine bestimmte Art der Finanzierung einer baulichen Maßnahme zu verhindern, bemisst sich nach seinem Anteil an den aufzubringenden Kosten. Hier gilt laut BGH nichts anderes als bei einer Anfechtung eines Beschlusses über die Durchführung einer baulichen Maßnahme. Demnach entspricht die Beschwer des Klägers seinem Anteil an der Balkonsanierung. Es käme nicht darauf an, dass auf den Geldmarktkonten ein Guthaben von mehr als 400.000 Euro vorhanden ist, weil das Volumen der beschlossenen Finanzierung maßgeblich ist.

 

BGH, Beschluss vom 02.07.2020, V ZR 2/20

Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 03.07.2019, 485 C 21746/18 WEG
LG München I, Entscheidung vom 11.12.2019, 1 S 10246/19 WEG

 

 

BGH zur Mehrhausanlage: Untergemeinschaft (Altbau) muss auch die erstmalige mangelfreie Herstellung alleine bezahlen

Im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) fehlen Regelungen zur Mehrhausanlage. Dennoch ist anerkannt, dass in der Gemeinschaftsordnung (GO) die Bildung von Untergemeinschaften vereinbart werden kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich schon oft zu Mehrhausanlagen geäußert. In einem aktuellen Urteil sorgt er für Rechtsklarheit bezüglich der Frage, ob auch schon die Beseitigung anfänglicher Baumängel der Kostentrennungsvereinbarung unterfallen oder ob insoweit noch alle Untergemeinschaften oder Eigentümer zuständig und zahlungspflichtig sind.

 

Mit Urteil vom 26. Juni 2020 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 199/19 entschied der BGH zu der dort im Streit befindlichen GO, dass die vereinbarte „verwaltungsmäßige und instandhaltungsmäßige Trennung″ in selbständige Untergemeinschaften in der Regel auch Maßnahmen zur erstmaligen mangelfreien Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums nach Begründung von Wohnungseigentum umfasst.

 

Der Fall

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Dresden. Die Anlage besteht aus vier Häusern (A bis D) und einer Tiefgarage. Die Häuser A, B und D sowie die Tiefgarage sind Neubauten, während das Haus C, ein Altbau, saniert wurde. § 3 der TE/GO enthält unter der Überschrift „Trennung der Mehrfamilienhäuser und der Tiefgarage″ unter anderem folgende Vereinbarung:

 

„Die gesamte Wohnanlage wird verwaltungsmäßig und instandhaltungsmäßig in fünf selbständige Gemeinschaften in der Weise geteilt, dass wirtschaftlich gesehen (... [die Häuser A,B,C,D sowie die Tiefgarage]) jeweils einschließlich der den vorstehenden Einheiten zugeordneten Sondernutzungsflächen so behandelt werden, als ob es sich um real geteilte Grundstücke handeln würde. Verwaltungsmäßig und unterhaltungsmäßig unterliegen somit lediglich der gemeinsamen Verwaltung aller Wohnungs- und Teileigentümer die nicht überbauten und nicht als Sondernutzungsfläche zugeordneten Grundstücksflächen, insbesondere die gemeinsamen Zuwegungen sowie Ver- und Entsorgungsanlagen und -leitungen, soweit sie der Ver- und Entsorgung aller fünf vorbenannten Verwaltungskomplexe dienen.(...) Im Rahmen vorstehender Zuordnung steht im Übrigen die Nutzung jeglichen gemeinschaftlichen Eigentums an Gebäuden und innerhalb von Gebäuden nur den jeweiligen Eigentümern bzw. Miteigentümern zu, die Sondereigentum in dem betreffenden Gebäude haben. Auch hinsichtlich der Kostentragung der laufenden Lasten, späterer Instandsetzungsmaßnahmen und die Instandhaltungsrücklage sind entsprechend der jeweiligen Verwaltungseinheit zu teilen und zuzuordnen [sic], soweit nicht Maßnahmen und Anlagen betroffen sind, die der Unterhaltung aller Verwaltungskomplexe dienen. In Eigentümerversammlungen haben die insoweit von der Benutzung ausgeschlossenen Eigentümer der jeweils anderen Gebäude kein Stimmrecht.″

 

In Haus C (Altbau) traten nach der Sanierung und Begründung von Wohnungseigentum Feuchtigkeitsschäden auf. In der Eigentümerversammlung vom 3. Mai 2018 wurde beschlossen, einen Sachverständigen mit einer gründlichen Mauerwerksdiagnostik und der Erstellung eines Sanierungskonzepts für Haus C zu beauftragen, wobei die Kosten 18.000,00 Euro nicht übersteigen und aus der Instandhaltungsrücklage des Hauses C beglichen werden sollten. Dagegen wendet sich die Klägerin, deren Einheiten im Haus C liegen, mit der Anfechtungsklage. Sie rügt, dass die Kosten für die Instandsetzung anfänglicher Baumängel allen Eigentümern zur Last fallen müssten, weil es in der GO keine klare und eindeutige abweichende Regelung vom Gesetz gebe. Amtsgericht und Landgericht Dresden gaben der Klägerin Recht, das Landgericht ließ die Revision zu. Bereits in einem Vorprozess hatte die Klägerin mit einer Anfechtungsklage gegen einen früheren Beschluss desselben Inhalts Erfolg gehabt, weil alle Eigentümer zur Beschlussfassung berufen gewesen seien, nicht nur die Mitglieder der Untergemeinschaft des Altbaus C.

 

Die Entscheidung

Der BGH beurteilt den Sachverhalt genau anders herum als die Vorinstanzen. Das Auslegungsergebnis von Amtsgericht und Landgericht zu § 3 TE/GO entspreche nicht einer unbefangenen Auslegung nach Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Leser auf Anhieb erschließe. Im Ergebnis sei in § 3 eine klare und eindeutige Abweichung der gesetzlichen Grundregel enthalten. Daher unterfalle die Abdichtung des Altbaus nicht der Zuständigkeit und Kostentragung aller Eigentümer, sondern nur der der Mitglieder der Untergemeinschaft Haus C. Zwar seien der Wortlaut und der Sinn des Wortes „späterer″ Instandsetzungsmaßnahmen nicht eindeutig. Allerdings ergebe sich aus dem Kontext der Gesamtregelung klar und eindeutig, dass nicht nur Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung einer zuvor bereits einmal mangelfrei hergestellten Wohnanlage der betroffenen Untergemeinschaft zuzuordnen sei, sondern auch die Beseitigung anfänglicher Baumängel oder die erstmalige mangelfreie Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums im Bereich des Baukörpers von Haus C. Daher seien nur die Eigentümer der Untergemeinschaft Haus C stimmberechtigt gewesen. Ebenso wenig sei zu beanstanden, dass die Finanzierung aus der Instandhaltungsrücklage des Hauses C zu erfolgen hat.

 

 

Teilnahmerecht aller Eigentümer an Versammlung trotz Corona

Die Corona-Pandemie rechtfertigt regelmäßig keine Beschränkung der Personsanzahl auf einer Eigentümerversammlung auf einen Wert unterhalb der teilnahmeberechtigten Eigentümer inklusive Verwalter. Spricht die Einladung zu einer Versammlung ohne ausreichende Rechtfertigung eine solche Beschränkung aus, so sind die auf der Ver­sammlung getroffenen Beschlüsse wegen Eingriffs in den Kernbereich des Wohnungs­eigentums nichtig. Vorrangig ist ein Raum zu organisieren, in dem die Vorgaben der landesrechtlichen Corona-Schutzverordnungen eingehalten werden können.

 

Der Fall

Die Parteien des Rechtsstreits bilden eine Wohnungseigentumsgemeinschaft mit 13 Eigentumseinheiten, die im Eigentum von 11 Personen stehen. Mit Schreiben vom 06.07.2020 lud die Hausverwaltung zur Eigentümerversammlung auf den 22.07.2020. Im Einladungsschreiben formulierte die Verwaltung wie folgt:

 

„Aufgrund der Größe der Sitzungsräume muss die Anzahl der anwesenden Eigentümer bei dieser Versammlung beschränkt werden (10 Personen inkl. Verwalter). Erteilen Sie deshalb möglichst dem Verwaltungsbeirat oder der Verwaltung die Vollmacht für die Teilnahme an der Versammlung. [...] Der Verwalter behält sich vor, die Versammlung nicht durchzuführen, sofern die Höchstzahl der Anwesenden überschritten wird und keine einvernehmliche Regelung am Versammlungstag dazu getroffen werden kann.“

 

In der Versammlung erfolgte zum Tagesordnungspunkt 9 eine Beschlussfassung über den Anstrich der Gebäudefassade inklusive Algenschutz. Diese Beschlussfassungen hat die Antragstellerin im parallelen Hauptsacheverfahren angefochten, dessen Entscheidung noch nicht getroffen ist. Die zuständige Hausverwaltung kündigte an, ab September 2020 den Beschluss umsetzen zu lassen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die konkret beschlossene Maßnahme unter den Gesichtspunkten des Gesundheitsschutzes und des Umweltschutzes tauglich ist. Im Wege der einstweiligen Verfügung begehrt die antragstellende Eigentümerin die Aussetzung der Vollziehung des von ihr in einem gesonderten Verfahren angefochtenen Beschlusses der Eigentümerversammlung.

 

Die Entscheidung

Das zuständige Amtsgericht hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stattgegeben. Die Antragstellerin hat damit einen Anspruch auf Aufschub der Vollziehung der von ihr in dem Parallelverfahren angefochtenen Beschlussfassung der Eigentümerversammlung. Es kommt laut der Begründung des Gerichts im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob das Vollziehungsinteresse bezüglich des angefochtenen Beschlusses das Aussetzungsinteresse überwiegt, da der angegriffene Beschluss nicht lediglich anfechtbar ist, sondern nichtig im Sinne des § 23 Abs. 4 S. 1 WEG.

 

Das Gericht führt aus, dass die Nichtigkeit eines Beschlusses unter anderem dann vorliege, wenn ein Verstoß gegen Grundsätze des Wohnungseigentumsrechts oder in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingegriffen werde. Ein solcher Eingriff liege insbesondere dann vor, wenn die Mitwirkungsrechte eines Wohnungseigentümers ganz oder teilweise diesem entzogen werden, obwohl es sich um unentziehbare Rechte handele. Das Teilnahmerecht und Stimmrecht eines Wohnungseigentümers dürfen allenfalls ausnahmsweise eingeschränkt werden. Der in der Einladung erteilte Hinweis, dass eine Vertretung durch einen bevollmächtigten anderen Teilnehmer, etwa Verwaltungsbeirat oder Verwalter, grundsätzlich möglich ist, könne laut Gericht nicht dazu führen, dass ein Wohnungseigentümer zur Erteilung einer entsprechenden Vollmacht gezwungen werde. Auch der weitere Hinweis, dass im Falle einer einvernehmlichen Verständigung der anwesenden Wohnungseigentümer auf eine anderweitige Regelung der Teilnehmerzahl die Versammlung durch den Verwalter durchgeführt wird, ändere daran nichts. Es komme vielmehr darauf an, ob im Vorfeld der Versammlung durch die Einladung ein Druck erzeugt werde, von der Teilnahme Abstand zu nehmen. Die derzeit herrschende Corona-Pandemie rechtfertige ein derartiges Vorgehen nach den Ausführungen des Gerichts jedenfalls nicht. Denn zum Zeitpunkt der Einladung und der Versammlung sei die Durchführung einer solchen Veranstaltung nicht von vornherein untersagt gewesen, wenn geeignete Schutzmaßnahmen vorhanden sind. Ferner wäre die Anmietung eines geeigneten größeren Raumes geboten und zumutbar gewesen, um sämtlichen Wohnungseigentümern die Teilnahme an der Versammlung zu ermöglichen, ohne dass die Sorge vor den coronabedingten Einschränkungen bestehe. Aus diesem Grunde sei der Erlass einer einstweiligen Verfügung geboten gewesen, da ansonsten der Vollzug der zum Tagesordnungspunkt 9 der Versammlung vom 22.07.2020 beschlossenen Maßnahme drohe.

 

AG Kassel, Urteil vom 27.08.2020 – 800 C 2563/20

 

Verfrüht ausgesprochene Modernisierungsankündigung rechtsmissbräuchlich

Eine weit verfrüht ausgesprochene Modernisierungsankündigung ist laut einer Entscheidung des Landgerichts Berlin rechtsmissbräuchlich. Der Vermieter kann aus einer Ankündigung, die 16 Monate vor Beginn der am Mietobjekt beabsichtigten Maßnahmen erfolgte, keine Duldungsansprüche gegenüber dem Mieter herleiten.

 

Der Fall

Eine Vermieterin kündigte mit Schreiben vom 25. September 2018 die Duldung von Modernisierungsmaßnahmen an, die erst ab Februar 2020 in dem vom Mieter bewohnten Gebäude durchgeführt werden sollten. Zuvor hatte die Vermieterin die Mieter der „gesamten Siedlung“ bereits nach Abschluss der Vereinbarung zum sozialverträglichen Ablauf der Modernisierung und Sanierung mit dem zuständigen Bezirksamt über das Vorhaben informiert, eine Mieterversammlung abgehalten, Mietersprechstunden durchgeführt und bereits im Dezember 2017 über die Regelungen zur „finanziellen Härte“ aufgeklärt. Aufgrund des langen Zeitraums von 16 Monaten bis zum Beginn der Modernisierungs­maßnahmen wendete sich der Mieter gegen den geltend gemachten Duldungsanspruch vor dem zuständigen Amtsgericht mit Erfolg, nachdem die Vermieterin diesen Anspruch erst knapp ein Jahr nach Ankündigung der Maßnahmen geltend gemacht hatte.

 

Die Entscheidung

Auch die von der Vermieterin eingelegte Berufung hat das zuständige Landgericht zurückgewiesen mit dem Hinweis, dass aus der zu überprüfenden ausgesprochenen Modernisierungsankündigung keine Duldungsansprüche hergeleitet werden können. Es komme dabei nicht darauf an, ob der Zeitraum zwischen dem Zugang der Modernisierungsankündigung und deren beabsichtigten Beginn eine – gesetzlich allerdings nicht geregelte – Höchstfrist nicht überschreiten dürfe, ohne dass der Vermieter seine Ansprüche aus der Modernisierungsankündigung verliere. Ein solcher Duldungsanspruch sei schon wegen des Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht durchsetzbar.

 

Das Berufungsgericht führt weiter aus, dass nach der Rechtsprechung des BGH eine Rechtsausübung missbräuchlich sei, wenn ihr kein schutzwürdiges Interesse zukommt, sondern sie erfolgt, um sich unter Ausnutzung lediglich formal bestehender Rechte eine Position zu verschaffen, an der kein schutzwürdiges Eigeninteresse bestehe. Dies sei für den vorliegenden Fall zu bejahen. Durch eine weit verfrühte Ankündigung untergräbt der Vermieter nicht nur das an den Zugang der Duldungsankündigung geknüpfte und zeitlich befristete Sonderkündigungsrecht des Mieters aus § 555e Abs. 1 BGB, sondern beschränkt gleichzeitig zu dessen Nachteil die Möglichkeiten zur erfolgreichen Geltendmachung von Härtegründen nach § 555d Abs. 2 BGB.

 

Hinzukommend laufe eine weit verfrühte Ankündigung auch dem Gesetzeszweck des § 555c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 BGB zuwider, dem Mieter durch die Angabe des voraussichtlichen Beginns und der Dauer der Maßnahmen (§ 555c Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) sowie der zu erwartenden Mieterhöhung (§ 555c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB) eine hinreichend verlässliche Planungs- und Entscheidungsgrundlage für den weiteren Verlauf des Mietverhältnisses zu verschaffen. Das Berufungsgericht führt weiter aus, es seien keine schutzwürdigen Eigeninteressen des Vermieters ersichtlich, die geeignet wären, die mit einer weit verfrühten Modernisierungsankündigung verbundenen erheblichen Rechtsnachteile des Mieters zu rechtfertigen. Eine erfolgreiche Inanspruchnahme des Mieters weit vor dem angekündigten Beginn der Maßnahmen wäre allenfalls dann möglich, wenn durch die Geltendmachung von Härtegründen oder anderer Einwendungen die Besorgnis der nicht rechtzeitigen Leistung bestünde und deshalb gemäß § 259 ZPO eine Verurteilung zur zukünftigen Duldung gerechtfertigt wäre. Dies sei hier auch nach den eigenen Argumenten der Vermieterin ersichtlich nicht der Fall. Auch wenn nach Ansicht der Vermieterin nur eine zeitlich weit vorgelagerte Ankündigung der beabsichtigten Maßnahmen bei einem Großvorhaben einen sozialverträglichen Ablauf der Modernisierung mit hinreichender Planungssicherheit für den Vermieter möglich mache, gebe es keinen sachlich gerechtfertigten Grund, dem Mieter die in seiner Wohnung und dem Mietshaus beabsichtigten Maßnahmen nicht zeitnah, sondern erneut mit einem erheblichen zeitlichen Vorlauf – von nahe eineinhalb Jahren – anzukündigen. Daraus folgt, dass die Vermieterin ohne den Ausspruch einer neuerlichen Ankündigung die Duldung keiner der streitgegenständlichen Maßnahmen verlangen könne.

 

LG Berlin, Urteil vom 01.09.2020 – 67 S 108/20

Vorinstanz: AG Berlin-Mitte, 16.03.2020 – 20 C 162/19

 

 

Auch ein Mieter kann bevollmächtigter Vertreter für einen Wohnungseigentümer sein

Die Eigentümer einer Wohnung können sich durch ihren Mieter in wohnungseigentumsrechtlichen Angelegenheiten vertreten lassen. Dies gilt zumindest dann, wenn die Entfernung zwischen dem Wohnort der Eigentümer und der Wohnungseigentumsanlage groß ist. Auch darf die Verwaltung mit dem bevollmächtigten Mieter über dessen E-Mail-Account kommunizieren. Das entschied das Hamburger Landgericht in einem Berufungsverfahren (Urteil vom 15. Januar 2020, Az. 318 S 59/19).

 

Der Fall

In dem zu verhandelnden Fall verlangt ein Wohnungseigentümer von der Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft, es zu unterlassen, einen Mieter über seinen beruflichen E-Mail-Account hinsichtlich der Angelegenheiten der Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft zu informieren. In der Teilungserklärung heißt es wörtlich wie folgt: „Geht das Wohnungseigentum auf mehrere Personen über, so haben diese unter Anzeige an den Verwalter einen geeigneten Bevollmächtigten zu bestellen, der berechtigt ist, für sie Willenserklärungen und Zustellungen, die im Zusammenhang mit dem Wohnungseigentum stehen, entgegenzunehmen und abzugeben.″ In Bezug auf die Vertretung in der Wohnungseigentümerversammlung ist der Teilungserklärung folgendes geregelt: „Jeder Eigentümer kann sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht ausgestatteten Dritten vertreten lassen.″ Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Verwalterin den Mieter der Wohnungseigentümer über dessen E-Mail-Account jederzeit Informationen zukommen lassen dürfe, da eine wirksame Bevollmächtigung durch die Wohnungseigentümer der betreffenden Einheit vorliege und die Eigentümer ein nachvollziehbares und berechtigtes Interesse an einer Information ihres Bevollmächtigten hätten.

 

Die Entscheidung

Das in der Berufungsinstanz zuständige Landgericht hat sich der Auffassung des Amtsgerichts angeschlossen, so dass die von den Eigentümern eingelegte Berufung erfolglos blieb. Es sei mit Blick auf die Teilungserklärung, die grundsätzlich Möglichkeiten für die Wohnungseigentümer vorsieht, sich in wohnungseigentumsrechtlichen Angelegenheiten durch bevollmächtigte Dritte vertreten zu lassen, nicht zu beanstanden, dass die Verwalterin auf der Grundlage einer Vollmacht mit dem Mieter der Einheit als Vertreter über E-Mails in Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft korrespondiert. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn für die Wohnungseigentümer, die ihren Mieter bevollmächtigt haben, kein entsprechendes berechtigtes Interesse bestünde. Angesichts der weiten Entfernung des Wohnortes der Eigentümer zur Wohnungseigentumsanlage bestehe jedoch ein berechtigtes Interesse, sich umfassend in allen wohnungseigentumsrechtlichen Angelegenheiten vertreten zu lassen. Der bevollmächtigte Mieter, der in der Anlage wohnt, könne beispielsweise den Instandsetzungsbedarf oder eine Einhaltung der Hausordnung aus nächster Nähe deutlich besser beurteilen als der entfernt wohnende Wohnungseigentümer. Allein aus dem Umstand, dass der Bevollmächtigte zugleich Mieter ist, lasse sich jedenfalls nicht ableiten, dass er die Interessen der Wohnungseigentümer nicht sachgerecht vertreten würde oder seine Vollmacht zu Lasten anderer Wohnungseigentümer missbrauchen würde. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, mit der Verwaltung über Angelegenheiten der Gemeinschaft kommunizieren zu dürfen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Verwalterin mit dem bevollmächtigten Mieter über dessen beruflichen E-Mail-Account kommuniziere. Im vorliegenden Fall gebe es keinerlei Anhaltspunkte, dass die ausgetauschten Belange der Eigentümergemeinschaft nicht mit hinreichender Vertraulichkeit behandelt werden.

 

Landgericht Hamburg, Urteil vom 15. Januar 2020, Az. 318 S 59/19

Vorinstanz: AG Hamburg, 26.04.2019, Az. 22a C 138/18

 

 

Verwalter darf Beschluss über bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums bei einfacher Mehrheit verkünden

Gemäß § 22 Absatz 1 WEG kann ein Beschluss über eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums mit einfacher Mehrheit gefasst werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Fehlt die Zustimmung einzelner beeinträchtigter Wohnungseigentümer, ist ein dennoch verkündeter Beschluss anfechtbar, aber nicht nichtig. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 29. Mai 2020 (Az. V ZR 141/19) klargestellt.

 

Der Fall

Im konkreten Fall hatten die Wohnungseigentümer in einer Eigentümerversammlung im Jahr 2011 mit Stimmenmehrheit beschlossen, einer Teileigentümerin den Umbau ihres Einkaufzentrums im Hinblick auf die damit verbundenen baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums zu genehmigen. Der Geschäftsführer der Verwalterin verkündete den Beschluss. Ein Wohnungseigentümer, der gegen den Beschluss gestimmt hatte, reichte Anfechtungsklage ein. Nach einer übereinstimmenden Erledigungserklärung erlegte das Landgericht die Prozesskosten den beklagten Wohnungseigentümern auf, weil der Beschluss mit hoher Wahrscheinlichkeit für ungültig erklärt worden wäre. Es habe nicht die Zustimmung aller Eigentümer vorgelegen, die durch die Baumaßnahmen beeinträchtigt werden.

 

Daraufhin verlangten einige der im Verfahren unterlegenen Wohnungseigentümer von der ehemaligen Verwalterin Ersatz der im Anfechtungsverfahren entstandenen Kosten. Sie argumentierten, der Geschäftsführer der Verwalterin hätte das Zustandekommen des Beschlusses nicht verkünden dürfen.

 

Die Entscheidung

Die BGH-Richter sahen das anders. Der Beschluss, mit dem die bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums genehmigt wurde, war zwar mangels Zustimmung aller beeinträchtigten Eigentümer rechtswidrig. Gleichwohl hat der Geschäftsführer der Verwalterin bei der Verkündung des Beschlusses nicht pflichtwidrig gehandelt.

Die Verantwortung für den Inhalt gefasster Beschlüsse liegt bei den Wohnungseigentümern. Sie können das Risiko der Anfechtung bewusst eingehen. Der Verwalter ist jedoch als Versammlungsleiter verpflichtet, der Eigentümerversammlung durch umfassende Informationen eine ordnungsgemäße Grundlage für die zu treffende Entscheidung zu verschaffen. Dazu gehört die Pflicht, vor der Abstimmung über eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums nach § 22 Abs. 1 WEG auf ein bestehendes Zustimmungserfordernis hinzuweisen. Im strittigen Fall konnten die klagenden Eigentümer nicht nachweisen, dass der Verwalter seine Informations- und Hinweispflichten verletzt hatte. Entsprechend hat er nicht pflichtwidrig gehandelt, indem er den Beschluss über die bauliche Veränderung verkündet hat. 

 

Beachtung des Lärmschutzes bei Austausch des Bodenbelages

Ein Wohnungseigentümer, der in seiner Wohnung den Bodenbelag austauscht (Fliesen gegen Teppichboden), muss auf die Einhaltung der schallschutztechnischen Mindestanforderungen achten. Dies gilt auch dann, wenn die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums mangelhaft ist und ohne diesen Mangel der Trittschall den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entspräche, entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 26. Juni 2020 (Az. V ZR 173/19).

 

Der Fall

In dem konkreten Rechtsstreit sind die Parteien Mitglieder einer Wohnungseigentümer­gemeinschaft. Der Eigentümer einer Dachgeschosswohnung des im Jahr 1962 errichteten Hauses hatte im Rahmen einer Renovierungsmaßnahme den Teppichboden entfernen und stattdessen Fliesen verlegen lassen. In der darunter liegenden Wohnung wurde es daraufhin zu laut. Deren Eigentümer macht geltend, dass es seitdem in seiner Wohnung zu unzumutbaren Lärmbelästigungen durch Trittschall kommt. Ein von der Verwalterin der Eigentümergemeinschaft eingeholtes Gutachten hat ergeben, dass die Trittschalldämmung der Wohnungstrenndecke mit dem neuen Fliesenbelag nicht den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entspricht. Der Eigentümer aus der unteren Wohnung verlangt, dass in der Dachgeschosswohnung wieder ein Teppichboden oder gleichwertiger, schalldämpfender Fußbodenbelag verlegt wird. Der Wohnungseigentümer der Dachgeschosswohnung stellt sich jedoch auf den Standpunkt, dass die Gemeinschaft für die fehlerhaft konstruierte und damit mangelhafte Geschossdecke zuständig sei, da diese im Gemeinschaftseigentum stehe. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht haben dem Klagebegehren größtenteils stattgegeben.

 

Die Entscheidung

Der V. Zivilsenat des BGH hat die von dem Eigentümer der Dachgeschosswohnung eingelegte Revision zurückgewiesen. Das Gericht führt aus, dass rechtlicher Maßstab für die zwischen den Wohnungseigentümern hinsichtlich des Schallschutzes bestehenden Pflichten der § 14 Nummer 1 WEG ist. Danach ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen, wozu auch der Oberbodenbelag gehört, nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Ein solcher Nachteil sei aber dem Eigentümer der unteren Wohnung infolge des Austausches des Bodenbelags in der darüber liegenden Dachgeschosswohnung entstanden.

 

Der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu gewährende Schallschutz richtet sich nach der DIN 4109, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt wird und dabei nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen wird. Laut Bundesgerichtshof gilt das grundsätzlich auch dann, wenn die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums mangelhaft ist und der Trittschall ohne diesen Mangel den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entsprechen würde. Zwar können die betroffenen Wohnungseigentümer versuchen, wegen der Zwischendecke gegen die gesamte Gemeinschaft vorzugehen. Dies ändere jedoch nichts daran, dass der Eigentümer der Dachgeschosswohnung zunächst auf den unteren Eigentümer Rücksicht nehmen muss und dafür Sorge zu tragen hat, dass der Trittschall auch nach Austausch des Bodenbelages wieder den DIN-Normen entspricht.

Etwas anderes könne nur gelten, wenn bei einer mangelhaften Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer keine alternative Abhilfemöglichkeit hat. Im vorliegenden Fall sei es dem Eigentümer der Dachgeschosswohnung auch zumutbar und möglich, durch vergleichsweise einfache Maßnahmen wie etwa die Anbringung eines zusätzlichen Bodenbelages die Einhaltung der Mindestanforderungen an den Trittschall zu gewährleisten. Welche konkrete Maßnahme er ergreift, bleibt ihm überlassen. Aus diesem Grund kann der andere Wohnungseigentümer gemäß § 1004 BGB und § 15 Absatz 3 in Verbindung mit § 14 Nummer 1 WEG auch die Beseitigung der Beeinträchtigungen seines Wohneigentums verlangen.

 

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Juni 2020, Az. V ZR 173/19

Vorinstanzen:

LG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2019, Az. 19 S 152/18

AG Mönchengladbach, Urteil vom 28. November 2018, Az. 36 C 438/17 

 

  1. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

Bundestag beschließt WEG-Reform: Entscheidende Schritte für Wohnungseigentümer und Immobilienverwalter

Der Deutsche Bundestag hat am 17. September 2020 das novellierte Wohnungseigentums­gesetz beschlossen. Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV Deutschland) begrüßt die weitgehend ausgewogene und praxisnahe Reform. U. a. werden energetische Sanierungen und der Einbau von E-Ladestationen einfacher umgesetzt und Blockadehaltungen einzelner Eigentümer zurückgewiesen. Die Einführung eines Sachkundenachweises in Form einer Zertifizierung befürwortet der Spitzenverband der Branche. Kritisch sieht der VDIV Deutschland die jederzeitige Abberufung eines Verwalters, also auch ohne wichtigen Grund.

 

„Das nun beschlossene Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) gibt Eigentümergemeinschaften mehr Verantwortung und Pflichten. Blockadehaltungen einzelner Eigentümer werden aufgelöst und dringend notwendige Prozesse wie Sanierungen können einfacher umgesetzt werden. Das macht auch die treuhänderische Verwaltung effizienter”, so VDIV-Deutschland-Geschäftsführer Martin Kaßler.

 

Durch die Reduzierung der erforderlichen Mehrheiten für Beschlüsse zu baulichen Maßnahmen werden Sanierungen leichter möglich. „Hier wurde auf der Zielgeraden ein Kompromiss der Regierungskoalition gefunden, der die Beschlussfassung deutlich vereinfacht, aber Eigentümer auch vor finanzieller Überforderung schützen kann”, betont Martin Kaßler. So sollen bei Sanierungsmaßnahmen nur dann alle Wohnungseigentümer die Kosten tragen, wenn die bauliche Veränderung mit zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen wurde und auch nur dann, wenn die bauliche Veränderung nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Insbesondere vor dem Hintergrund der angestrebten Klimaneutralität in Wohngebäuden, aber auch im Hinblick auf die Verweigerungshaltung einiger Eigentümer, mit der sie sich nahezu jeglicher Maßnahme am Gemeinschaftseigentum verschließen, ist dies der richtige Weg.

 

Ebenfalls zu begrüßen ist, dass künftig jeder Eigentümer einen Anspruch auf den Einbau einer E-Ladestation, barrierefreie Ein- und Umbauten und Maßnahmen zum Einbruchschutz sowie eines Glasfaseranschlusses hat und dies auf eigene Kosten veranlassen kann. Davon profitieren nicht unerheblich auch Mieter.

 

Prinzipiell können Eigentümer ab dem 1. August 2024 den Nachweis einer Zertifizierung bzw. Sachkunde vom Verwalter verlangen, sofern dieser keine adäquate Ausbildung oder eine höhere Qualifikation vorweisen kann. Für die Prüfungen ist dann die örtliche Industrie- und Handelskammer (IHK) zuständig. „Wir sind erleichtert, dass CDU/CSU und SPD dies nun einführen, wertet es doch die Tätigkeit des treuhänderischen Verwalters auf. Gleich­zeitig würdigt die Regierungskoalition damit die gestiegene Verantwortung des Verwalters, die das novellierte Gesetz bereithält”, so VDIV-Deutschland-Geschäftsführer Kaßler. Der VDIV Deutschland als Spitzenverband der Branche hat sich nachweislich über viele Jahre hinweg für die Einführung eines Sachkundenachweises eingesetzt.

 

Dass die Gemeinschaft im Außenverhältnis zukünftig gerichtlich und außergerichtlich nur durch den Verwalter vertreten werden kann, wird von der großen Mehrheit der Eigentümer befürwortet. Dabei steht den Gemeinschaften künftig prinzipiell aber das Recht zu, die Befugnisse des Verwalters im Innenverhältnis einzuschränken oder zu erweitern. „Dies räumt Verwaltungen und Eigentümergemeinschaften gesetzgeberisch mehr Möglichkeiten ein, die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters zu regeln.” Dabei dürfte unstrittig sein, dass mit der Größe der Anlage der Kreis der Maßnahmen, über die der Verwalter eigenverantwortlich entscheiden kann, wachsen wird.

 

Bedauerlich ist aus Sicht des VDIV Deutschland, dass die Beschlusssammlung entgegen dem ursprünglichen Gesetzentwurf nun doch wieder aufgenommen wurde. „Die Praxis hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass dieses Instrument enormen Aufwand mit sich bringt und wenig Nutzen bereithält. Das Bereithalten einer Niederschrift der Eigentümerver­sammlung unter expliziter Hervorhebung der Beschlüsse als Legitimations- und Beweis­funktion im digitalen Format wäre für Verwalter und Wohnungseigentümer sowie Zweit­erwerber sinnvoller und effizienter gewesen”, findet Martin Kaßler. Der VDIV Deutschland begrüßt aber, dass die Ladungsfrist zur Eigentümerversammlung nicht wie geplant von zwei auf vier, sondern nun auf drei Wochen verlängert wurde. So bleiben die Flexibilität und das Reaktionsvermögen auf außergewöhnliche Ereignisse weitgehend erhalten.

 

Ebenfalls sieht das Gesetz nun die vom VDIV Deutschland geforderte weitere Erleichterung bei Umlaufbeschlüssen vor. So wurde nicht nur anstelle der umständlichen Schriftform die Textform (die auch E-Mails umfasst) eingeführt. Zudem können Wohnungseigentümer künftig beschließen, dass für einen einzelnen Beschlussgegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auch im Umlaufverfahren ausreicht. Bisher waren Beschlüsse im schriftlichen Umlaufverfahren nahezu ausgeschlossen, da immer 100 Prozent einer Gemeinschaft zustimmen mussten. Dieses Verfahren wird nun deutlich öfter zum Einsatz kommen. Denn es erleichtert schnelle Entscheidungen und spart Zeit und Geld der Eigentümer.

 

Dass die Wohnungseigentümergemeinschaft ab sofort gestärkt wird, zeigt auch die Aufwertung der Eigentümerversammlung als Willensbildungsorgan. Danach ist jede Versammlung beschlussfähig. Ferner wird auch die Online-Teilnahme an Eigentümerver­sammlungen sowie die Willensbildung im Wege elektronischer Kommunikation ermöglicht, was den Eigentümern eine größere Flexibilität gewährt, an der Versammlung teilzunehmen. Jedoch wäre es aus Sicht des VDIV Deutschland wünschenswert gewesen, der reinen Online-Eigentümerversammlung einen festen gesetzlichen Rahmen zu geben. Es ist daher empfehlenswert, die digitale Versammlung als Alternativinstrument bei Neubauvorhaben bereits in die Teilungserklärung aufzunehmen.

 

Vom Verbraucherschutzgedanken geprägt ist auch die Erstellung eines jährlichen Vermögensberichts durch den Verwalter. So erhalten Eigentümer künftig notwendige Informationen über die wirtschaftliche Lage der Wohnungseigentümergemeinschaft. Darin müssen die Aufstellung des wesentlichen (sonstigen) Gemeinschaftsvermögens sowie der Stand aller Rücklagen enthalten sein.

Kritisch sieht der VDIV Deutschland die neue Regelung, wonach der Verwalter jederzeit von seinem geschlossenen Vertrag entbunden werden kann. Bisher konnte die Abberufung nur aus wichtigem Grund erfolgen. „Wir sehen hier keine Probleme bei einem lang­jährigen Vertrauensverhältnis zwischen Verwalter und Eigentümergemeinschaft. Bei einer Neubestellung des Verwalters ist dieser jedoch gut beraten, sich dieses Risiko der täglichen Kündigung honorieren zu lassen. Der Aufwand zur Übernahme einer neuen Gemeinschaft ist enorm. Allein die Einbindung in die Prozessstrukturen der Verwaltung sowie die Bereitstellung neuer digitaler Kommunikationstools ist für den Verwalter mit Kosten verbunden. Andererseits können es Gemeinschaften zukünftig schwerer haben, einen professionellen Verwalter zu finden, wenn öffentlich wird, dass Vorverwaltungen aus einer Laune der Eigentümer heraus gekündigt wurden”, so VDIV-Deutschland-Geschäftsführer Martin Kaßler.

 

Insgesamt festigt das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz Rechte und Pflichten der Gemeinschaft, die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergeben. Im Rechtsverkehr wird die Gemeinschaft fortan nur noch durch den Verwalter vertreten, was mehr Rechtssicherheit für Eigentümer aber auch für externe Dienstleister bringen wird.

 

Das Gesetz tritt spätestens am 1. Dezember 2020 in Kraft.

 

Bundeskabinett beschließt Zensus-Verschiebung

Nachdem das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat nach nachdrücklichen Appellen des VDIV Deutschland im Juli angekündigt hatte, den Zensus auf 2022 zu verlegen, hat nun die Bundesregierung der Verschiebung zugestimmt. Laut Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Zensus-Gesetzes soll die geplante Volkszählung nun am 15. Mai 2022 stattfinden.

 

Als Grund nennt der Gesetzentwurf zur Änderung des Zensus-Gesetzes, dass wegen der Corona-Pandemie die Vorbereitungsarbeiten für den Zensus 2021 nicht wie geplant erledigt werden könnten. Der Beschluss des Kabinetts vom 2. September bedarf noch der Zustimmung des Bundestages. Auch der Bundesrat befasst sich noch mit der Verschiebung.

 

 

Volksbegehren „Sechs Jahre Mietenstopp“ vorm Bundesverfassungsgericht

Nachdem der Bayerische Verfassungsgerichtshof am 16. Juli die Klage auf Zulassung des Volksbegehrens „Sechs Jahre Mietenstopp“ abgewiesen hatte, haben die Initiatoren Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht. Der Streit geht nun auf höchstrichterlicher Ebene weiter.

 

Das im Juli erlassene Urteil hatte das Volksbegehren gestoppt. Mit der Beschwerde vor Deutschlands höchstem Gericht wollen die Initiatoren nun erreichen, dass das Urteil aufgehoben wird – das Landesverfassungsgericht müsste dann erneut über die Zulassung des Volksbegehrens entscheiden. Zudem soll so erreicht werden, dass das bayerische Innenministerium das Verfahren auf dem aktuellen Stand einfriert, wodurch die rund 35.000 eingereichten Unterschriften erhalten bleiben und der Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens bis zur Entscheidung als eingereicht gilt.

 

Im Rahmen von „Sechs Jahre Mietenstopp“ sollten die bayerischen Bürger über einen Gesetzentwurf zur Begrenzung der Miethöhe abstimmen können, der bei laufenden Mietverträgen Mieterhöhungen für die kommenden sechs Jahre ausschließt. Bei Neuvermietungen sollte maximal die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt werden dürfen. Laut Volksbegehren soll der Mietenstopp in den 162 bayerischen Kommunen gelten, die laut einer Verordnung der Staatsregierung von Wohnungsmangel betroffen sind.

 

Das bayerische Innenministerium hatte das Volksbegehren nicht zugelassen und die Sache dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung übergeben. Das Innenministerium und nun auch das Gericht argumentierten, der Bund habe im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung bereits abschließende Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch getroffen. Insoweit bleibe kein Raum für die Festsetzung eigener landesgesetzlicher Mietpreisgrenzen. Es dürften weder weitergehende noch andere Regelungen geschaffen werden. Nach Auffassung der Initiatoren des Volksbegehrens hätte das Gesetz nicht das Mietrecht geändert, sondern das Wohnungswesen geregelt. Seit der Föderalismusreform seien dafür allein die Länder zuständig.

 

                              

Deutscher Städtetag warnt vor Flickenteppich bei Grundsteuerreform

Angesichts der laufenden Reform der Grundsteuer rät der Deutsche Städtetag zu einheitlichen Bestimmungen in den Bundesländern. So werde „sichergestellt, dass die Bundesländer nicht in einen unfairen Steuerwettbewerb über die Bewertung von Grund­stücken eintreten″. Ein Flickenteppich führe zudem zu steigenden IT-Kosten der Steuer­verwaltung. Der Deutsche Städtetag präferiert das Bundesmodell. Dieses berücksichtigt bei der Berechnung der Grundsteuer die Faktoren Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und Gebäudealter. Die weiterhin bestehende Wertabhängigkeit hatten verschiedene Bundesländer abgelehnt, woraufhin eine Öffnungsklausel aufgenommen wurde, die ihnen eigene Regelungen erlaubt.

Von dieser wollen zahlreiche Bundesländer Gebrauch machen. In Baden-Württemberg soll sich die Steuer größtenteils nach dem Bodenwert richten, Hessen plant ein Flächenmodell in Kombination mit einem Lagefaktor, ähnliches sieht Niedersachsen vor. Bayern stellt ausschließlich auf die Fläche von Grundstücken und Wohnungen ab, Sachsens eigene Regelung ähnelt dem Bundesmodell. Laut Deutschem Städtetag erschweren stark unterschiedliche Grundsteuergesetze die Entwicklung gemeinsamer IT-Programme für die Steuerverwaltungen der einzelnen Länder.

 

 

LG Berlin zum Mietendeckel: Verbot rückwirkender Mieterhöhungen unwirksam

Die sogenannte Stichtagsregelung des Berliner Mietendeckels verbietet Mieterhöhungen rückwirkend zum 18. Juni 2019. Diese Regelung ist laut Berliner Landgericht unwirksam, da das Mietendeckel-Gesetz erst am 23. Februar 2020 in Kraft getreten ist (Az.: 66 S 95/20). Somit sind Mieterhöhungen bis zu diesem Stichtag rechtens.

 

Laut LG Berlin stelle zwar der im Gesetz genannte Stichtag einen materiell maßgeblichen Bezugspunkt für die Ermittlung der absolut zulässigen Miethöhe dar. Das ändere aber nichts daran, dass das gesetzliche Verbot höherer Mieten zum Stichtag am 18. Juni 2019 noch nicht existiert habe, sondern erst ab dem 23. Februar 2020 gelte. Daher sei eine höhere Miete als die am Stichtag vereinbarte bzw. geltende Miete erst ab dem März 2020 für den monatlich zu zahlenden Mietzins verboten.

 

Die Verfassungsmäßigkeit des Mietendeckels stellen die Richter in ihrem Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, allerdings nicht in Frage. Das letzte Wort hat nun das Bundesverfassungsgericht. Derzeit sind Normenkontrollklagen gegen das Gesetz vor dem Berliner Verfassungsgericht und dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig.

 

Linken-Politikerin Katrin Lompscher, die in ihrer Funktion als Bausenatorin den Mietendeckel umsetzte, ist derweil von ihrem Amt zurückgetreten. Sie hatte es über Jahre versäumt, Vergütungen für Aufsichtsratsposten in landeseigenen Unternehmen an die Landeskasse zurückzuzahlen und zu versteuern. Neben dem Mietendeckel stand sie auch wegen zu geringer Neubautätigkeit in Berlin in der Kritik.

 

 

GEG tritt am 1. November 2020 in Kraft

Am 13. August hat das » Bundesgesetzblatt das Gesetz zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude (Gebäudeenergiegesetz, GEG) verkündet. Nach jahrelangen Diskussionen tritt es nun zum 1. November 2020 in Kraft. Das Gesetz führt Energieeinsparverordnung (EnEV), Energieeinspargesetz (EnEG) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zu einem einheitlichen, aufeinander abgestimmten Regelwerk zusammen.

 

Zusammen mit dem GEG wurden auch die Abstandsregelung für Windanlagen im Baugesetzbuch und die Aufhebung des Photovoltaik-Deckels im EEG beschlossen. Das GEG wurde am 18. Juni vom Bundestag beschlossen und am 3. Juli vom Bundesrat abgesegnet. Ziel des Gebäudeenergiegesetzes ist, den Primärenergiebedarf von Gebäuden gering zu halten. Dazu werden einheitliche energetische Anforderungen an die Anlagetechnik und den baulichen Wärmeschutz von Neubauten und Bestandsgebäuden definiert. Der verbleibende Energiebedarf zur Wärme- und Kälteversorgung soll zunehmend durch erneuerbare Energien gedeckt werden.

Das Gesetz beinhaltet keine höheren energetischen Anforderungen an Neubauten und Bestandsgebäude. Letztere sollen 2023 erneut unter die Lupe genommen werden. Neu ist eine sogenannte Innovationsklausel: Danach muss nicht jedes einzelne Gebäude die Anforderungen erfüllen. Vielmehr wird ein Quartier als Gesamtheit betrachtet.

Darüber hinaus setzt das GEG setzt das im Klimapaket vorgesehene Einbauverbot von Ölheizungen ab dem Jahr 2026 um. Gas- und Ölheizungen, die 1991 oder später eingebaut oder aufgestellt wurden, dürfen höchstens 30 Jahre lang betrieben werden. Ausnahmen gelten, wenn ein Haus weder mit Gas noch mit Fernwärme versorgt werden kann und die Heizung auch nicht aus erneuerbaren Energien betrieben werden kann. Hybridlösungen sollen auch noch nach 2026 möglich sein. Wer seine alte Ölheizung durch ein klimafreundlicheres Modell ersetzen lässt, wird mit einer Austauschprämie unterstützt.

 

 

  1. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

 

Haftungsrisiken bei Einbau und Nutzung von Ladeinfrastruktur

Für E-Mobile können sogenannte „Wallbox-Versicherungen″ Lücken in der Kasko-Versicherung schließen. Generell gelten für Elektrofahrzeuge aber keine anderen Haftungstatbestände als bei Verbrennern, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (» 19/21295) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion zu Haftungsrisiken beim Einbau und der Nutzung von Ladeinfrastruktur. Für Schäden, die „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ auftreten, hafte oftmals der Kraftfahrzeughalter – auch ohne Verschulden. Dies gelte auch für den Ladevorgang und daraus resultierende Schäden, etwa Hausbrände. Wurde eine fehlerhafte Ladestation ausgeliefert, komme aber auch eine Produkthaftung des Herstellers der Ladesäule in Betracht.

 

Um die Mobilitätswende weiter voranzubringen, sieht die Bundesregierung im Bereich der Ladeinfrastruktur noch weiteren Reformbedarf. Sie nennt hier die Ladesäulenverordnung, die Abrechnung der EEG-Umlage, die Anrechnung von erneuerbarem Ladestrom im Rahmen der Eneuerbare-EnergienRichtlinie RED II, eventuelle Anpassungen der Stellplatzverordnungen bzw. -satzungen der Länder, das Baugesetzbuch und das Energiewirtschaftsgesetz für netzdienliches Laden. Die entsprechenden Änderungen seien derzeit in der Prüfung oder als Entwurf im Gesetzgebungsverfahren.

 

40 Prozent weniger CO2 im Gebäudesektor seit 1990

In 30 Jahren soll Deutschland klimaneutral sein. Hierfür muss der Immobiliensektor aus Sicht der Bundesregierung einen essentiellen Beitrag leisten. Der „Klimaschutzbericht 2019“ zeigt, dass die im Gebäudesektor ausgestoßenen Treibhausgasemissionen zwischen 2018 und 2019 witterungsbedingt zwar um 4,4 Prozent angestiegen sind, insgesamt aber haben sie sich seit 1990 um 85 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente und damit um rund 40 Prozent reduziert. Allerdings hat sich die Minderungsdynamik in den vergangenen Jahren abgeschwächt. 

 

Der Gebäudesektor erzielt laut jüngst vom Bundeskabinett beschlossenen Klimaschutzbericht den drittgrößten Minderungsbetrag. Den größten Beitrag leistete mit Abstand die Energiewirtschaft, die eine absolute Minderung um 167 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten verzeichnete, was einer Reduktion um gut 36 Prozent entspricht. Auf Platz zwei folgt die Industrie. Hier gingen die jährlichen energie- und prozessbedingten Emissionen bis zum Jahr 2020 um knapp 109 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente bzw. knapp 39 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zurück.

 

Der starke Rückgang im Immobilienbereich sei insbesondere auf energetische Sanierungsmaßnahmen und den Austausch von alten Heizungsanlagen zurückzuführen. Dementsprechend gehe insbesondere der Heizölverbrauch zurück, während erneuerbare Energien und Fernwärme absolut steigen. Im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung, die hier einen wichtigen Beitrag leiste, sei die für 2020 gesteckte Zielmarke bereits vor vier Jahren erreicht worden.

 

 

Steigende Kosten für Heizöl zu erwarten

Ab Januar 2021 ist mit deutlich steigenden Heizölpreisen zu rechnen. Käufer sollten daher noch vor dem Jahreswechsel aktiv werden, um von Einspareffekten zu profitieren. Zum einen gilt noch bis zum 31. Dezember 2020 der vergünstigte Mehrwertsteuersatz. Zum anderen macht der ab dem kommenden Jahr geltende CO2-Preis, den Bund und Länder beschlossen haben, Heizöl deutlich teurer.

 

Ab dem 1. Januar 2021 gilt im Rahmen des nationalen Emissionshandels ein fester CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne fossile Brennstoffe. Das entspricht 8 Cent pro Liter Heizöl. Der Einstiegspreis wird jährlich schrittweise gesteigert, bis 2025 auf 55 Euro. Ab 2026 wird der Zertifikatepreis dann durch Versteigerungen ermittelt. Für 2026 ist ein Preiskorridor von 55 Euro bis 65 Euro pro Tonne CO2 vorgegeben.

 

 

Nachfrage nach Förderprogrammen für Investitionen in energieeffizientes Bauen und Sanieren anhaltend hoch

Im ersten Halbjahr 2020 wurden in den Bundesprogrammen zum energieeffizienten Bauen und Sanieren Kredite und Zuschüsse in Höhe von insgesamt 14,5 Milliarden Euro zugesagt. Damit konnten Investitionen in mehr als 215.000 Wohneinheiten sowie in gewerbliche und kommunale Gebäude finanziert und CO2-Emissionen in Höhe von über 400.000 Tonnen vermieden werden. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutet das eine Steigerung um rund 165 Prozent, so die gemeinsame Bilanz von Bundeswirtschaftsministerium, Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

 

Mit mehr als 180 Prozent fiel der Anstieg bei den KfW-Fördermitteln im Segment privates Bauen überdurchschnittlich hoch aus. Diese Quote wurde vom Marktanreizprogramm für Wärme aus erneuerbaren Energien sogar noch übertroffen: Das für die Umsetzung zuständige BAFA verzeichnete ein Plus von mehr als 190 Prozent. Im ersten Halbjahr 2020 sind rund 110.000 Förderanträge für Heizungen auf Basis erneuerbaren Energien eingegangen. In etwa der Hälfte der Fälle wurde die neu eingeführte Austauschprämie für Ölheizungen mitbeantragt. Ein wesentlicher Grund für den starken Anstieg der Förderzahlen sind die zu Jahresanfang vorgenommenen deutlichen Programm­verbesserungen. Mit ihnen wurden zentrale Beschlüsse des Klimakabinetts umgesetzt.

 

 

 

  1. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

 

Preise für Wohnimmobilien steigen bis 2030 weiter an

Die Preise für Wohnimmobilien werden laut einer Analyse des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) auch in den nächsten zehn Jahren vielerorts weiter steigen. Demnach können Wohnungsbesitzer in mehr als der Hälfte der 401 deutschen Kreise und Städte damit rechnen, dass ihre Immobilie bis mindestens 2030 real an Wert gewinnt. Während für den Süden Preissteigerungen erwartet werden, prognostiziert das HWWI für den Osten Verluste.

 

Am stärksten werden laut HWWI-Analyse die Preise in bayerischen Landkreisen rund um München steigen, darunter Ebersberg, Landsberg am Lech, Erding, Dachau und Starnberg. Auch für München selbst wird noch ein jährlicher Anstieg um 1,7 Prozent pro Jahr erwartet. In vielen ländlichen Regionen im Osten dagegen prognostiziert das HWWI Preisstillstand oder -rückgänge.

 

„Außerhalb Bayerns weist der Landkreis Cloppenburg kräftige jährliche Steigerungsraten von plus zwei Prozent auf", heißt es in der Analyse. Zudem seien jährliche Preissteigerun­gen von mehr als einem Prozent in den Großstädten Heilbronn, Potsdam, Leipzig, Freiburg im Breisgau, Münster, Dresden, Ingolstadt und Mainz zu erwarten. Da die größeren Metropolen und Ballungsräume auch weiterhin wachsen würden, werde die Nachfrage nach Wohnraum hoch bleiben. Für Düsseldorf prognostizieren die Analysten ein durchschnitt­liches jährliches Preiswachstum von 1,2 Prozent, für Köln von 1,1 Prozent. Für Berlin und Hamburg werden jeweils rund ein Prozent erwartet, für Frankfurt nur noch 0,8 Prozent.

 

Das HWWI legte für die Analyse die demografische Entwicklung und wichtige Wirtschaftsdaten zugrunde. Zwar wurden die Daten für die Berechnungen vor der Corona-Pandemie erhoben. Laut Postbank, die die Studie in Auftrag gegeben hat, dürfte die Prognose aber weitgehend stabil sein.

 

 

Wohneigentum kann vor Altersarmut schützen

Altersarmut ist vor allem Mieterarmut. So lautet das Ergebnis einer Studie des Pestel-Instituts Hannover im Auftrag des „Verbändebündnis Wohneigentum“. Zum einen ist die Wohnkostenbelastung in den vergangenen 20 Jahren bei Mieterhaushalten besonders stark angestiegen und ist mehr als doppelt so hoch wie in Eigentümerhaushalten. Zum anderen ist die Sparquote unmittelbar nach der Wohneigentumsbildung deutlich höher als in Mieterhaushalten.

 

Allerdings sinkt die Wohneigentumsquote seit Jahren. So besaßen 2018 lediglich 44 Prozent der Deutschen Wohneigentum – 2010 waren es noch 1,3 Prozentpunkte mehr. Insbesondere bei den 25- bis 40-jährigen ist laut der Studie die Zahl der Wohnungsbesitzer seit dem Jahr 2002 stark rückläufig. Dabei gäbe es in dieser Altersgruppe rund 4,1 Millionen Mieterhaushalte, die potenziell Wohneigentum bilden könnten. Auch bei den geburtenstarken Jahrgängen der jetzt 40- bis 60-Jährigen bestünden bei 3,1 Millionen Haushalten realistische Chancen zur Eigentumsbildung.

 

Da Wohneigentum von der Bevölkerung gewünscht wird und Altersarmut vor allem ein Mieterproblem ist, erscheint die Erhöhung der Wohneigentumsquote gerade bei Haushalten mit mittleren bis niedrigen Einkommen ein sinnvolles Ziel, das auch den Einsatz von Fördermitteln rechtfertigt, heißt es in der Studie. Mit Blick auf das „Eigenkapitalproblem“ wäre die Umsetzung des im Koalitionsvertrag verankerten Bürgschaftsprogramms ein wichtiger Schritt zu mehr Wohneigentum.