Sehr geehrte Verwaltungsbeiräte,
liebe Leserinnen und Leser,
 
seit 1. Dezember ist das novellierte Wohnungseigentumsgesetz in Kraft und schafft somit endlich eine neue zukunftsfähige und wohl rechtssichere Basis für Wohnungseigentümer und Verwalter. Das jahrelange Engagement des VDIV Deutschland, der sich mit Nachdruck für eine umfassende Novellierung des nicht mehr zeitgemäßen Regelwerks einsetzte, hatte Erfolg. Besonders profitieren werden Eigentümergemeinschaften von der Einführung des Sachkundenachweises. Künftig erhält jeder Eigentümer das Recht – nach einer Übergangszeit von mehr als drei Jahren – vom Verwalter einen Sachkundenachweis einfordern zu dürfen, der ausschließlich bei der Industrie- und Handelskammer absolviert werden kann. Die entscheidenden Neuerungen stellen wir Ihnen hier im Überblick vor.
 
Auswirkungen auf Wohnungseigentümer und ihre Mieter hat aber auch die aktuelle Recht­sprechung. Wegweisende Urteile zum coronabedingten Verbot der Eigentümerversammlung, zum Beseitigungs- bzw. Schadensersatzanspruch des Vermieters oder zur Hausgeldnach­haftung finden Sie auf den folgenden Seiten.
 
Liebe Leserin, lieber Leser, diese und weitere Nachrichten finden Sie in der neuen Ausgabe unseres Beiratsnewsletters. Wir haben Informationen rund um die Bereiche Wohnen, Kaufen, Mieten und Verwalten sowie aktuelle Gerichtsurteile zum Wohnungseigentums- und Mietrecht für Sie zusammengestellt.
 
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem regelmäßigen Service im zurückliegenden Jahr wertvolle Impulse für Ihre Tätigkeit als Verwaltungsbeirat liefern konnten und wünschen Ihnen und Ihrer Familie besinnliche Weihnachtsfeiertage sowie ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr!
 
Ihre Immobilienverwaltung
die Hausverwaltung Claudia Thelen

 

Vorbemerkungen:

Der Beiratsnewsletter des VDIV Deutschland ist ein Angebot für Immobilienverwaltungen, um ihre Beiräte und Eigentümer noch umfassender über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV Deutschland) und die Hausverwaltung Claudia Thelen übernimmt keine Haftung für die abgedruckten Inhalte.
 

VDIV-Beiratsnewsletter

Ausgabe 4/2020

 

 Inhalt

 1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht, Datenschutz

 2. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

 3. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

 4. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

 5. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht, Datenschutz

 

 

Coronabedingtes Verbot der Durchführung einer rechtmäßig einberufenen Versammlung

In Thüringen berief ein Verwalter mit Einladungsschreiben vom 11.3.2020 eine Eigentümerversammlung für den 4.4.2020 in Erfurt ein. Kurz nach Einladungsversand untersagte die Stadt Erfurt wegen gestiegener Infektionszahlen Eigentümerversammlungen per behördlicher Allgemeinverfügung. Der Verwalter sagte die Versammlung wieder ab. In der Zwischenzeit hatte ein Wohnungseigentümer den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen ihn beantragt. Der Eigentümer scheiterte in zwei Instanzen.
 
Mit Beschluss vom 4.8.2020 zum gerichtlichen Aktenzeichen 4 T 119/20 bestätigte das Landgericht Meiningen die Entscheidung des Amtsgerichts Suhl, das den Erlass einer einstweiligen Verfügung (Durchführungsverbot bezüglich der einberufenen Versammlung) für ungerechtfertigt hielt, weil der Verwalter rechtzeitig und entsprechend der zwischenzeitlich veränderten öffentlich-rechtlichen Gesetzeslage wieder abgeladen hatte.

 

Der Fall

  1. März Verwalter V erstellt Einladungsschreiben/Tagesordnung.
  2. März V gibt Einladungen in die Post;

Wohnungseigentümer W fordert V wegen persönlicher gesundheitlicher Bedenken per E-Mail auf, keine Versammlung abzuhalten;

                        Erlass der städtischen Allgemeinverfügung mit Versammlungsverbot

  1. März Inkrafttreten der Allgemeinverfügung.
  2. März W (Antragsteller) beantragt beim Amtsgericht einstweilige Verfügung.
  3. März V sagt Eigentümerversammlung wieder ab.
  4. März Zustellung der Antragsschrift bei V;

                        W erklärt seinen Antrag in der Hauptsache für erledigt, da V

(Antragsgegner) in der Zwischenzeit die Versammlung abgeladen hatte. V schließt sich der Hauptsacheerledigung an. W und V beantragen, dem jeweils anderen die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

  1. Mai Das Amtsgericht Suhl legt W die Kosten auf. W geht in Beschwerde.
  2. August Das Landgericht Meiningen bestätigt das Amtsgericht.

 

Die Entscheidung

Der Verwalter habe sich in jeder Hinsicht pflichtgemäß verhalten. Im Zeitpunkt der Erstellung des Einladungsschreibens uns seines Versandes existierten keine rechtlichen Hindernisse, eine Wohnungseigentümerversammlung durchzuführen. Noch in der vorläufigen Thüringer Grundverordnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 24.3.2020 sei die Teilnahme an Sitzungen weiterhin für möglich erklärt worden. Die Allgemeinverfügung der Stadt Erfurt sei am „Sonntag, 14.3.2020“ in Kraft getreten. Nachdem festgestanden habe, dass Versammlungen behördlich untersagt worden seien, habe der Verwalter mit seiner Abladung vom 19.03.2020 korrekt und rechtzeitig reagiert. Ein schuldhaftes Zögern sei nicht erkennbar.

 

 

Beseitigungs- bzw. Schadensersatzanspruch des Vermieters nach Mietende bei Substanzeingriff (Dübellöcher)

Nach Mietende ist der Mieter immer zum fachgerechten Verschließen aller Bohrlöcher bzw. bei unterlassener Beseitigung zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet, entschied das Landgericht Wuppertal entgegen der Ansicht anderer Mietgerichte mit seinem Urteil vom 16.07.2020. Auch wenn der Mieter vertraglich nicht zur Ausführung von Schönheitsrepara­turen verpflichtet sein sollte, entbindet ihn das nicht von der Beseitigung von Substanz­verletzungen der Mietsache, wie Dübellöcher, Spezialfarben und Ein- bzw. Umbauten.

 

Der Fall

Nach dem Ende eines zwölf Jahre andauernden Mietverhältnisses streiten die ehemaligen Mietvertragsparteien um den teilweisen Einbehalt der gezahlten Kaution. In einem gesondert unterschriebenen Anhang zum Mietvertrag hieß es unter anderem: „Die Wohnung wird vollständig renoviert, Decken und Wände mit Raufaser versehen, übergeben. Bei Auszug ist die Wohnung mit weiß gestrichenen Wänden zurückzugeben.“ Bei der Rückgabe der Wohnung Ende September 2017 waren zahlreiche Wände der Wohnung in kräftigen (Latex-) Farben dekoriert. Mit Schreiben vom 02.10.2017 rügte der Vermieter insbesondere die Verwendung von Latexfarben sowie die fehlende Beseitigung von Dübellöchern u. Ä. und setzte für die Beseitigung eine Nachfrist von einer Woche. Nachdem die ehemaligen Mieter dieser Aufforderung nicht nachgekommen waren, beauftragte der Vermieter einen Maler mit der Ausführung der Arbeiten, der ca. 1.700,00 Euro in Rechnung stellte. Die Mieter verweigerten die Zahlung und verklagten ihrerseits den Vermieter auf Rückzahlung der gesamten Kaution. Das Amtsgericht hatte die Klage nach Erhebung von Beweisen abgewiesen. Die erklärte Aufrechnung seitens des Vermieters habe die Ansprüche der Kläger zum Untergang gebracht. Nach Ansicht des Gerichts könne der Vermieter die Erstattung der Malerrechnung verlangen, weil die ehemaligen Mieter mit ihrer Farbwahl das Gebot der Rücksichtnahme verletzt hätten. Der Ersatzanspruch hänge nicht von dem Anhang zum Mietvertrag und dessen Wirksamkeit ab. Vielmehr bestehe der Schaden des Vermieters darin, dass er die für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Dekoration hätte beseitigen müssen.

 

Die Entscheidung

Nach erfolgter Beweiserhebung hat das Berufungsgericht den geltend gemachten Anspruch der Mieter auf Rückzahlung der Kaution ebenfalls teilweise abgewiesen und folgt damit in Teilen der Entscheidung der Vorinstanz. Durch die Aufrechnung des Vermieters mit einem Schadensersatzanspruch sei der geltend gemachte Anspruch in Teilen erloschen. Nach Ansicht des Landgerichts haben sie sich dem Beklagten gegenüber gemäß §§ 280 I 1, 281 I 1 BGB schadensersatzpflichtig gemacht, indem die Kläger die Tapete in der Küche mit Heißkleberpunkten versehen und trotz Aufforderung die von ihnen verursachten Dübellöcher sowie die von ihnen angebrachten kräftigen Latexfarben an verschiedenen Wänden der Wohnung nicht beseitigt hatten. Zwar gehöre es zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Wohnung, Befestigungen mittels Dübeln vorzunehmen, jedoch sind diese nach Auffassung des Gerichts bei Beendigung des Mietverhältnisses zu entfernen und die Löcher fachgerecht zu verschließen. Denn es handele sich um Substanzeingriffe. Damit teilt das Landgericht Wuppertal nicht die vielfach vertretene Ansicht, eine Pflicht, Dübellöcher oder andere Bohrlöcher zu beseitigen, bestehe nur, wenn diese auf einem atypischen Nutzerverhalten beruhen würden. Abgesehen davon seien im vorliegenden Fall rund 126 Dübellöcher registriert worden. Auch durften die Mieter die Wohnung während der Mietzeit so dekorieren, wie es ihrem Geschmack entsprach. Bei Beendigung des Mietverhältnisses seien sie allerdings verpflichtet, die Wohnung wieder so herzurichten, dass normale Schönheitsreparaturen ausgereicht hätten.
Das Landgericht urteilte weiter, dass die Mieter hingegen nicht verpflichtet waren, die normalen Schönheitsreparaturen durchzuführen. Denn die entsprechende Klausel in dem formularmäßigen Mietvertrag war unwirksam. Wird der Wohnraummieter formularvertraglich verpflichtet, die Wohnung "weiß gestrichen" zurückzugeben, liegt darin eine unangemessene Einengung des Mieters hinsichtlich der Farbwahl. Dies führe zur Unwirksamkeit der formularmäßigen Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt, so auch die Auffassung des Landgerichts.
Der Höhe nach kann der Vermieter deshalb nur diejenigen Mehrkosten verlangen, welche die Renovierung der Wohnung im Vergleich zu normal durchzuführenden Schönheitsreparaturen erforderte (vergleiche BGH, VIII ZR 416/12, juris). Dies seien diejenigen Kosten, die für die Beseitigung der Dübellöcher, die Behebung des Tapetenschadens in der Küche und die erforderlichen Vorarbeiten betreffend der an den Wänden angebrachten kräftigen Latexfarben nötig waren.
 
LG Wuppertal, Urteil vom 16.07.2020 – 9 S 18/20
Vorinstanz: AG Mettmann, Urteil vom 19.12.2019 – 25 C 55/18

 

Böse Überraschung: Hausgeldnachhaftung kann den ausgeschiedenen Gesellschafter einer Eigentümer-GbR noch viele Jahre später treffen!

Eine GbR ist rechtsfähig. Ist sie als Wohnungseigentümerin eingetragen, haften sie und ihre Gesellschafter der WEG auf Hausgeld. Die Haftung kann auch den bereits seit vielen Jahren ausgeschiedenen Gesellschafter einholen, wenn er sich nicht abgesichert hat. Wohnungseigentumsverwalter sollten die Grundzüge des Haftungssystems kennen.
 
Mit Urteil vom 3. Juli 2020 zum Aktenzeichen V ZR 250/19 bestätigte der BGH die Verurteilung eines 2002 ausgeschiedenen GbR-Mitgesellschafters für Hausgeld­schulden der GbR für die Jahre 2013 und 2014 in Höhe von über 10.000 Euro, obwohl die Beschlüsse über Wirtschaftsplan und Jahresabrechnungen erst 2013, 2014 und 2015 gefasst wurden und ein über das Vermögen des Beklagten eröffnetes Insolvenzverfahren 2009 endete.
 

Der Fall

Klägerin ist eine WEG, die Hausgeld einklagt. Schuldnerin ist eine im Teileigentumsgrund­buch eingetragene GbR, der das Teileigentum Nr. 7 (Büro) gehört, das tatsächlich nie errichtet wurde, sondern einer PKW-Stellplatzanlage wich. Eingetragen ist die Teileigentümer-GbR seit 1994. Bis zum Jahr 2010 wurde die GbR niemals zu Hausgeldzahlungen herangezogen. Die GbR bestand aus drei Gesellschaftern, einer davon ist der beklagte Ex-Gesellschafter. Nach dem Gesellschaftervertrag der GbR scheidet ein Gesellschafter aus der GbR aus, wenn über sein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wird. 2002 wurde das Insolvenz­verfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet, es endete im Jahr 2009. Im Jahr 2017 wurde in das Teileigentumsgrundbuch eingetragen, dass der Gesellschaftsanteil des ausgeschiedenen Beklagten den beiden Mitgesellschaftern der GbR angewachsen ist.
2013 beschloss die Versammlung den Wirtschaftsplan 2014, der für die „Einheit Nr. 7“ ein monatliches Hausgeld von 495,00 Euro vorsieht. In den Jahren 2014 und 2015 wurde die Genehmigung der Jahresabrechnungen für die Jahre 2013 und 2014 beschlossen. In der Gesamtsumme ergibt sich für die Einheit Nr. 7 ein Hausgeldrückstand von 10.882,42 Euro. Da die GbR nicht zahlte, verklagte die WEG den beklagten Ex-Gesellschafter.
 

Die Entscheidung

Die Zahlungsklage hatte in allen drei Instanzen Erfolg. Der Beklagte drang mit seinen Einwendungen nicht durch. Diese lauteten: Er sei bereits 2002 aus der GbR ausgeschieden. Als ausgeschiedener Gesellschafter hafte er für Alt-Verbindlichkeiten der GbR nur, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und binnen dieser Frist ihm gegenüber geltend gemacht worden seien. Der Insolvenzverwalter habe dem WEG-Verwalter bereits 2002 mitgeteilt, dass der Beklagte aufgrund einer Regelung im Gesellschaftervertrag aus der GbR ausgeschieden sei.
Der BGH folgt den Argumenten des Beklagten nicht. Im Gegensatz zur Hausgeldzahlungs­verpflichtung im Verhältnis von WEG und Wohnungs- bzw. Teileigentümern komme es für die gesellschaftsrechtliche Nachhaftung eines ausgeschiedenen GbR-Gesellschafters gemäß § 736 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 160 Absatz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) nicht darauf an, wann die Hausgeldschuld durch Beschlussfassung über Wirtschaftsplan, Jahresabrech­nung oder Sonderumlage entstand und fällig wurde. Stattdessen sei maßgeblich, wann die abstrakte Rechtsgrundlage der Hausgeldzahlungsverpflichtung entstand. Diese abstrakte Rechtsgrundlage sei bereits mit dem Erwerb des Teileigentums Nr. 7 im Jahre 1994 gelegt worden. Seitdem haftet die GbR für Hausgeldschulden. Nicht maßgeblich sei, dass eine plangerechte Herstellung der Büroeinheit niemals erfolgt ist (Rn 9 der Urteilsgründe).
Eine Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters der Eigentümer-GbR für Alt-Verbind­­lichkeiten ende fünf Jahre nach dem Ausscheiden. Allerdings sei für den Beginn der Fünfjahresfrist des § 160 Absatz 1 Satz 2 HGB nicht an eine Eintragung des Ausscheidens im Handelsregister anzuknüpfen, weil bei einer GbR eine solche Registerpublizität nicht existiere. Vielmehr sei für den Fristbeginn die positive Kenntnis des Gläubigers vom Ausscheiden aus der GbR maßgeblich, was der Beklagte zu beweisen habe (Rn 27 und 28). Ein solcher Beweis sei ihm nicht gelungen. Die Vernehmung des Insolvenzverwalters als Zeugen durch das Amtsgericht habe ergeben, dass der Insolvenzverwalter dem WEG-Verwalter im Dezember 2002 Mitteilung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemacht habe. Eine Information über das Ausscheiden des Insolvenzschuldners aus der Eigentümer-GbR sei nicht bestätigt worden.
 

 

Vereinbarung über Anerkenntnis des Saldos der Betriebskostenabrechnung zwischen Vermieter und Mieter zulässig

Die Regelungen in § 556 Abs. 3, 4 BGB hindern die Mietvertragsparteien nicht, nach Zugang einer Betriebskostenabrechnung an den Mieter eine Vereinbarung darüber zu treffen, dass der Mieter den ausgewiesenen Saldo als verbindlich anerkennt. Weder formelle Mängel der Abrechnung noch die mit einer solchen Vereinbarung etwa verbundene Verkürzung der dem Mieter zustehenden Einwendungsfrist gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB stehen der Wirksamkeit einer derartigen Vereinbarung entgegen.

Der Fall

Der Mieter einer Einzimmerwohnung in Köln hatte sich in einem gerichtlichen Vergleich zur Räumung und Herausgabe der Wohnung bis Ende April 2017 verpflichtet. Kurz vor dem vereinbarten Räumungstermin bat der Mieter mit einem an den Vermieter gerichteten Schreiben um Fortsetzung des Mietverhältnisses. Daraufhin bot der Vermieter an, mit der Beauftragung des Gerichtsvollziehers zur Zwangsräumung bis längstens zum 1. Juli 2017 zu warten, sofern der Mieter für die Monate Mai und Juni jeweils bis zum 3. Werktag 190 Euro Nutzungsentschädigung zahlt und ferner noch die ausstehende Strom- und Wasser­rechnung von insgesamt 1.588 Euro bis zum 31. Mai 2017 begleicht. Der Mieter akzeptierte das Angebot und zog Anfang Juni 2017 aus. Die offenen Strom- und Wasserkosten zahlte er nicht. Im hier vorliegenden Rechtsstreit verlangte der Mieter die Rückzahlung der Kaution. Der Vermieter rechnete mit der offenen Nachzahlung auf und machte im Wege der Widerklage die Zahlung des restlichen Betrags aus der Stromrechnung sowie weitere Kosten geltend. Der Mieter brachte vor, die Betriebskostenabrechnungen, aus denen sich die offenen Strom- und Wasserkosten ergeben, seien formell unwirksam und beruhten auf unzutreffenden Messergebnissen wegen fehlender Eichung der Zähler. Zudem hätte er keine Einsicht in die Abrechnungsbeläge erhalten. Die Vorinstanzen haben die Klage im Grundsatz abgewiesen und den Mieter bezüglich der Widerklage zur Zahlung verurteilt.

 

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof gibt im vorliegenden Fall ebenfalls dem Vermieter Recht. Der Vermieter kann aus der mit dem Mieter geschlossenen Vereinbarung die Zahlung von Strom- und Wasserkosten in Höhe von 1.588 Euro verlangen. Denn auf die Einwendungen des Mieters gegen die Betriebskostenabrechnungen kommt es nicht an. Insbesondere ist unbeachtlich, ob die Abrechnungen den an eine Betriebskostenabrechnung zu stellenden formellen Wirksamkeitsanforderungen entsprochen haben. Durch die Vereinbarung, die die ehemaligen Mietvertragsparteien geschlossen haben, ist ein wirksamer Vergleich zustande gekommen. Nach der Auffassung des BGH setzt eine wirksame Einigung über die geschuldeten Betriebskosten nicht voraus, dass die Betriebskostenabrechnungen den formellen Anforderungen nach § 556 Abs. 3 BGB genügen. Dies ergebe sich auch nicht aus § 556 Abs. 4 BGB, wonach Abweichungen zum Nachteil des Mieters nicht zulässig sind. Eine Einigung der Mietvertragsparteien über den Saldo einer konkreten bereits erteilten Betriebskostenabrechnung werde von dieser Norm nicht erfasst.
 
Die Regelungen in § 556 Abs. 3, 4 BGB hindern die Mietvertragsparteien darüber hinaus nicht daran, nach Zugang einer Betriebskostenabrechnung an den Mieter eine Vereinbarung darüber zu treffen, dass der Mieter den ausgewiesenen Saldo als verbindlich anerkennt. Weder formelle Mängel der Abrechnung noch die mit einer solchen Vereinbarung verbundene Verkürzung der dem Mieter zustehenden Einwendungsfrist gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB stehen der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung entgegen. Wenn Vermieter und Mieter sich darüber verständigen, sich einvernehmlich Klarheit darüber zu verschaffen, welche wechselseitigen Pflichten sich aus einem abgeschlossenen Abrechnungszeitraum ergeben, bleibt der Schutz des Mieters erhalten.
 
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2020 – VIII ZR 230/19
Vorinstanzen:
LG Köln, Urteil vom 4. Juli 2019 – 6 S 237/18
AG Köln, Urteil vom 15. November 2018 – 221 C 256/18
 

 

Ehegatten bleiben auch nach Trennung im mietrechtlichen Sinne Familienmitglieder

Ehegatten gehören auch dann derselben Familie im mietrechtlichen Sinne des § 577a Absatz 1a Satz 2 BGB an, wenn sie getrennt leben oder rechtswirksam geschieden sind. Die drei­jährige Kündigungssperre des § 577a Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 BGB findet für die Geltend­machung von Eigenbedarf daher keine Anwendung. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 2. September 2020 entschieden.
 

Der Fall

Die Vermieter eines Einfamilienhauses verlangen vom Mieter nach einer Eigenbedarfskündi­gung die Räumung und Herausgabe der Mietsache. Das Mietverhältnis besteht bereits seit dem Jahr 2001 und wurde mit dem Voreigentümer geschlossen. Dieser hat die Immobilie im Jahr 2015 an seinen Sohn und dessen Frau veräußert. Beide wurden gemeinsam als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Die Eheleute lebten allerdings bereits seit dem Jahr 2013 getrennt. Die Ehe, aus der zwei gemeinsame Kinder (geboren 2009 und 2011) hervorgingen, wurde im Jahr 2016 geschieden. Im Mai 2017 kündigten die Erwerber und Vermieter des Hauses das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Zur Begrün­dung wurde ausgeführt, dass die Erwerberin und inzwischen Exfrau das vermietete Haus benötigt, um mit ihren beiden minderjährigen Kindern und ihrem neuen Lebensgefährten darin zu leben. Durch einen Umzug würde sich der Schulweg der beiden Kinder deutlich verkürzen, da die Kinder dann zu Fuß den Schulweg zurücklegen können. Nach Ansicht des Berufungsgerichts bestehe aus vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen ein Eigen­bedarfsinteresse, so dass die ausgesprochene Eigenbedarfskündigung wirksam sei. Die Räumungsklage hat damit in beiden Vorinstanzen Erfolg. Dagegen wendet sich der Mieter mit seiner Familie mit der Begründung, dass im vorliegenden Fall die dreijährige Sperrfrist des § 577a Absatz 1a Satz 1 Nummer 1, Absatz 1 BGB der Kündigung entgegenstehe.

 

Die Entscheidung

Der BGH bestätigt die Entscheidungen der Vorinstanzen, so dass das Klageabweisungs­be­gehren der beklagten Mieter auch in der Revision keinen Erfolg hat. Den Eigentümern und Vermietern steht gegen den Mieter ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe des mit Wohn­haus und Garage bebauten Grundstückes gemäß § 546 Absatz 1, 2 und § 985 BGB zu, weil die formell und materiell wirksame Kündigung das Mietverhältnis beendet hat. Der BGH schließt sich der Begründung der Berufungsinstanz an und führt aus, dass die dreijährige Kündigungs­sperre des § 577a Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 BGB schon deshalb keine Anwendung findet, weil Ehegatten auch nach der Scheidung noch „derselben Familie” im Sinne des § 577 Absatz 1a Satz 2 BGB angehören. Laut Bundesgerichtshof kommt es für die Anwendbarkeit des § 577 Absatz 1a Satz 2 BGB auch nicht auf eine Unterscheidung zwischen bloßer Trennung und rechtswirksamer Scheidung der Ehegatten an. Bei der Vorschrift des § 577a Absatz 1a Satz 2 BGB handelte es sich um eine Privilegierung von Familien- und Haushaltsangehörigen, die der Regelung des § 573 Absatz 2 Nr. 2 BGB nachgebildet ist.
 
Als Anknüpfungspunkt für die Frage, wie weit der Kreis der Familienangehörigen in § 573 Absatz 2 Nr. 2 BGB zu ziehen ist, hat der BGH bereits in seinem älteren Urteil vom 27. Januar 2010 (Az. VIII ZR 159/09) die Wertungen der Regelungen über das Zeugnisverweigerungs­recht aus persönlichen Gründen herangezogen. Danach sind die Personen, denen in Gerichtsverfahren ein Zeugnisverweigerungsrecht gewährt wird, Familienangehörige gemäß § 573 Absatz 2 Nummer 2 BGB. Auf das Vorliegen eines tatsächlichen Nähe­verhältnisses kommt es dabei nicht an. Hierunter fallen Ehegatten also auch dann, wenn sie getrennt leben oder die Scheidung sogar schon vollzogen wurde. Nichts anderes gilt für den Begriff des Familienangehörigen nach § 577a Absatz 1a Satz 2 BGB.
 
Ferner reicht es aus, dass der nachvollziehbar begründete Eigenbedarf nur bei einem Miteigentümer der vermietenden Bruchteilsgemeinschaft gegeben ist. Denn laut dem Gesetzeswortlaut stellt es keine Voraussetzung dar, dass die Erwerber, die zu derselben Famlie gehören, den zur Eigennutzung erworbenen vermieteten Wohnraum auch gemeinsam nutzen möchten. Auf einen gemeinschaftlichen Nutzungswunsch kommt es somit für die Wirksamkeit der Eigenbedarfskündigung nicht an.
 
BGH, Urteil vom 2. September 2020 – VIII ZR 35/19
Vorinstanzen:
LG Arnsberg, Urteil vom 16. Januar 2019 – I-3 S 74/18
AG Soest, Urteil vom 28. Mai 2018 – 15 C 14/18
 

2. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

Neues WEG in Kraft

Am 1. Dezember 2020 ist das neue Wohnungseigentumsgesetz in Kraft getreten. Zahlreiche Bereiche wurden grundlegend neugestaltet und stellen die Immobilienverwaltung endlich auf eine zukunftsfähige und wohl rechtssichere Basis. Das jahrelange Engagement des VDIV Deutschland, der sich mit Nachdruck für eine umfassende Novellierung des nicht mehr zeitgemäßen Regelwerks einsetzte, hatte Erfolg. Angefangen mit einem ersten Gut­achten zur Harmonisierung von WEG- und Mietrecht im Jahr 2012 bis heute gab es keinen Verband, der sich so konsequent und beharrlich für eine Reform einsetzte wie der VDIV Deutschland. Immobilienverwaltungen können künftig effizienter agieren, Wohnungs­eigen­tümer können leichter wichtige energetische Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen beschließen, die Rolle der rechtsfähigen Gemeinschaft wandelt sich grundlegend.
 

Entscheidende Neuerungen im Überblick

§  Durch die Reduzierung der erforderlichen Mehrheiten für Beschlüsse zu baulichen Maßnahmen werden Sanierungen leichter möglich. Um Eigentümer vor finanzieller Überforderung zu schützen, sollen bei Sanierungsmaßnahmen nur dann alle Wohnungs­eigentümer die Kosten tragen, wenn die bauliche Veränderung mit zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen wurde und auch nur dann, wenn die Maßnahme nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.
 
§  Künftig hat jeder Eigentümer einen Anspruch auf den Einbau einer E-Ladestation, barrierefreie Ein- und Umbauten und Maßnahmen zum Einbruchschutz sowie eines Glasfaseranschlusses und kann dies auf eigene Kosten veranlassen. Davon profitieren nicht unerheblich auch Mieter.
 
§  Prinzipiell können Eigentümer ab dem 1. Juni 2024 den Nachweis einer Zertifizierung bzw. Sachkunde vom Verwalter verlangen, sofern dieser keine adäquate Ausbildung oder eine höhere Qualifikation vorweisen kann. Für die Prüfungen ist dann die örtliche Industrie- und Handelskammer (IHK) zuständig. Diese neue Norm ist eine Zäsur und logische Konsequenz der erweiterten Befugnisse des Verwalters.
 
§  Dass die Gemeinschaft im Außenverhältnis zukünftig gerichtlich und außergerichtlich nur durch den Verwalter vertreten werden kann, wird von der großen Mehrheit der Eigentümer befürwortet. Dabei steht den Gemeinschaften künftig prinzipiell aber das Recht zu, die Befugnisse des Verwalters im Innenverhältnis einzuschränken oder zu erweitern. Dies räumt Verwaltungen und Eigentümergemeinschaften gesetzgeberisch mehr Möglichkeiten ein, die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters zu regeln. Dabei dürfte unstrittig sein, dass mit der Größe der Anlage der Kreis der Maßnahmen, über die der Verwalter eigenverantwortlich entscheiden kann, wachsen wird.
 
§  Umlaufbeschlüsse sind künftig praktikabler zu fassen. So wurde nicht nur anstelle der umständlichen Schriftform die Textform (die auch E-Mails umfasst) eingeführt. Zudem können Wohnungseigentümer künftig beschließen, dass für einen einzelnen Beschluss­gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auch im Umlaufverfahren ausreicht. Bisher waren Beschlüsse im schriftlichen Umlaufverfahren nahezu ausgeschlossen, da immer 100 Prozent einer Gemeinschaft zustimmen mussten. Dieses Verfahren wird nun deutlich öfter zum Einsatz kommen. Denn es erleichtert schnelle Entscheidungen und spart Zeit und Geld der Eigentümer.
 
§  Dass die Wohnungseigentümergemeinschaft ab sofort gestärkt wird, zeigt auch die Aufwertung der Eigentümerversammlung als Willensbildungsorgan. Danach ist jede Versammlung beschlussfähig. Ferner wird auch die Online-Teilnahme an Eigentümer­versammlungen sowie die Willensbildung im Wege elektronischer Kommunikation ermöglicht, was den Eigentümern eine größere Flexibilität gewährt, an der Versammlung teilzunehmen. Die Ladungsfrist zur Eigentümerversammlung wurde auf drei Wochen verlängert. So bleiben die Flexibilität und das Reaktionsvermögen auf außergewöhnliche Ereignisse weitgehend erhalten.
 
§  Vom Verbraucherschutzgedanken geprägt ist auch die Erstellung eines jährlichen Vermögensberichts durch den Verwalter. So erhalten Eigentümer künftig notwendige Informationen über die wirtschaftliche Lage der Wohnungseigentümergemeinschaft. Darin muss die Aufstellung des wesentlichen (sonstigen) Gemeinschaftsvermögens sowie der Stand aller Rücklagen enthalten sein.
 
§  Der Verwalter kann künftig jederzeit von seinem geschlossenen Vertrag entbunden werden, statt wie bislang nur aus wichtigem Grund. Bei einem langjährigen Vertrauens­verhältnis zwischen Verwalter und Eigentümergemeinschaft dürfte dies unproblematisch sein. Allerdings können es Gemeinschaften zukünftig schwerer haben, einen professionellen Verwalter zu finden, wenn öffentlich wird, dass Vorverwaltungen aus einer Laune der Eigentümer heraus gekündigt wurden. Da der Aufwand zur Übernahme einer neuen Gemeinschaft enorm ist, dürfte sich das Risiko der täglichen Kündigung künftig in den Konditionen widerspiegeln. Denn allein die Einbindung in die Prozessstrukturen der Verwaltung sowie die Bereitstellung neuer digitaler Kommunikationstools ist für den Verwalter mit Kosten verbunden.
 
§  Insgesamt festigt das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz Rechte und Pflichten der Gemeinschaft, die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergeben. Im Rechtsverkehr wird die Gemeinschaft fortan nur noch durch den Verwalter vertreten, was mehr Rechtssicherheit für Eigentümer aber auch für externe Dienstleister bringen wird.
 

Zensus 2022: Gesetz ist in Kraft getreten

Jetzt steht es endgültig fest: Der für 2021 geplante Zensus ist wegen der Corona-Pandemie auf 2022 verschoben. Am 9. Dezember wurde das „Gesetz zur Verschiebung des Zensus in das Jahr 2022 und zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist am 10.12.2020 in Kraft getreten. Der neue Stichtag für die Volkszählung ist der 15. Mai 2022. Ursprünglich hätte der nächste Zensus bereits am 16. Mai 2021 stattfinden sollen. Der VDIV Deutschland hatte auf die Verschiebung gedrängt, da Bund, Länder und Kommunen, Immobilienverwaltungen und Eigentümer aufgrund der Corona-Pandemie die notwendigen Vorbereitungen kaum leisten können.
 
Die Erhebungsmerkmale sind im Zensus 2022 deutlich umfangreicher als beim Vorgänger 2011. So müssen nun auch Fragen zu Nettokaltmiete, Wohnungsleerstand, Wohnungsgröße und Baualter der Gebäude sowie Energieträger beantwortet werden. Mit dem Gesetz wurde die Bundesregierung zudem ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechts­verordnung Anpassungen vorzunehmen, falls wegen der Corona-Pandemie „oder anderer zwingender Gründe“ eine weitere Verschiebung erforderlich werden sollte.
 

Keine Verlängerung des Mietendeckels?

Franziska Giffey, SPD-Spitzenkandidatin für das Abgeordnetenhaus, will den umstrittenen Mietendeckel nach fünf Jahren auslaufen lassen. Die derzeitige „Atempause“ müsse für mehr Neubau genutzt werden, um den angespannten Berliner Wohnungsmarkt zu entlasten. Berliner SPD und Mieterverein kritisieren die Aussage. Beim Landesparteitag hatte Giffey einen Leitantrag eingebracht, laut dem die Berliner SPD entschlossen sei, „alle Instrumente zu prüfen, um die Mieterinnen und Mietern dieser Stadt zu schützen“, sollte nach Ablauf des Geltungszeitraums des Mietendeckels „keine sichtliche Entspannung des Wohnungsmarktes eingetreten sein“. Zu diesen Instrumenten gehört laut Parteikreisen auch der Mietendeckel. Der Berliner Mieterverein sieht bei öffentlich-rechtlichen Mietpreisvorgaben erhebe Vorteile gegenüber zivilrechtlichen Regelungen und wertet Giffeys Aussage als Signal an die Vermieter.
 
Derweil ist noch unklar, ob der Mietendeckel überhaupt bis 2025 Bestand hat. Im ersten Halbjahr 2021 will das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden, ob das Land Berlin derartige Gesetze erlassen darf oder ob dies ausschließlich Sache des Bundes ist. Mitglieder der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP hatten am 5. Mai einen entsprechenden Antrag auf Normenkontrolle eingereicht.
 
 

Bundeswirtschaftsminister unterstützt von Stromversorgern geforderte Zwangsabschaltung für E-Ladestationen

Da Stromversorger durch das zunehmende Laden von Elektrofahrzeugen eine Überlastung der Netze befürchten, fordern sie eine gesetzlich geregelte Spitzenglättung. So wäre es ihnen in Zeiten hoher Netzbelastung erlaubt, E-Autos beim Laden für bis zu zwei Stunden pro Tag vom Netz zu trennen. Der Vorschlag stößt auf Sympathie beim Bundeswirtschaftsminister.

 

Die so genannte Spitzenglättung wurde in einem 2018 im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) erstellten Gutachten zur Digitalisierung der Energiewende (Topthema 2: Regulierung, Flexibilisierung und Sektorkopplung) ausführlich beschrieben. Mit Hilfe der Intelligenz der Ladeelektronik des Fahrzeugs oder der Wallbox soll gezielt der Ladevorgang des E-Autos abgeschaltet werden, ohne die Stromversorgung des restlichen Haushalts zu beeinträchtigen. Laut Büro für Energiewirtschaft und technische Planung (BET) wollen Netzbetreiber lediglich bei Kunden mit „flexibler Verbrauchseinrichtung“ und Energiemanagementsystem berechtigt sein, bei Engpässen im Stromnetz den Verbrauch zu begrenzen. Solche Engpässe seien von den laufenden Messsystemen der Provider problemlos zu erfassen. Auf diese Weise könnten drei- bis viermal so viele Verbrauchs­einrichtungen ins Netz integriert werden wie bisher. Grundlage für die gezielte Spitzen­glättung sei ein intelligentes Messsystem aus digitalem Stromzähler und Smart-Meter-Gateway. Laut BET müsse bereits zum jetzigen Zeitpunkt Rechtssicherheit geschaffen werden, um die nächsten Entwicklungsschritte für diese Geräte sinnvoll anzugehen.

 

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier befürwortet die Spitzenglättung, in Baden-Württemberg habe es bereits ein entsprechendes Pilotprojekt gegeben. Die beteiligten Bürgerinnen und Bürger wären „nach kurzer Zeit entspannt“ gewesen und hätten festgestellt, dass die „Komforteinbuße“ vergleichsweise gering seien. Sein Ministerium will noch in diesem Jahr einen Vorschlag zur Reform des §14a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) vorlegen. Durch das Glätten der Lastspitzen im Netz werde Zeit gewonnen für den Ausbau der Niederspannungsnetze, und dieser könne auf ein effizientes Maß begrenzt werden. Laut Andreas Scheuer will das Bundesverkehrsministerium in den kommenden Jahren zudem rund vier Milliarden Euro in den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur investieren. Das Ziel der Bundesregierung: eine Million öffentliche Ladepunkte bis 2030. Scheuer zufolge liegt ihre Zahl zurzeit bei 35.000.

 

Das neue Gebäudeenergiegesetz gilt seit November

Drei Gesetze führt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in eins zusammen: das Energie­einsparungsgesetz (EnEG), die Energieeinsparverordnung (EnEV) sowie das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Als einheitliches Regelwerk für die energetischen Anforderungen an Gebäude soll es die Umsetzung erleichtern und außerdem die EU-Regelung des Niedrigstenergiegebäudestandards (NZEB) rechtlich verankern. Für Neubauten und für Bestandsgebäude beinhaltet es u. a. Vorgaben zu Heizungs-, Klimatechnik und Wärmeschutz, die den Energiebedarf von Gebäuden begrenzen.
 
Für Neubauten schreibt das GEG die Nutzung erneuerbarer Energien vor und führt neue Flexibilisierungsoptionen ein, die es unter anderem ermöglichen, dass bei der energetischen Bilanzierung selbst erzeugter Strom angerechnet werden kann. Die energetischen Anforderungen an Gebäude wurden im GEG nicht erhöht. Bei Neubauten gilt der ehemals festgelegte Endenergiebedarf von 45 bis 60 kWh pro qm Nutzfläche, wobei die Vorgaben für den Wärmeschutz etwas gelockert wurden. Die Anforderungen sollen 2023 überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Ab 2026 dürfen Öl- oder Kohleheizungen nur noch dann installiert werden, wenn ein Haus nicht über Gas- oder Fernwärmeanschluss verfügt, sich auf Neubaustandard befindet oder erneuerbare Energien zum Einsatz kommen, wie beispielsweise bei Hybridheizungen. Bei Vermietung oder Verkauf von Wohnimmobilien ist ein Energieausweis Pflicht, der potenziellen Mietern und Käufern einen Einblick in die energetische Qualität bietet und dabei hilft, die Energiekosten besser abzuschätzen. Auch Makler müssen dieser Pflicht nachgehen. Das wurde im GEG neu festgelegt. Der Energieausweis ist spätestens beim ersten Besichtigungstermin unaufgefordert vorzulegen.
 
Verstöße gegen das Gebäudeenergiegesetz gelten als Bußgeld-bewehrte Ordnungs­widrigkeiten, beispielsweise wenn Anforderungen an die energetischen Eigenschaften im Neubau oder bei der Sanierung nicht eingehalten werden, Energieausweise nicht vorgelegt oder Klima- und Lüftungsanlagen nicht vorschriftsgemäß überprüft werden.
 

 3. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

 

Start der Bundesförderung für effiziente Gebäude

Mit der neuen „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) strukturiert die Bundesre­gierung ab 2021 ihre energetische Gebäudeförderung neu. Die BEG bündelt die bisherigen Programme zur Förderung von Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien im Gebäude­bereich – darunter das CO2-Gebäudesanierungsprogramm und das Marktanreizprogramm zur Nutzung Erneuerbarer Energien im Wärmemarkt in einem modernisierten, vereinfachten und weiter entwickelten Förderangebot. Die BEG ist ein Kernelement des nationalen Klima­schutzprogramms 2030 und besteht aus drei Teilprogrammen, die jeweils in einer Zuschuss­variante und einer Kreditvariante angeboten werden. Mit den Programmen werden Vollsanierung und Neubau von Wohngebäuden (BEG WG) bzw. Nichtwohngebäuden (BEG NWG) sowie Einzelmaßnahmen an Wohn- und Nichtwohngebäuden (BEG EM) gefördert.
 
Zum 1. Januar 2021 startet die Zuschussförderung für Einzelmaßnahmen im Teilprogramm BEG EM durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Gefördert werden Maßnahmen an der Gebäudehülle, der Anlagentechnik, erneuerbare Energien für Heizungen, Heizungsoptimierung sowie Fachplanung und Baubegleitung im Zusammenhang mit einer Einzelmaßnahme. Die BEG NWG und BEG WG (Zuschuss- und Kreditvariante) sowie die BEG EM in der Kreditvariante sind zur Durchführung durch die KfW für Sommer 2021 geplant.
 
Bei der Entscheidung welche Maßnahmen umgesetzt werden sollten, unterstützt die „Energieberatung für Wohngebäude (EBW)“ bzw. die „Energieberatung für Nichtwohn- gebäude, Anlagen und Systeme (EBN)“ mit einem Zuschuss in Höhe von 80 Prozent. Anträge für eine Förderung müssen vor Maßnahmenbeginn beim BAFA gestellt werden. Die neue Richtlinie EBN ersetzt ab Januar 2021 die Förderung für die „Energieberatung im Mittelstand (EBM)“ und „Energieberatung für Nichtwohngebäude von Kommunen und gemeinnützigen Organisationen (EBK)“.

 

 

Ansturm auf KfW-Förderung für private Ladestationen

Am 24. November startete das Zuschussprogramm des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und der KfW zur Errichtung neuer Ladestationen für Elektro­autos im nicht öffentlich zugänglichen Bereich von Wohngebäuden. Der Erwerb und die Errichtung neuer Ladestationen einschließlich des Anschlusses an das Stromnetz wird mit 900 Euro pro Ladepunkt bezuschusst. Der große Ansturm legte das Zuschussportal zeitweise lahm.
 
Voraussetzung: Der für Ladevorgänge genutzte Strom muss zu 100 Prozent aus erneuer­baren Energien stammen – über einen entsprechenden Stromliefervertrag oder selbst erzeugt, z. B. mit einer Photovoltaik-Anlage. Zudem ist die Nennleistung für förderfähige Stationen auf genau elf Kilowatt festgelegt. Wer schneller laden möchte, bekommt die Förderung nicht. Antragsberechtigt sind Privatpersonen, Wohnungseigentümergemeinschaften, Wohnungsunternehmen, -genossenschaften und Bauträger. 200 Millionen Euro stellt der Bund dafür bereit, genug für rund 220.000 Wallboxen – offensichtlich ein verlockendes Angebot: Es löste bereits am ersten Tag einen Ansturm auf das Zuschussportal der KfW im Internet aus und legte es zeitweise lahm. 16.000 Antragsteller bewarben sich um die Förderung. Wenn der Antrag bewilligt wird, muss die geförderte Ladestation bis August 2021 in Betrieb genommen werden.
 
 

Neue Anforderungen für Energieausweise

Seit Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) am 1. November gelten neue Anforderungen für die energetische Qualität von Gebäuden – und neue Regeln für die Erstellung und Verwendung von Energieausweisen. Zwar gibt es nach wie vor den Verbrauchs- und den Bedarfsausweis, jeweils mit einer Gültigkeit von zehn Jahren. Neu ist aber, dass künftig der Aufwand für eine Objektbegehung vermieden werden kann, die insbesondere die Ausstellung von Verbrauchsausweisen deutlich verteuert.
 
Immobilienbetreiber haben künftig die Möglichkeit, für die Erstellung eines Energieausweises auch Bildaufnahmen einzureichen. Sie müssen den Aussteller des Ausweises in die Lage versetzen, die energetischen Eigenschaften des Gebäudes zu beurteilen, beispielsweise anhand der Fassade, der Fenster, des Daches, der obersten Geschossdecke, der Decke unbeheizter Keller und der Heizungsanlage inkl. der Rohre in unbeheizten Kellern. Auch identifizierte energetische Schwachstellen des Objekts sowie an- bzw. umgebaute oder modernisierte Gebäudeabschnitte sind maßgeblich. Je nach Art des Energieträgers für die Wärmeerzeugung sind künftig weiterführende Angaben zu machen, mit denen die CO2-Emissionen ermittelt werden können und verpflichtend auch im Energieausweis auszuweisen sind. Damit steigt dessen Aussagekraft und soll – in Verbindung mit den Empfehlungen zur Verbesserung der Energieeffizienz des Gebäudes – Objektbetreiber dazu motivieren, die Klimabilanz ihrer Immobilie zu verbessern.
 
Für den neuen Energieausweis relevant sind auch im Gebäude betriebene prüfpflichtige Klima- und Lüftungsanlagen. Anzugeben sind Anlagen mit einer Nennleistung von mehr als 12 kW zur Kühlung und darüber hinaus auch das Datum der nächsten Inspektion. Von der Prüfpflicht ausgenommen sind Klimaanlagen, die mit kontinuierlicher elektronischer Überwachung die Effizienz vorhandener gebäudetechnischer Systeme messen und automatisiert informieren, wenn die Effizienz sinkt. Der Gesetzgeber räumt Ausstellern von Energieausweisen eine Übergangsfrist bis zum 1. Mai 2021 ein. Bis dahin dürfen Energieausweise weiterhin nach den bisherigen Vorschriften erstellt werden.
 

 

EU will „Renovierungswelle“ auslösen

Die EU-Kommission will mit einer „Renovierungswelle“ bis 2030 die Klimaschutzpotenziale des Gebäudebestands heben. Laut einem Strategiepapier muss mehr saniert werden, zudem werden Energiesparvorgaben und Standards strenger. Immobilieneigentümer können aber auch auf Finanzhilfen hoffen. Konkrete Gesetze sollen auf nationaler Ebene in den kommenden Monaten auf den Weg gebracht werden.
 
35 Millionen Gebäude müssen in der EU bis 2030 saniert werden. Um das zu erreichen, muss sich die Renovierungsquote im Bestand in den nächsten zehn Jahren mindestens verdoppeln. So sollen laut EU-Kommission künftig zwei Prozent der Gebäude pro Jahr modernisiert werden. Die Kommission plant striktere Vorgaben für den Energieverbrauch. Hier werden auch Bestandsgebäude eingeschlossen – für sie sollen ab Ende 2021 schritt­weise Mindeststandards eingeführt werden. Finanzielle Unterstützung soll leicht zugänglich gemacht werden, unter anderem mit dem Corona-Aufbauplan „Next Generation EU“. In Gebäuden werden 40 Prozent der in der EU benötigten Energie verbraucht und 36 Prozent der Treibhausabgase verursacht. Damit wie von der EU-Kommission vorgeschlagen die Klimaabgase um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 bis 2030 sinken, müsste der CO2-Ausstoß aus Gebäuden um 60 Prozent und der Energiebedarf um 14 Prozent verringert werden, rechnet die Kommission vor. Entscheidend hierfür sind insbesondere neue Heizsysteme und Fenster oder eine funktionierende Dämmung.
 

 

Versorgungslücke bei altersgerechtem Wohnraum

Rund zwei Millionen altersgerechte Wohnungen werden in Deutschland bis zum Jahr 2025 fehlen. Das weist eine Evaluation des KfW-Förderprogramms „Altersgerecht Umbauen“ für die Jahre 2014 bis 2018 aus, die von KfW Research und dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) in Auftrag gegeben wurde. Wenn die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre ins Rentenalter kommen, wird die Zahl der Haushalte mit eingeschränkter Mobili­­tät der Analyse zufolge von derzeit etwa 3 Millionen auf 3,7 Millionen im Jahr 2035 steigen. Nach einer repräsentativen Schätzung sind jedoch nur 560.000 Wohnungen barrierearm.
 
Seit 2009 gibt es das Förderprogramm „Altersgerecht Umbauen“ der KfW und der Bundes­regierung, um die notwendige Anpassung des Wohnungsbestandes voranzutreiben. Im Analysezeitraum, den Jahren 2014 bis 2018, wurden rund 99.000 Förderkredite und Investitions­zuschüsse mit einem Gesamtvolumen von 1,8 Milliarden Euro abgerufen, um insgesamt 189.000 Wohnungen umzubauen. Steigende gesetzliche Anforderungen zur Barrierefreiheit in Mehrfamilienhäusern tragen zur Erhöhung des Anteils barrierearmer Neubauwohnungen bei, sodass bis zum Jahr 2035 mit jährlich etwa 52.000 neuen altersgerechten Wohnungen zu rechnen ist, mit weiteren 12.500 jährlich durch den Umbau im Bestand.
 
Für das Jahr 2020 hatte das BMI Fördermittel in Höhe von 100 Millionen Euro bereitgestellt, 25 Millionen mehr als im Vorjahr. Am 25. November meldete die KfW bereits den Antragsstopp für Investitionszuschüsse zu barrierereduzierenden Maßnahmen. Die Bundesmittel für dieses Jahr seien aufgebraucht. Für das Jahr 2021 plant die Bundesregierung, das KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ mit einem Fördervolumen von 75 Millionen Euro fortzusetzen. Zusätzlich soll den Ländern in den Jahren 2020 bis 2024 jeweils eine Milliarde Euro für Investitionen im sozialen Wohnungsbau bereitgestellt werden, die ebenfalls für barrierefreie Neubauten und den Umbau im Bestand verwendet werden können.
 

 4. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

 

Grundsteuer in Bayern: Kabinett beschließt Gesetzentwurf

Bayern setzt wie angekündigt ein reines Flächenmodell bei der Neuregelung der Grundsteuer um. Der am 6. Dezember vom Kabinett auf einer Sondersitzung beschlossene Gesetz­entwurf sieht vor, dass sich die Höhe der Steuer nur nach Grundstücksfläche (vier Cent pro Quadratmeter) und Gebäudefläche (50 Cent pro Quadratmeter), der Nutzung sowie dem von den Kommunen festgesetzten Hebesatz berechnet.
 
Für Wohnflächen beinhaltet der Entwurf einen Abschlag von 30 Prozent, auch für besonders große Grundstücke sowie für Denkmäler und den sozialen Wohnungsbau sind Abschlags­möglichkeiten vorgesehen. Laut Finanzminister Albert Füracker (CSU) führe ein wertab­hängiges Modell, wie vom Bund vorgeschlagen, bei steigenden Grundstückspreisen zu regelmäßigen, automatischen Steuererhöhungen „durch die Hintertür“. Eine Grundsteuer C für brachliegende, aber baureife Grundstücke soll offenbar nicht erhoben werden. Das Ende 2019 vom Bund verabschiedete Grundsteuer-Gesetz bezieht in die Neubewertung von Grundstücken neben Fläche und Bodenrichtwert auch die Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und das Gebäudealter mit ein. Die Bundesländer haben die Wahl, dieses Modell ab 2025 zu übernehmen, oder mit einem eigenen Gesetz von der Öffnungsklausel Gebrauch zu machen.
 

 

Hessischer Sonderweg bei Grundsteuer

Bei der Neuberechnung der Grundsteuer geht Hessen einen eigenen Weg. Das Bundesland nutzt die im Grundgesetz vorgesehene Öffnungsklausel und weicht mit einem eigenen Berechnungsmodell von dem des Bundesfinanzministers Olaf Scholz ab. Das hessische Flächen-Faktor-Modell basiert auf der Grundstücksfläche, der Gebäudefläche für Wohnzwecke und der Gebäudefläche für Nicht-Wohnzwecke. Auch die Qualität der Grundstückslage wird in die Berechnung mit einbezogen.
 
Zusätzlich beschreitet Hessen auch bei den Hebesätzen der Gemeinden einen eigenen Weg. Damit die Neuberechnung der Grundsteuer nicht zu höheren Belastungen der Eigentümer und Mieter führt und das Grundsteueraufkommen wie beabsichtigt unverändert bleibt, will Hessen für jede Gemeinde den Hebesatz in einer Liste veröffentlichen, mit dem die Grundsteuer nach neuem Berechnungsmodell aufkommensneutral erhoben werden kann. Die errechneten Hebesätze sollen voraussichtlich im ersten Quartal 2024 bekannt­gegeben werden, damit die Gemeinden sie rechtzeitig in ihre Haushaltsplanung für das Jahr 2025 einbeziehen können, dann nämlich gilt das neue Grundsteuergesetz.
 

Grundsteuer: Baden-Württemberg legt als erstes eigenes Gesetz vor

Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg am 4. November ein eigenes Gesetz zur Grundsteuer verabschiedet. Es löst die bisherige Einheitsbewertung ab und legt der Grund­steuererhebung ab dem Jahr 2025 ein modifiziertes Bodenwertmodell zugrunde. Diese Bewertung basiert im Wesentlichen auf der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Mit dem im Juli als Entwurf vorgelegten Gesetz zielt die Landesregierung darauf ab, das Wohnen zwar nicht zu verteuern, Brachflächen in Wohngebieten aber höher zu besteuern.
 
Auf die Bebauung eines Grundstücks kommt es für die Bewertung nach dem Baden-Württemberger Modell nicht an. Für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke wird das Bewertungsergebnis einer reinen Bodenwertsteuer durch einen Abschlag in Höhe von 30 Prozent „modifiziert“. Das Ergebnis ist der Grundsteuerwert, der den im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärten Einheitswert künftig ersetzt. Kritik kommt nun u. a. vom Bund der Steuerzahler: Das Bewertungsmodell verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und sei insofern verfassungsrechtlich bedenklich.
 
 

Mietendeckel jetzt auch für Altverträge

Seit 23. November gilt der Mietendeckel nicht mehr nur für Neuverträge, sondern auch für bestehende Mietverhältnisse. Seit dem 23. Februar 2020 dürfen in Berlin die Mieten für rund 1,5 Millionen Wohnungen nicht mehr über den Stand vom 18. Juni 2019 steigen. Zwar beschäftigt der Berliner Mietendeckel derzeit noch das Bundesverfassungsgericht mit der Frage, ob das Land Berlin überhaupt die Gesetzgebungskompetenz für ein solches Regulierungsinstrument besitzt, aber mittlerweile ist bereits die zweite Stufe in Kraft.
 
Nun müssen Vermieter ihre Mieten senken, soweit diese mehr als 20 Prozent über den vom Senat festgelegten Obergrenzen liegen. Betreffen könnte das etwa 340.000 Wohnungen. Vermietern, die sich nicht an das Gesetz halten, drohen Bußgelder in Höhe von 1.000 bis 2.000 Euro pro Wohnung – aber auch Verwaltungen, auf deren Konten überhöhte Mieten eingehen. Sollte das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel kippen, können Vermieter die Differenz zur vertraglich vereinbarten Miete nachfordern. Mit der Entscheidung ist voraussichtlich erst im zweiten Quartal 2021 zu rechnen.
 

Berliner Verfassungsgericht legt Mietendeckelklage auf Eis – Bundesverfassungsgericht lehnt Eilantrag ab

Das höchste Berliner Gericht hat das Verfahren gegen das Mietendeckelgesetz der Fraktionen von CDU und FDP und Marcel Luthe (fraktionslos) ausgesetzt. In ihrer Klage vom 25. Mai kritisieren sie den Eingriff in Grundrechte der Eigentümer. In einer Mitteilung des Berliner Verfassungsgerichtshofs heißt es nun, dass der Ausgang der vor dem Bundes­verfassungsgericht anhängigen Klage gegen den Mietendeckel abgewartet werde. Das Bundesverfassungsgericht befasst sich mit der Frage, ob das Land Berlin überhaupt derartige Gesetze erlassen darf oder ob dies ausschließlich Sache des Bundes ist. Mitglieder der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP hatten am 5. Mai einen entsprechenden Antrag auf Normenkontrolle eingereicht. Das Gericht will im ersten Halbjahr 2021 über den Mietendeckel entscheiden. Bis dahin gilt die Regelung weiter.
 
Einen zwischenzeitlich gestellten Eilantrag eines Vermieters auf teilweise Aussetzung des Mietendeckels lehnte das Bundesverfassungsgericht ab. Wie es am 29. Oktober mitteilte, sei in dem Eilantrag kein schwerer Nachteil von besonderem Gewicht dargelegt worden, auch nicht für die betroffenen Vermieter insgesamt (Az. 1 BvR 972/20). Im Hinblick auf die noch ausstehende, generelle Entscheidung über den Mietendeckel erkannten die Richter „keine irreversiblen Schäden für den Fall“, dass der Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt wird – die vertraglich vereinbarte Miete könne das Unternehmen dann „rückwirkend verlangen“.
 
 

Bündnis fordert Mietenstopp in Hessen

Künftig soll in allen hessischen Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt die Miete über einen Zeitraum von fünf Jahren um nur noch maximal ein Prozent pro Jahr steigen dürfen. Das fordert ein Bündnis aus Mieterbund Hessen, Caritas aus Deutschem Gewerk­schaftsbund in der Petition „Mietenstopp für alle“. Unterstützung findet die Kampagne in Hessen bei SPD und Linke, die für einen Mietendeckel nach Berliner Vorbild plädieren. Nach Willen des Bündnisses soll die Regelung für bestehende Mietverhältnisse gelten, aber nicht für Neubau- und Sozialwohnungen. Nach Modernisierungen sollen Mieterhöhungen einge­schränkt möglich sein. Nachdem im hessischen Landtag zuvor ein entsprechender Antrag gescheitert war, kündigten die Fraktionen von SPD und Linke nun neue Gesetzesinitiativen an.
 
Ein Mietenstopp für fünf Jahre soll nach Ansicht der Bündnisinitiatoren Mietern eine „Atempause“ verschaffen, bis mehr bezahlbare und sozial geförderte Wohnungen zur Verfügung stehen – eine weitere Forderung des Bündnisses an die Politik. Die Immobilien­branche sieht den Mietenstopp kritisch. Eine Deckelung würde das Problem steigender Mieten in angespannten Wohnungsmärkten nicht lösen. Stattdessen würde sie Unternehmen einschränken, die neue Wohnungen bauen wollen. Wichtiger sei es, den Wohnungsbau zu fördern. Die Folgen eines Mietendeckels zeigen sich derweil in Berlin: Dort hat sich die Zahl der inserierten Mietwohnungen seit Einführung der Regelung um 42 Prozent reduziert, im Teilbereich der Wohnungen mit Baujahr bis 2014 sogar um knapp 60 Prozent.
 

 

CO2-Preis für Wärme und Verkehr ab Januar 2021

Bundestag und Bundesrat haben mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) die Einführung eines über die Jahre steigenden CO2-Preises beschlossen. Ab 1. Januar 2021 werden klimaschädliche fossile Brennstoffe in den Sektoren Wärme und Verkehr zunächst mit einem Preis von 25 Euro je Tonne CO2 belegt. Die dadurch entstehenden höheren Kosten sollen sinkende Strompreise für alle Haushalte zumindest teilweise kompensieren.
 
Die verabschiedete Gesetzesänderung setzt die Vereinbarungen des Vermittlungsausschusses vom 18. Dezember 2019 um und legt einen neuen Preispfad fest. Mit dem Anfangspreis von 25 Euro pro Tonne CO2 verteuern sich Öl und Diesel um 7,9 Cent pro Liter, Benzin um 7 Cent pro Liter und Erdgas um 0,6 Cent pro Kilowattstunde. Im Jahr 2026 erhöht sich der CO2-Preis auf 55 bis 65 Euro. Ob für die Folgejahre eine freie Preisbildung erfolgen wird, soll im Jahr 2025 eine Evaluation ergeben. Das neue System erfasst sämtliche Brennstoff­emissionen Deutschlands soweit sie nicht unter den EU-Emissionshandel (EU-ETS) fallen. Die Einnahmen des nationalen Emissionshandelssystems werden insbesondere für die Entlastung der EEG-Umlage und damit zur Senkung des Strompreises verwendet.

 

 

Sehr geehrte Verwaltungsbeiräte,
liebe Leserinnen und Leser,
der Bundestag hat am 17. September die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes beschlossen. Zum 1. Dezember tritt nun das neue Gesetz in Kraft und schafft somit endlich eine neue zukunftsfähige und wohl rechtssichere Basis für Wohnungseigentümer und Verwalter. Das jahrelange Engagement des VDIV Deutschland, der sich mit Nachdruck für eine umfassende Novellierung des nicht mehr zeitgemäßen Regelwerks einsetzte, hatte Erfolg. Besonders profitieren werden Eigentümergemeinschaften von der Einführung des Sachkundenachweises. Künftig erhält jeder Eigentümer das Recht – nach einer Übergangszeit von mehr als drei Jahren – vom Verwalter einen Sachkundenachweis einfordern zu dürfen, der ausschließlich bei der Industrie- und Handelskammer absolviert werden kann.
Entscheidende Auswirkungen hat aber auch die aktuelle Rechtsprechung auf Wohnungseigentümer und ihre Mieter. Ob Teilnahmerecht an der Eigentümerversammlung, Modernisierungsankündigung oder Jahresabrechnung – jüngst wurden wieder diverse wegweisende Urteile gefällt.
 
Liebe Leserin, lieber Leser, diese und weitere Nachrichten finden Sie in der neuen Ausgabe unseres Beiratsnewsletters. Wir haben wieder Informationen rund um die Themen Wohnen, Kaufen, Mieten und Verwalten sowie aktuelle Gerichtsurteile zum Wohnungseigentums- und Mietrecht für Sie zusammengestellt. Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem regelmäßigen Service auch 2020 wertvolle Impulse für Ihre Tätigkeit als Verwaltungsbeirat liefern können.
Auf viele erfolgreiche gemeinsame Projekte und weiterhin gute Zusammenarbeit!
 
Ihre Immobilienverwaltung
die Hausverwaltung Claudia Thelen
 

Vorbemerkungen:

Der Beiratsnewsletter des VDIV Deutschland ist ein Angebot für Immobilienverwaltungen, um ihre Beiräte und Eigentümer noch umfassender über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV Deutschland) und die Hausverwaltung Claudia Thelen übernimmt keine Haftung für die abgedruckten Inhalte.

 

VDIV-Beiratsnewsletter

Ausgabe 3/2020

 

Inhalt

 

  1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht, Datenschutz

 

  1. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

 

  1. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

 

  1. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

 

 

  1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht, Datenschutz

BGH klärt Praxisstreit: Auch wenn die Jahresabrechnung vor Gericht „fliegt“, kriegt keiner Geld zurück!

Wird der Beschluss über die Genehmigung einer Jahresabrechnung ganz oder teilweise erfolgreich gerichtlich angefochten, stellt sich die Frage, ob der siegreiche Eigentümer oder gar alle Eigentümer und/oder auch die Gemeinschaft – falls Guthaben (positive Abrechnungsspitze) bereits an Eigentümer ausgezahlt wurden – geleistete Zahlungen zurückfordern können. Manche Gerichte und namhafte Stimmen im Schrifttum bejahten dies. Der Bundesgerichtshof (BGH) schließt sich der Gegenauffassung an und lehnt einen solchen Bereicherungsausgleich ab. Stattdessen postuliert er den „Vorrang des Innenausgleichs“ durch Erstellung neuer, korrigierter Jahresabrechnungen.

 

Mit Urteil vom 10. Juli 2020 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 178/19 hat der BGH geklärt, dass die erfolgreiche Anfechtung einer Jahresabrechnung nicht zu Rückerstat­tungen bereits geleisteter Nachzahlungen oder Guthaben führt. Stattdessen ergibt sich sowohl für den erfolgreichen Anfechtungskläger als auch für jeden anderen Eigentümer ein Anspruch gegen den Verwalter auf Erstellung einer korrekten Jahresabrechnung, außerdem ein Anspruch gegen alle Miteigentümer auf Genehmigung des korrigierten Abrechnungs­werks. Dies gilt laut BGH unabhängig davon, ob Jahresabrechnungen insgesamt oder nur in einzelnen Positionen für ungültig erklärt werden. Keine Rolle spielt ferner, ob es Eigentümerwechsel gab. Zudem klärt der BGH, dass trotz rückwirkenden Wegfalls des Zahlungsgrundes Verzugsfolgen (Anwaltskosten, Zinsen, Vollstreckungs­kosten) nicht entfallen. Hausgeldschuldner bleiben also insoweit zu Recht auf den Kosten hängen.

 

Der Fall

Ein Wohnungseigentümer erhob nacheinander zwei Klagen. Mit der ersten Klage – eine Anfechtungsklage gegen die übrigen Miteigentümer – wehrte er sich erfolgreich gegen den Kostenverteilungsschlüssel einer Dachsanierung in seiner Einzeljahresabrechnung. Der Beschluss über die Jahresabrechnung wurde bezüglich dieser Einzelposition rechtskräftig für ungültig erklärt. Während des Anfechtungsverfahrens hatte er die Nachzahlung aus seiner Jahresabrechnung (1.434,86 EUR) nebst Anwaltskosten, Zinsen auf Abrechnungsspitze und Vollstreckungskosten an die Gemeinschaft gezahlt. Mit seiner zweiten Klage – der hier beim BGH gelandeten – verklagte er die Gemeinschaft auf Rückzahlung der Gesamtsumme von 1.684,77 EUR sowie Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigungen der Zahlungstitel gegen ihn. Das Amtsgericht wies die Klage ab. In der Berufungsinstanz gab das Landgericht München I der Klage vollumfänglich statt. Das Landgericht führte aus, dass infolge der rückwirkenden Ungültigkeitserklärung der Jahresabrechnung der Rechtsgrund für die Zahlung in die Gemeinschaftskasse entfallen sei. Daher könne der Kläger aus dem Verwaltungsvermögen die Rückzahlung beanspruchen. Auf einen „Vorrang der Jahresabrechnung“ müsse sich der Kläger nicht verweisen lassen. Wegen der umstrittenen Rechtslage ließ das Landgericht die Revision zum BGH zu. Dieser beurteilt den Fall anders.

 

Die Entscheidung

Die Zahlungsklage sei unbegründet, weil die kollektive Finanzausstattungspflicht der Wohnungseigentümer im Verhältnis zur WEG („Gemeinschaftskasse“ bzw. Verwaltungsvermögen) Vorrang haben müsse vor individuellen Bereicherungsansprüchen. Handlungsfähigkeit und Liquidität einer Wohnungseigentümergemeinschaft gerieten ins Wanken, wenn erfolgreiche Anfechtungsklagen dazu führen könnten, geleistete Zahlungen zurückverlangen zu dürfen. Der BGH betont, dass die Positionen einer Jahresabrechnung lediglich unselbständige Rechnungsposten darstellten. Hausgeldzahlungen erfolgten nicht etwa auf diese, sondern stets auf die jeweilige negative oder positive Abrechnungsspitze als solche als Schlussstrich unter die über den Wirtschaftsplan kalkulierten Vorauszahlungen. Werde – wie im vorliegenden Fall – eine Einzelausgabe (Dachsanierung) über einen falschen Kostenverteilungsschlüssel zwischen den Eigentümern verteilt, sei eine Korrektur nur durch eine neue, den korrekten Verteilerschlüssel anwendende Jahresabrechnung möglich. Allein hierauf bestehe ein Rechtsanspruch, und zwar einerseits gegen den Verwalter, die korrigierte Jahresabrechnung zu erstellen und zur Beschlussfassung vorzulegen, dann aber auch gegen die Miteigentümer auf Zustimmung zur genehmigungsfähigen (also korrekten) neuen Jahresabrechnung.

 

Erstelle der Verwalter die neue Jahresabrechnung, habe er die gerichtlich für ungültig erklärte Position nach dem korrekten Schlüssel richtig zu verteilen; die übrigen, im Anfechtungsprozess nicht streitgegenständlichen Einnahmen, Ausgaben und Verteilungsschlüssel habe der Verwalter hingegen beizubehalten, da die Jahresabrechnung insoweit (also teilweise) bestandskräftig geworden sei. Verweigere der Verwalter die Erstellung der neuen Jahresabrechnung, stünde jedem Eigentümer ein individueller Anspruch gemäß § 28 Abs. 3 WEG zu, den er ohne Ermächtigung der Versammlung persönlich durchsetzen dürfe. Verweigere die Versammlung die Genehmigung der vorgelegten Jahresabrechnung, könne der berechtigte Anspruch mit der Beschlussersetzungsklage gemäß § 21 Abs. 8 WEG durchgesetzt werden.

 

BGH: Rechtsmittelbeschwer bemisst sich nach Kostenanteil des Wohnungseigentümers

Will ein Wohnungseigentümer eine bestimmte Art der Finanzierung einer baulichen Maßnahme verhindern, bemisst sich sein für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliches wirtschaftliches Interesse an seinem Anteil an den aufzubringenden Kosten.

 

Der Fall

Eine Bauträgerin zahlte Kostenvorschüssen für die Beseitigung „allgemeiner Baumängel“ und von Schallschutzmängeln, die auf zwei Geldmarktkonten der Wohnungseigentümer­gemeinschaft angelegt wurden. Im Oktober 2018 beschlossen die Wohnungseigentümer, eine Balkonsanierung in Auftrag zu geben und fassten den gesonderten Beschluss, dass die Finanzierung über die beiden Geldmarktkonten erfolgen sollte. Gegen letzteren Beschluss wandte sich ein Wohnungseigentümer mit einer Anfechtungsklage, weil er der Ansicht ist, dass der von der Bauträgerin geleistete Vorschuss zweckgebunden verwendet werden muss. Sein Anteil an der Balkonsanierung würde sich entsprechend seiner Miteigentumsanteile auf knapp 14.000 Euro belaufen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit einer Nichtzulassungsbeschwerde.

 

Die Entscheidung

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer den Betrag von 20.000 Euro nicht übersteigt. Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Interesse ist auch in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten. Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers daran, eine bestimmte Art der Finanzierung einer baulichen Maßnahme zu verhindern, bemisst sich nach seinem Anteil an den aufzubringenden Kosten. Hier gilt laut BGH nichts anderes als bei einer Anfechtung eines Beschlusses über die Durchführung einer baulichen Maßnahme. Demnach entspricht die Beschwer des Klägers seinem Anteil an der Balkonsanierung. Es käme nicht darauf an, dass auf den Geldmarktkonten ein Guthaben von mehr als 400.000 Euro vorhanden ist, weil das Volumen der beschlossenen Finanzierung maßgeblich ist.

 

BGH, Beschluss vom 02.07.2020, V ZR 2/20

Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 03.07.2019, 485 C 21746/18 WEG
LG München I, Entscheidung vom 11.12.2019, 1 S 10246/19 WEG

 

 

BGH zur Mehrhausanlage: Untergemeinschaft (Altbau) muss auch die erstmalige mangelfreie Herstellung alleine bezahlen

Im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) fehlen Regelungen zur Mehrhausanlage. Dennoch ist anerkannt, dass in der Gemeinschaftsordnung (GO) die Bildung von Untergemeinschaften vereinbart werden kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich schon oft zu Mehrhausanlagen geäußert. In einem aktuellen Urteil sorgt er für Rechtsklarheit bezüglich der Frage, ob auch schon die Beseitigung anfänglicher Baumängel der Kostentrennungsvereinbarung unterfallen oder ob insoweit noch alle Untergemeinschaften oder Eigentümer zuständig und zahlungspflichtig sind.

 

Mit Urteil vom 26. Juni 2020 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 199/19 entschied der BGH zu der dort im Streit befindlichen GO, dass die vereinbarte „verwaltungsmäßige und instandhaltungsmäßige Trennung″ in selbständige Untergemeinschaften in der Regel auch Maßnahmen zur erstmaligen mangelfreien Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums nach Begründung von Wohnungseigentum umfasst.

 

Der Fall

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Dresden. Die Anlage besteht aus vier Häusern (A bis D) und einer Tiefgarage. Die Häuser A, B und D sowie die Tiefgarage sind Neubauten, während das Haus C, ein Altbau, saniert wurde. § 3 der TE/GO enthält unter der Überschrift „Trennung der Mehrfamilienhäuser und der Tiefgarage″ unter anderem folgende Vereinbarung:

 

„Die gesamte Wohnanlage wird verwaltungsmäßig und instandhaltungsmäßig in fünf selbständige Gemeinschaften in der Weise geteilt, dass wirtschaftlich gesehen (... [die Häuser A,B,C,D sowie die Tiefgarage]) jeweils einschließlich der den vorstehenden Einheiten zugeordneten Sondernutzungsflächen so behandelt werden, als ob es sich um real geteilte Grundstücke handeln würde. Verwaltungsmäßig und unterhaltungsmäßig unterliegen somit lediglich der gemeinsamen Verwaltung aller Wohnungs- und Teileigentümer die nicht überbauten und nicht als Sondernutzungsfläche zugeordneten Grundstücksflächen, insbesondere die gemeinsamen Zuwegungen sowie Ver- und Entsorgungsanlagen und -leitungen, soweit sie der Ver- und Entsorgung aller fünf vorbenannten Verwaltungskomplexe dienen.(...) Im Rahmen vorstehender Zuordnung steht im Übrigen die Nutzung jeglichen gemeinschaftlichen Eigentums an Gebäuden und innerhalb von Gebäuden nur den jeweiligen Eigentümern bzw. Miteigentümern zu, die Sondereigentum in dem betreffenden Gebäude haben. Auch hinsichtlich der Kostentragung der laufenden Lasten, späterer Instandsetzungsmaßnahmen und die Instandhaltungsrücklage sind entsprechend der jeweiligen Verwaltungseinheit zu teilen und zuzuordnen [sic], soweit nicht Maßnahmen und Anlagen betroffen sind, die der Unterhaltung aller Verwaltungskomplexe dienen. In Eigentümerversammlungen haben die insoweit von der Benutzung ausgeschlossenen Eigentümer der jeweils anderen Gebäude kein Stimmrecht.″

 

In Haus C (Altbau) traten nach der Sanierung und Begründung von Wohnungseigentum Feuchtigkeitsschäden auf. In der Eigentümerversammlung vom 3. Mai 2018 wurde beschlossen, einen Sachverständigen mit einer gründlichen Mauerwerksdiagnostik und der Erstellung eines Sanierungskonzepts für Haus C zu beauftragen, wobei die Kosten 18.000,00 Euro nicht übersteigen und aus der Instandhaltungsrücklage des Hauses C beglichen werden sollten. Dagegen wendet sich die Klägerin, deren Einheiten im Haus C liegen, mit der Anfechtungsklage. Sie rügt, dass die Kosten für die Instandsetzung anfänglicher Baumängel allen Eigentümern zur Last fallen müssten, weil es in der GO keine klare und eindeutige abweichende Regelung vom Gesetz gebe. Amtsgericht und Landgericht Dresden gaben der Klägerin Recht, das Landgericht ließ die Revision zu. Bereits in einem Vorprozess hatte die Klägerin mit einer Anfechtungsklage gegen einen früheren Beschluss desselben Inhalts Erfolg gehabt, weil alle Eigentümer zur Beschlussfassung berufen gewesen seien, nicht nur die Mitglieder der Untergemeinschaft des Altbaus C.

 

Die Entscheidung

Der BGH beurteilt den Sachverhalt genau anders herum als die Vorinstanzen. Das Auslegungsergebnis von Amtsgericht und Landgericht zu § 3 TE/GO entspreche nicht einer unbefangenen Auslegung nach Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Leser auf Anhieb erschließe. Im Ergebnis sei in § 3 eine klare und eindeutige Abweichung der gesetzlichen Grundregel enthalten. Daher unterfalle die Abdichtung des Altbaus nicht der Zuständigkeit und Kostentragung aller Eigentümer, sondern nur der der Mitglieder der Untergemeinschaft Haus C. Zwar seien der Wortlaut und der Sinn des Wortes „späterer″ Instandsetzungsmaßnahmen nicht eindeutig. Allerdings ergebe sich aus dem Kontext der Gesamtregelung klar und eindeutig, dass nicht nur Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung einer zuvor bereits einmal mangelfrei hergestellten Wohnanlage der betroffenen Untergemeinschaft zuzuordnen sei, sondern auch die Beseitigung anfänglicher Baumängel oder die erstmalige mangelfreie Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums im Bereich des Baukörpers von Haus C. Daher seien nur die Eigentümer der Untergemeinschaft Haus C stimmberechtigt gewesen. Ebenso wenig sei zu beanstanden, dass die Finanzierung aus der Instandhaltungsrücklage des Hauses C zu erfolgen hat.

 

 

Teilnahmerecht aller Eigentümer an Versammlung trotz Corona

Die Corona-Pandemie rechtfertigt regelmäßig keine Beschränkung der Personsanzahl auf einer Eigentümerversammlung auf einen Wert unterhalb der teilnahmeberechtigten Eigentümer inklusive Verwalter. Spricht die Einladung zu einer Versammlung ohne ausreichende Rechtfertigung eine solche Beschränkung aus, so sind die auf der Ver­sammlung getroffenen Beschlüsse wegen Eingriffs in den Kernbereich des Wohnungs­eigentums nichtig. Vorrangig ist ein Raum zu organisieren, in dem die Vorgaben der landesrechtlichen Corona-Schutzverordnungen eingehalten werden können.

 

Der Fall

Die Parteien des Rechtsstreits bilden eine Wohnungseigentumsgemeinschaft mit 13 Eigentumseinheiten, die im Eigentum von 11 Personen stehen. Mit Schreiben vom 06.07.2020 lud die Hausverwaltung zur Eigentümerversammlung auf den 22.07.2020. Im Einladungsschreiben formulierte die Verwaltung wie folgt:

 

„Aufgrund der Größe der Sitzungsräume muss die Anzahl der anwesenden Eigentümer bei dieser Versammlung beschränkt werden (10 Personen inkl. Verwalter). Erteilen Sie deshalb möglichst dem Verwaltungsbeirat oder der Verwaltung die Vollmacht für die Teilnahme an der Versammlung. [...] Der Verwalter behält sich vor, die Versammlung nicht durchzuführen, sofern die Höchstzahl der Anwesenden überschritten wird und keine einvernehmliche Regelung am Versammlungstag dazu getroffen werden kann.“

 

In der Versammlung erfolgte zum Tagesordnungspunkt 9 eine Beschlussfassung über den Anstrich der Gebäudefassade inklusive Algenschutz. Diese Beschlussfassungen hat die Antragstellerin im parallelen Hauptsacheverfahren angefochten, dessen Entscheidung noch nicht getroffen ist. Die zuständige Hausverwaltung kündigte an, ab September 2020 den Beschluss umsetzen zu lassen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die konkret beschlossene Maßnahme unter den Gesichtspunkten des Gesundheitsschutzes und des Umweltschutzes tauglich ist. Im Wege der einstweiligen Verfügung begehrt die antragstellende Eigentümerin die Aussetzung der Vollziehung des von ihr in einem gesonderten Verfahren angefochtenen Beschlusses der Eigentümerversammlung.

 

Die Entscheidung

Das zuständige Amtsgericht hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stattgegeben. Die Antragstellerin hat damit einen Anspruch auf Aufschub der Vollziehung der von ihr in dem Parallelverfahren angefochtenen Beschlussfassung der Eigentümerversammlung. Es kommt laut der Begründung des Gerichts im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob das Vollziehungsinteresse bezüglich des angefochtenen Beschlusses das Aussetzungsinteresse überwiegt, da der angegriffene Beschluss nicht lediglich anfechtbar ist, sondern nichtig im Sinne des § 23 Abs. 4 S. 1 WEG.

 

Das Gericht führt aus, dass die Nichtigkeit eines Beschlusses unter anderem dann vorliege, wenn ein Verstoß gegen Grundsätze des Wohnungseigentumsrechts oder in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingegriffen werde. Ein solcher Eingriff liege insbesondere dann vor, wenn die Mitwirkungsrechte eines Wohnungseigentümers ganz oder teilweise diesem entzogen werden, obwohl es sich um unentziehbare Rechte handele. Das Teilnahmerecht und Stimmrecht eines Wohnungseigentümers dürfen allenfalls ausnahmsweise eingeschränkt werden. Der in der Einladung erteilte Hinweis, dass eine Vertretung durch einen bevollmächtigten anderen Teilnehmer, etwa Verwaltungsbeirat oder Verwalter, grundsätzlich möglich ist, könne laut Gericht nicht dazu führen, dass ein Wohnungseigentümer zur Erteilung einer entsprechenden Vollmacht gezwungen werde. Auch der weitere Hinweis, dass im Falle einer einvernehmlichen Verständigung der anwesenden Wohnungseigentümer auf eine anderweitige Regelung der Teilnehmerzahl die Versammlung durch den Verwalter durchgeführt wird, ändere daran nichts. Es komme vielmehr darauf an, ob im Vorfeld der Versammlung durch die Einladung ein Druck erzeugt werde, von der Teilnahme Abstand zu nehmen. Die derzeit herrschende Corona-Pandemie rechtfertige ein derartiges Vorgehen nach den Ausführungen des Gerichts jedenfalls nicht. Denn zum Zeitpunkt der Einladung und der Versammlung sei die Durchführung einer solchen Veranstaltung nicht von vornherein untersagt gewesen, wenn geeignete Schutzmaßnahmen vorhanden sind. Ferner wäre die Anmietung eines geeigneten größeren Raumes geboten und zumutbar gewesen, um sämtlichen Wohnungseigentümern die Teilnahme an der Versammlung zu ermöglichen, ohne dass die Sorge vor den coronabedingten Einschränkungen bestehe. Aus diesem Grunde sei der Erlass einer einstweiligen Verfügung geboten gewesen, da ansonsten der Vollzug der zum Tagesordnungspunkt 9 der Versammlung vom 22.07.2020 beschlossenen Maßnahme drohe.

 

AG Kassel, Urteil vom 27.08.2020 – 800 C 2563/20

 

Verfrüht ausgesprochene Modernisierungsankündigung rechtsmissbräuchlich

Eine weit verfrüht ausgesprochene Modernisierungsankündigung ist laut einer Entscheidung des Landgerichts Berlin rechtsmissbräuchlich. Der Vermieter kann aus einer Ankündigung, die 16 Monate vor Beginn der am Mietobjekt beabsichtigten Maßnahmen erfolgte, keine Duldungsansprüche gegenüber dem Mieter herleiten.

 

Der Fall

Eine Vermieterin kündigte mit Schreiben vom 25. September 2018 die Duldung von Modernisierungsmaßnahmen an, die erst ab Februar 2020 in dem vom Mieter bewohnten Gebäude durchgeführt werden sollten. Zuvor hatte die Vermieterin die Mieter der „gesamten Siedlung“ bereits nach Abschluss der Vereinbarung zum sozialverträglichen Ablauf der Modernisierung und Sanierung mit dem zuständigen Bezirksamt über das Vorhaben informiert, eine Mieterversammlung abgehalten, Mietersprechstunden durchgeführt und bereits im Dezember 2017 über die Regelungen zur „finanziellen Härte“ aufgeklärt. Aufgrund des langen Zeitraums von 16 Monaten bis zum Beginn der Modernisierungs­maßnahmen wendete sich der Mieter gegen den geltend gemachten Duldungsanspruch vor dem zuständigen Amtsgericht mit Erfolg, nachdem die Vermieterin diesen Anspruch erst knapp ein Jahr nach Ankündigung der Maßnahmen geltend gemacht hatte.

 

Die Entscheidung

Auch die von der Vermieterin eingelegte Berufung hat das zuständige Landgericht zurückgewiesen mit dem Hinweis, dass aus der zu überprüfenden ausgesprochenen Modernisierungsankündigung keine Duldungsansprüche hergeleitet werden können. Es komme dabei nicht darauf an, ob der Zeitraum zwischen dem Zugang der Modernisierungsankündigung und deren beabsichtigten Beginn eine – gesetzlich allerdings nicht geregelte – Höchstfrist nicht überschreiten dürfe, ohne dass der Vermieter seine Ansprüche aus der Modernisierungsankündigung verliere. Ein solcher Duldungsanspruch sei schon wegen des Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht durchsetzbar.

 

Das Berufungsgericht führt weiter aus, dass nach der Rechtsprechung des BGH eine Rechtsausübung missbräuchlich sei, wenn ihr kein schutzwürdiges Interesse zukommt, sondern sie erfolgt, um sich unter Ausnutzung lediglich formal bestehender Rechte eine Position zu verschaffen, an der kein schutzwürdiges Eigeninteresse bestehe. Dies sei für den vorliegenden Fall zu bejahen. Durch eine weit verfrühte Ankündigung untergräbt der Vermieter nicht nur das an den Zugang der Duldungsankündigung geknüpfte und zeitlich befristete Sonderkündigungsrecht des Mieters aus § 555e Abs. 1 BGB, sondern beschränkt gleichzeitig zu dessen Nachteil die Möglichkeiten zur erfolgreichen Geltendmachung von Härtegründen nach § 555d Abs. 2 BGB.

 

Hinzukommend laufe eine weit verfrühte Ankündigung auch dem Gesetzeszweck des § 555c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 BGB zuwider, dem Mieter durch die Angabe des voraussichtlichen Beginns und der Dauer der Maßnahmen (§ 555c Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) sowie der zu erwartenden Mieterhöhung (§ 555c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB) eine hinreichend verlässliche Planungs- und Entscheidungsgrundlage für den weiteren Verlauf des Mietverhältnisses zu verschaffen. Das Berufungsgericht führt weiter aus, es seien keine schutzwürdigen Eigeninteressen des Vermieters ersichtlich, die geeignet wären, die mit einer weit verfrühten Modernisierungsankündigung verbundenen erheblichen Rechtsnachteile des Mieters zu rechtfertigen. Eine erfolgreiche Inanspruchnahme des Mieters weit vor dem angekündigten Beginn der Maßnahmen wäre allenfalls dann möglich, wenn durch die Geltendmachung von Härtegründen oder anderer Einwendungen die Besorgnis der nicht rechtzeitigen Leistung bestünde und deshalb gemäß § 259 ZPO eine Verurteilung zur zukünftigen Duldung gerechtfertigt wäre. Dies sei hier auch nach den eigenen Argumenten der Vermieterin ersichtlich nicht der Fall. Auch wenn nach Ansicht der Vermieterin nur eine zeitlich weit vorgelagerte Ankündigung der beabsichtigten Maßnahmen bei einem Großvorhaben einen sozialverträglichen Ablauf der Modernisierung mit hinreichender Planungssicherheit für den Vermieter möglich mache, gebe es keinen sachlich gerechtfertigten Grund, dem Mieter die in seiner Wohnung und dem Mietshaus beabsichtigten Maßnahmen nicht zeitnah, sondern erneut mit einem erheblichen zeitlichen Vorlauf – von nahe eineinhalb Jahren – anzukündigen. Daraus folgt, dass die Vermieterin ohne den Ausspruch einer neuerlichen Ankündigung die Duldung keiner der streitgegenständlichen Maßnahmen verlangen könne.

 

LG Berlin, Urteil vom 01.09.2020 – 67 S 108/20

Vorinstanz: AG Berlin-Mitte, 16.03.2020 – 20 C 162/19

 

 

Auch ein Mieter kann bevollmächtigter Vertreter für einen Wohnungseigentümer sein

Die Eigentümer einer Wohnung können sich durch ihren Mieter in wohnungseigentumsrechtlichen Angelegenheiten vertreten lassen. Dies gilt zumindest dann, wenn die Entfernung zwischen dem Wohnort der Eigentümer und der Wohnungseigentumsanlage groß ist. Auch darf die Verwaltung mit dem bevollmächtigten Mieter über dessen E-Mail-Account kommunizieren. Das entschied das Hamburger Landgericht in einem Berufungsverfahren (Urteil vom 15. Januar 2020, Az. 318 S 59/19).

 

Der Fall

In dem zu verhandelnden Fall verlangt ein Wohnungseigentümer von der Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft, es zu unterlassen, einen Mieter über seinen beruflichen E-Mail-Account hinsichtlich der Angelegenheiten der Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft zu informieren. In der Teilungserklärung heißt es wörtlich wie folgt: „Geht das Wohnungseigentum auf mehrere Personen über, so haben diese unter Anzeige an den Verwalter einen geeigneten Bevollmächtigten zu bestellen, der berechtigt ist, für sie Willenserklärungen und Zustellungen, die im Zusammenhang mit dem Wohnungseigentum stehen, entgegenzunehmen und abzugeben.″ In Bezug auf die Vertretung in der Wohnungseigentümerversammlung ist der Teilungserklärung folgendes geregelt: „Jeder Eigentümer kann sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht ausgestatteten Dritten vertreten lassen.″ Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Verwalterin den Mieter der Wohnungseigentümer über dessen E-Mail-Account jederzeit Informationen zukommen lassen dürfe, da eine wirksame Bevollmächtigung durch die Wohnungseigentümer der betreffenden Einheit vorliege und die Eigentümer ein nachvollziehbares und berechtigtes Interesse an einer Information ihres Bevollmächtigten hätten.

 

Die Entscheidung

Das in der Berufungsinstanz zuständige Landgericht hat sich der Auffassung des Amtsgerichts angeschlossen, so dass die von den Eigentümern eingelegte Berufung erfolglos blieb. Es sei mit Blick auf die Teilungserklärung, die grundsätzlich Möglichkeiten für die Wohnungseigentümer vorsieht, sich in wohnungseigentumsrechtlichen Angelegenheiten durch bevollmächtigte Dritte vertreten zu lassen, nicht zu beanstanden, dass die Verwalterin auf der Grundlage einer Vollmacht mit dem Mieter der Einheit als Vertreter über E-Mails in Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft korrespondiert. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn für die Wohnungseigentümer, die ihren Mieter bevollmächtigt haben, kein entsprechendes berechtigtes Interesse bestünde. Angesichts der weiten Entfernung des Wohnortes der Eigentümer zur Wohnungseigentumsanlage bestehe jedoch ein berechtigtes Interesse, sich umfassend in allen wohnungseigentumsrechtlichen Angelegenheiten vertreten zu lassen. Der bevollmächtigte Mieter, der in der Anlage wohnt, könne beispielsweise den Instandsetzungsbedarf oder eine Einhaltung der Hausordnung aus nächster Nähe deutlich besser beurteilen als der entfernt wohnende Wohnungseigentümer. Allein aus dem Umstand, dass der Bevollmächtigte zugleich Mieter ist, lasse sich jedenfalls nicht ableiten, dass er die Interessen der Wohnungseigentümer nicht sachgerecht vertreten würde oder seine Vollmacht zu Lasten anderer Wohnungseigentümer missbrauchen würde. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, mit der Verwaltung über Angelegenheiten der Gemeinschaft kommunizieren zu dürfen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Verwalterin mit dem bevollmächtigten Mieter über dessen beruflichen E-Mail-Account kommuniziere. Im vorliegenden Fall gebe es keinerlei Anhaltspunkte, dass die ausgetauschten Belange der Eigentümergemeinschaft nicht mit hinreichender Vertraulichkeit behandelt werden.

 

Landgericht Hamburg, Urteil vom 15. Januar 2020, Az. 318 S 59/19

Vorinstanz: AG Hamburg, 26.04.2019, Az. 22a C 138/18

 

 

Verwalter darf Beschluss über bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums bei einfacher Mehrheit verkünden

Gemäß § 22 Absatz 1 WEG kann ein Beschluss über eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums mit einfacher Mehrheit gefasst werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Fehlt die Zustimmung einzelner beeinträchtigter Wohnungseigentümer, ist ein dennoch verkündeter Beschluss anfechtbar, aber nicht nichtig. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 29. Mai 2020 (Az. V ZR 141/19) klargestellt.

 

Der Fall

Im konkreten Fall hatten die Wohnungseigentümer in einer Eigentümerversammlung im Jahr 2011 mit Stimmenmehrheit beschlossen, einer Teileigentümerin den Umbau ihres Einkaufzentrums im Hinblick auf die damit verbundenen baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums zu genehmigen. Der Geschäftsführer der Verwalterin verkündete den Beschluss. Ein Wohnungseigentümer, der gegen den Beschluss gestimmt hatte, reichte Anfechtungsklage ein. Nach einer übereinstimmenden Erledigungserklärung erlegte das Landgericht die Prozesskosten den beklagten Wohnungseigentümern auf, weil der Beschluss mit hoher Wahrscheinlichkeit für ungültig erklärt worden wäre. Es habe nicht die Zustimmung aller Eigentümer vorgelegen, die durch die Baumaßnahmen beeinträchtigt werden.

 

Daraufhin verlangten einige der im Verfahren unterlegenen Wohnungseigentümer von der ehemaligen Verwalterin Ersatz der im Anfechtungsverfahren entstandenen Kosten. Sie argumentierten, der Geschäftsführer der Verwalterin hätte das Zustandekommen des Beschlusses nicht verkünden dürfen.

 

Die Entscheidung

Die BGH-Richter sahen das anders. Der Beschluss, mit dem die bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums genehmigt wurde, war zwar mangels Zustimmung aller beeinträchtigten Eigentümer rechtswidrig. Gleichwohl hat der Geschäftsführer der Verwalterin bei der Verkündung des Beschlusses nicht pflichtwidrig gehandelt.

Die Verantwortung für den Inhalt gefasster Beschlüsse liegt bei den Wohnungseigentümern. Sie können das Risiko der Anfechtung bewusst eingehen. Der Verwalter ist jedoch als Versammlungsleiter verpflichtet, der Eigentümerversammlung durch umfassende Informationen eine ordnungsgemäße Grundlage für die zu treffende Entscheidung zu verschaffen. Dazu gehört die Pflicht, vor der Abstimmung über eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums nach § 22 Abs. 1 WEG auf ein bestehendes Zustimmungserfordernis hinzuweisen. Im strittigen Fall konnten die klagenden Eigentümer nicht nachweisen, dass der Verwalter seine Informations- und Hinweispflichten verletzt hatte. Entsprechend hat er nicht pflichtwidrig gehandelt, indem er den Beschluss über die bauliche Veränderung verkündet hat. 

 

Beachtung des Lärmschutzes bei Austausch des Bodenbelages

Ein Wohnungseigentümer, der in seiner Wohnung den Bodenbelag austauscht (Fliesen gegen Teppichboden), muss auf die Einhaltung der schallschutztechnischen Mindestanforderungen achten. Dies gilt auch dann, wenn die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums mangelhaft ist und ohne diesen Mangel der Trittschall den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entspräche, entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 26. Juni 2020 (Az. V ZR 173/19).

 

Der Fall

In dem konkreten Rechtsstreit sind die Parteien Mitglieder einer Wohnungseigentümer­gemeinschaft. Der Eigentümer einer Dachgeschosswohnung des im Jahr 1962 errichteten Hauses hatte im Rahmen einer Renovierungsmaßnahme den Teppichboden entfernen und stattdessen Fliesen verlegen lassen. In der darunter liegenden Wohnung wurde es daraufhin zu laut. Deren Eigentümer macht geltend, dass es seitdem in seiner Wohnung zu unzumutbaren Lärmbelästigungen durch Trittschall kommt. Ein von der Verwalterin der Eigentümergemeinschaft eingeholtes Gutachten hat ergeben, dass die Trittschalldämmung der Wohnungstrenndecke mit dem neuen Fliesenbelag nicht den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entspricht. Der Eigentümer aus der unteren Wohnung verlangt, dass in der Dachgeschosswohnung wieder ein Teppichboden oder gleichwertiger, schalldämpfender Fußbodenbelag verlegt wird. Der Wohnungseigentümer der Dachgeschosswohnung stellt sich jedoch auf den Standpunkt, dass die Gemeinschaft für die fehlerhaft konstruierte und damit mangelhafte Geschossdecke zuständig sei, da diese im Gemeinschaftseigentum stehe. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht haben dem Klagebegehren größtenteils stattgegeben.

 

Die Entscheidung

Der V. Zivilsenat des BGH hat die von dem Eigentümer der Dachgeschosswohnung eingelegte Revision zurückgewiesen. Das Gericht führt aus, dass rechtlicher Maßstab für die zwischen den Wohnungseigentümern hinsichtlich des Schallschutzes bestehenden Pflichten der § 14 Nummer 1 WEG ist. Danach ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen, wozu auch der Oberbodenbelag gehört, nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Ein solcher Nachteil sei aber dem Eigentümer der unteren Wohnung infolge des Austausches des Bodenbelags in der darüber liegenden Dachgeschosswohnung entstanden.

 

Der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu gewährende Schallschutz richtet sich nach der DIN 4109, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt wird und dabei nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen wird. Laut Bundesgerichtshof gilt das grundsätzlich auch dann, wenn die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums mangelhaft ist und der Trittschall ohne diesen Mangel den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entsprechen würde. Zwar können die betroffenen Wohnungseigentümer versuchen, wegen der Zwischendecke gegen die gesamte Gemeinschaft vorzugehen. Dies ändere jedoch nichts daran, dass der Eigentümer der Dachgeschosswohnung zunächst auf den unteren Eigentümer Rücksicht nehmen muss und dafür Sorge zu tragen hat, dass der Trittschall auch nach Austausch des Bodenbelages wieder den DIN-Normen entspricht.

Etwas anderes könne nur gelten, wenn bei einer mangelhaften Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer keine alternative Abhilfemöglichkeit hat. Im vorliegenden Fall sei es dem Eigentümer der Dachgeschosswohnung auch zumutbar und möglich, durch vergleichsweise einfache Maßnahmen wie etwa die Anbringung eines zusätzlichen Bodenbelages die Einhaltung der Mindestanforderungen an den Trittschall zu gewährleisten. Welche konkrete Maßnahme er ergreift, bleibt ihm überlassen. Aus diesem Grund kann der andere Wohnungseigentümer gemäß § 1004 BGB und § 15 Absatz 3 in Verbindung mit § 14 Nummer 1 WEG auch die Beseitigung der Beeinträchtigungen seines Wohneigentums verlangen.

 

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Juni 2020, Az. V ZR 173/19

Vorinstanzen:

LG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2019, Az. 19 S 152/18

AG Mönchengladbach, Urteil vom 28. November 2018, Az. 36 C 438/17 

 

  1. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

Bundestag beschließt WEG-Reform: Entscheidende Schritte für Wohnungseigentümer und Immobilienverwalter

Der Deutsche Bundestag hat am 17. September 2020 das novellierte Wohnungseigentums­gesetz beschlossen. Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV Deutschland) begrüßt die weitgehend ausgewogene und praxisnahe Reform. U. a. werden energetische Sanierungen und der Einbau von E-Ladestationen einfacher umgesetzt und Blockadehaltungen einzelner Eigentümer zurückgewiesen. Die Einführung eines Sachkundenachweises in Form einer Zertifizierung befürwortet der Spitzenverband der Branche. Kritisch sieht der VDIV Deutschland die jederzeitige Abberufung eines Verwalters, also auch ohne wichtigen Grund.

 

„Das nun beschlossene Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) gibt Eigentümergemeinschaften mehr Verantwortung und Pflichten. Blockadehaltungen einzelner Eigentümer werden aufgelöst und dringend notwendige Prozesse wie Sanierungen können einfacher umgesetzt werden. Das macht auch die treuhänderische Verwaltung effizienter”, so VDIV-Deutschland-Geschäftsführer Martin Kaßler.

 

Durch die Reduzierung der erforderlichen Mehrheiten für Beschlüsse zu baulichen Maßnahmen werden Sanierungen leichter möglich. „Hier wurde auf der Zielgeraden ein Kompromiss der Regierungskoalition gefunden, der die Beschlussfassung deutlich vereinfacht, aber Eigentümer auch vor finanzieller Überforderung schützen kann”, betont Martin Kaßler. So sollen bei Sanierungsmaßnahmen nur dann alle Wohnungseigentümer die Kosten tragen, wenn die bauliche Veränderung mit zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen wurde und auch nur dann, wenn die bauliche Veränderung nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Insbesondere vor dem Hintergrund der angestrebten Klimaneutralität in Wohngebäuden, aber auch im Hinblick auf die Verweigerungshaltung einiger Eigentümer, mit der sie sich nahezu jeglicher Maßnahme am Gemeinschaftseigentum verschließen, ist dies der richtige Weg.

 

Ebenfalls zu begrüßen ist, dass künftig jeder Eigentümer einen Anspruch auf den Einbau einer E-Ladestation, barrierefreie Ein- und Umbauten und Maßnahmen zum Einbruchschutz sowie eines Glasfaseranschlusses hat und dies auf eigene Kosten veranlassen kann. Davon profitieren nicht unerheblich auch Mieter.

 

Prinzipiell können Eigentümer ab dem 1. August 2024 den Nachweis einer Zertifizierung bzw. Sachkunde vom Verwalter verlangen, sofern dieser keine adäquate Ausbildung oder eine höhere Qualifikation vorweisen kann. Für die Prüfungen ist dann die örtliche Industrie- und Handelskammer (IHK) zuständig. „Wir sind erleichtert, dass CDU/CSU und SPD dies nun einführen, wertet es doch die Tätigkeit des treuhänderischen Verwalters auf. Gleich­zeitig würdigt die Regierungskoalition damit die gestiegene Verantwortung des Verwalters, die das novellierte Gesetz bereithält”, so VDIV-Deutschland-Geschäftsführer Kaßler. Der VDIV Deutschland als Spitzenverband der Branche hat sich nachweislich über viele Jahre hinweg für die Einführung eines Sachkundenachweises eingesetzt.

 

Dass die Gemeinschaft im Außenverhältnis zukünftig gerichtlich und außergerichtlich nur durch den Verwalter vertreten werden kann, wird von der großen Mehrheit der Eigentümer befürwortet. Dabei steht den Gemeinschaften künftig prinzipiell aber das Recht zu, die Befugnisse des Verwalters im Innenverhältnis einzuschränken oder zu erweitern. „Dies räumt Verwaltungen und Eigentümergemeinschaften gesetzgeberisch mehr Möglichkeiten ein, die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters zu regeln.” Dabei dürfte unstrittig sein, dass mit der Größe der Anlage der Kreis der Maßnahmen, über die der Verwalter eigenverantwortlich entscheiden kann, wachsen wird.

 

Bedauerlich ist aus Sicht des VDIV Deutschland, dass die Beschlusssammlung entgegen dem ursprünglichen Gesetzentwurf nun doch wieder aufgenommen wurde. „Die Praxis hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass dieses Instrument enormen Aufwand mit sich bringt und wenig Nutzen bereithält. Das Bereithalten einer Niederschrift der Eigentümerver­sammlung unter expliziter Hervorhebung der Beschlüsse als Legitimations- und Beweis­funktion im digitalen Format wäre für Verwalter und Wohnungseigentümer sowie Zweit­erwerber sinnvoller und effizienter gewesen”, findet Martin Kaßler. Der VDIV Deutschland begrüßt aber, dass die Ladungsfrist zur Eigentümerversammlung nicht wie geplant von zwei auf vier, sondern nun auf drei Wochen verlängert wurde. So bleiben die Flexibilität und das Reaktionsvermögen auf außergewöhnliche Ereignisse weitgehend erhalten.

 

Ebenfalls sieht das Gesetz nun die vom VDIV Deutschland geforderte weitere Erleichterung bei Umlaufbeschlüssen vor. So wurde nicht nur anstelle der umständlichen Schriftform die Textform (die auch E-Mails umfasst) eingeführt. Zudem können Wohnungseigentümer künftig beschließen, dass für einen einzelnen Beschlussgegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auch im Umlaufverfahren ausreicht. Bisher waren Beschlüsse im schriftlichen Umlaufverfahren nahezu ausgeschlossen, da immer 100 Prozent einer Gemeinschaft zustimmen mussten. Dieses Verfahren wird nun deutlich öfter zum Einsatz kommen. Denn es erleichtert schnelle Entscheidungen und spart Zeit und Geld der Eigentümer.

 

Dass die Wohnungseigentümergemeinschaft ab sofort gestärkt wird, zeigt auch die Aufwertung der Eigentümerversammlung als Willensbildungsorgan. Danach ist jede Versammlung beschlussfähig. Ferner wird auch die Online-Teilnahme an Eigentümerver­sammlungen sowie die Willensbildung im Wege elektronischer Kommunikation ermöglicht, was den Eigentümern eine größere Flexibilität gewährt, an der Versammlung teilzunehmen. Jedoch wäre es aus Sicht des VDIV Deutschland wünschenswert gewesen, der reinen Online-Eigentümerversammlung einen festen gesetzlichen Rahmen zu geben. Es ist daher empfehlenswert, die digitale Versammlung als Alternativinstrument bei Neubauvorhaben bereits in die Teilungserklärung aufzunehmen.

 

Vom Verbraucherschutzgedanken geprägt ist auch die Erstellung eines jährlichen Vermögensberichts durch den Verwalter. So erhalten Eigentümer künftig notwendige Informationen über die wirtschaftliche Lage der Wohnungseigentümergemeinschaft. Darin müssen die Aufstellung des wesentlichen (sonstigen) Gemeinschaftsvermögens sowie der Stand aller Rücklagen enthalten sein.

Kritisch sieht der VDIV Deutschland die neue Regelung, wonach der Verwalter jederzeit von seinem geschlossenen Vertrag entbunden werden kann. Bisher konnte die Abberufung nur aus wichtigem Grund erfolgen. „Wir sehen hier keine Probleme bei einem lang­jährigen Vertrauensverhältnis zwischen Verwalter und Eigentümergemeinschaft. Bei einer Neubestellung des Verwalters ist dieser jedoch gut beraten, sich dieses Risiko der täglichen Kündigung honorieren zu lassen. Der Aufwand zur Übernahme einer neuen Gemeinschaft ist enorm. Allein die Einbindung in die Prozessstrukturen der Verwaltung sowie die Bereitstellung neuer digitaler Kommunikationstools ist für den Verwalter mit Kosten verbunden. Andererseits können es Gemeinschaften zukünftig schwerer haben, einen professionellen Verwalter zu finden, wenn öffentlich wird, dass Vorverwaltungen aus einer Laune der Eigentümer heraus gekündigt wurden”, so VDIV-Deutschland-Geschäftsführer Martin Kaßler.

 

Insgesamt festigt das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz Rechte und Pflichten der Gemeinschaft, die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergeben. Im Rechtsverkehr wird die Gemeinschaft fortan nur noch durch den Verwalter vertreten, was mehr Rechtssicherheit für Eigentümer aber auch für externe Dienstleister bringen wird.

 

Das Gesetz tritt spätestens am 1. Dezember 2020 in Kraft.

 

Bundeskabinett beschließt Zensus-Verschiebung

Nachdem das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat nach nachdrücklichen Appellen des VDIV Deutschland im Juli angekündigt hatte, den Zensus auf 2022 zu verlegen, hat nun die Bundesregierung der Verschiebung zugestimmt. Laut Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Zensus-Gesetzes soll die geplante Volkszählung nun am 15. Mai 2022 stattfinden.

 

Als Grund nennt der Gesetzentwurf zur Änderung des Zensus-Gesetzes, dass wegen der Corona-Pandemie die Vorbereitungsarbeiten für den Zensus 2021 nicht wie geplant erledigt werden könnten. Der Beschluss des Kabinetts vom 2. September bedarf noch der Zustimmung des Bundestages. Auch der Bundesrat befasst sich noch mit der Verschiebung.

 

 

Volksbegehren „Sechs Jahre Mietenstopp“ vorm Bundesverfassungsgericht

Nachdem der Bayerische Verfassungsgerichtshof am 16. Juli die Klage auf Zulassung des Volksbegehrens „Sechs Jahre Mietenstopp“ abgewiesen hatte, haben die Initiatoren Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht. Der Streit geht nun auf höchstrichterlicher Ebene weiter.

 

Das im Juli erlassene Urteil hatte das Volksbegehren gestoppt. Mit der Beschwerde vor Deutschlands höchstem Gericht wollen die Initiatoren nun erreichen, dass das Urteil aufgehoben wird – das Landesverfassungsgericht müsste dann erneut über die Zulassung des Volksbegehrens entscheiden. Zudem soll so erreicht werden, dass das bayerische Innenministerium das Verfahren auf dem aktuellen Stand einfriert, wodurch die rund 35.000 eingereichten Unterschriften erhalten bleiben und der Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens bis zur Entscheidung als eingereicht gilt.

 

Im Rahmen von „Sechs Jahre Mietenstopp“ sollten die bayerischen Bürger über einen Gesetzentwurf zur Begrenzung der Miethöhe abstimmen können, der bei laufenden Mietverträgen Mieterhöhungen für die kommenden sechs Jahre ausschließt. Bei Neuvermietungen sollte maximal die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt werden dürfen. Laut Volksbegehren soll der Mietenstopp in den 162 bayerischen Kommunen gelten, die laut einer Verordnung der Staatsregierung von Wohnungsmangel betroffen sind.

 

Das bayerische Innenministerium hatte das Volksbegehren nicht zugelassen und die Sache dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung übergeben. Das Innenministerium und nun auch das Gericht argumentierten, der Bund habe im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung bereits abschließende Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch getroffen. Insoweit bleibe kein Raum für die Festsetzung eigener landesgesetzlicher Mietpreisgrenzen. Es dürften weder weitergehende noch andere Regelungen geschaffen werden. Nach Auffassung der Initiatoren des Volksbegehrens hätte das Gesetz nicht das Mietrecht geändert, sondern das Wohnungswesen geregelt. Seit der Föderalismusreform seien dafür allein die Länder zuständig.

 

                              

Deutscher Städtetag warnt vor Flickenteppich bei Grundsteuerreform

Angesichts der laufenden Reform der Grundsteuer rät der Deutsche Städtetag zu einheitlichen Bestimmungen in den Bundesländern. So werde „sichergestellt, dass die Bundesländer nicht in einen unfairen Steuerwettbewerb über die Bewertung von Grund­stücken eintreten″. Ein Flickenteppich führe zudem zu steigenden IT-Kosten der Steuer­verwaltung. Der Deutsche Städtetag präferiert das Bundesmodell. Dieses berücksichtigt bei der Berechnung der Grundsteuer die Faktoren Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und Gebäudealter. Die weiterhin bestehende Wertabhängigkeit hatten verschiedene Bundesländer abgelehnt, woraufhin eine Öffnungsklausel aufgenommen wurde, die ihnen eigene Regelungen erlaubt.

Von dieser wollen zahlreiche Bundesländer Gebrauch machen. In Baden-Württemberg soll sich die Steuer größtenteils nach dem Bodenwert richten, Hessen plant ein Flächenmodell in Kombination mit einem Lagefaktor, ähnliches sieht Niedersachsen vor. Bayern stellt ausschließlich auf die Fläche von Grundstücken und Wohnungen ab, Sachsens eigene Regelung ähnelt dem Bundesmodell. Laut Deutschem Städtetag erschweren stark unterschiedliche Grundsteuergesetze die Entwicklung gemeinsamer IT-Programme für die Steuerverwaltungen der einzelnen Länder.

 

 

LG Berlin zum Mietendeckel: Verbot rückwirkender Mieterhöhungen unwirksam

Die sogenannte Stichtagsregelung des Berliner Mietendeckels verbietet Mieterhöhungen rückwirkend zum 18. Juni 2019. Diese Regelung ist laut Berliner Landgericht unwirksam, da das Mietendeckel-Gesetz erst am 23. Februar 2020 in Kraft getreten ist (Az.: 66 S 95/20). Somit sind Mieterhöhungen bis zu diesem Stichtag rechtens.

 

Laut LG Berlin stelle zwar der im Gesetz genannte Stichtag einen materiell maßgeblichen Bezugspunkt für die Ermittlung der absolut zulässigen Miethöhe dar. Das ändere aber nichts daran, dass das gesetzliche Verbot höherer Mieten zum Stichtag am 18. Juni 2019 noch nicht existiert habe, sondern erst ab dem 23. Februar 2020 gelte. Daher sei eine höhere Miete als die am Stichtag vereinbarte bzw. geltende Miete erst ab dem März 2020 für den monatlich zu zahlenden Mietzins verboten.

 

Die Verfassungsmäßigkeit des Mietendeckels stellen die Richter in ihrem Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, allerdings nicht in Frage. Das letzte Wort hat nun das Bundesverfassungsgericht. Derzeit sind Normenkontrollklagen gegen das Gesetz vor dem Berliner Verfassungsgericht und dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig.

 

Linken-Politikerin Katrin Lompscher, die in ihrer Funktion als Bausenatorin den Mietendeckel umsetzte, ist derweil von ihrem Amt zurückgetreten. Sie hatte es über Jahre versäumt, Vergütungen für Aufsichtsratsposten in landeseigenen Unternehmen an die Landeskasse zurückzuzahlen und zu versteuern. Neben dem Mietendeckel stand sie auch wegen zu geringer Neubautätigkeit in Berlin in der Kritik.

 

 

GEG tritt am 1. November 2020 in Kraft

Am 13. August hat das » Bundesgesetzblatt das Gesetz zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude (Gebäudeenergiegesetz, GEG) verkündet. Nach jahrelangen Diskussionen tritt es nun zum 1. November 2020 in Kraft. Das Gesetz führt Energieeinsparverordnung (EnEV), Energieeinspargesetz (EnEG) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zu einem einheitlichen, aufeinander abgestimmten Regelwerk zusammen.

 

Zusammen mit dem GEG wurden auch die Abstandsregelung für Windanlagen im Baugesetzbuch und die Aufhebung des Photovoltaik-Deckels im EEG beschlossen. Das GEG wurde am 18. Juni vom Bundestag beschlossen und am 3. Juli vom Bundesrat abgesegnet. Ziel des Gebäudeenergiegesetzes ist, den Primärenergiebedarf von Gebäuden gering zu halten. Dazu werden einheitliche energetische Anforderungen an die Anlagetechnik und den baulichen Wärmeschutz von Neubauten und Bestandsgebäuden definiert. Der verbleibende Energiebedarf zur Wärme- und Kälteversorgung soll zunehmend durch erneuerbare Energien gedeckt werden.

Das Gesetz beinhaltet keine höheren energetischen Anforderungen an Neubauten und Bestandsgebäude. Letztere sollen 2023 erneut unter die Lupe genommen werden. Neu ist eine sogenannte Innovationsklausel: Danach muss nicht jedes einzelne Gebäude die Anforderungen erfüllen. Vielmehr wird ein Quartier als Gesamtheit betrachtet.

Darüber hinaus setzt das GEG setzt das im Klimapaket vorgesehene Einbauverbot von Ölheizungen ab dem Jahr 2026 um. Gas- und Ölheizungen, die 1991 oder später eingebaut oder aufgestellt wurden, dürfen höchstens 30 Jahre lang betrieben werden. Ausnahmen gelten, wenn ein Haus weder mit Gas noch mit Fernwärme versorgt werden kann und die Heizung auch nicht aus erneuerbaren Energien betrieben werden kann. Hybridlösungen sollen auch noch nach 2026 möglich sein. Wer seine alte Ölheizung durch ein klimafreundlicheres Modell ersetzen lässt, wird mit einer Austauschprämie unterstützt.

 

 

  1. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

 

Haftungsrisiken bei Einbau und Nutzung von Ladeinfrastruktur

Für E-Mobile können sogenannte „Wallbox-Versicherungen″ Lücken in der Kasko-Versicherung schließen. Generell gelten für Elektrofahrzeuge aber keine anderen Haftungstatbestände als bei Verbrennern, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (» 19/21295) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion zu Haftungsrisiken beim Einbau und der Nutzung von Ladeinfrastruktur. Für Schäden, die „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ auftreten, hafte oftmals der Kraftfahrzeughalter – auch ohne Verschulden. Dies gelte auch für den Ladevorgang und daraus resultierende Schäden, etwa Hausbrände. Wurde eine fehlerhafte Ladestation ausgeliefert, komme aber auch eine Produkthaftung des Herstellers der Ladesäule in Betracht.

 

Um die Mobilitätswende weiter voranzubringen, sieht die Bundesregierung im Bereich der Ladeinfrastruktur noch weiteren Reformbedarf. Sie nennt hier die Ladesäulenverordnung, die Abrechnung der EEG-Umlage, die Anrechnung von erneuerbarem Ladestrom im Rahmen der Eneuerbare-EnergienRichtlinie RED II, eventuelle Anpassungen der Stellplatzverordnungen bzw. -satzungen der Länder, das Baugesetzbuch und das Energiewirtschaftsgesetz für netzdienliches Laden. Die entsprechenden Änderungen seien derzeit in der Prüfung oder als Entwurf im Gesetzgebungsverfahren.

 

40 Prozent weniger CO2 im Gebäudesektor seit 1990

In 30 Jahren soll Deutschland klimaneutral sein. Hierfür muss der Immobiliensektor aus Sicht der Bundesregierung einen essentiellen Beitrag leisten. Der „Klimaschutzbericht 2019“ zeigt, dass die im Gebäudesektor ausgestoßenen Treibhausgasemissionen zwischen 2018 und 2019 witterungsbedingt zwar um 4,4 Prozent angestiegen sind, insgesamt aber haben sie sich seit 1990 um 85 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente und damit um rund 40 Prozent reduziert. Allerdings hat sich die Minderungsdynamik in den vergangenen Jahren abgeschwächt. 

 

Der Gebäudesektor erzielt laut jüngst vom Bundeskabinett beschlossenen Klimaschutzbericht den drittgrößten Minderungsbetrag. Den größten Beitrag leistete mit Abstand die Energiewirtschaft, die eine absolute Minderung um 167 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten verzeichnete, was einer Reduktion um gut 36 Prozent entspricht. Auf Platz zwei folgt die Industrie. Hier gingen die jährlichen energie- und prozessbedingten Emissionen bis zum Jahr 2020 um knapp 109 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente bzw. knapp 39 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zurück.

 

Der starke Rückgang im Immobilienbereich sei insbesondere auf energetische Sanierungsmaßnahmen und den Austausch von alten Heizungsanlagen zurückzuführen. Dementsprechend gehe insbesondere der Heizölverbrauch zurück, während erneuerbare Energien und Fernwärme absolut steigen. Im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung, die hier einen wichtigen Beitrag leiste, sei die für 2020 gesteckte Zielmarke bereits vor vier Jahren erreicht worden.

 

 

Steigende Kosten für Heizöl zu erwarten

Ab Januar 2021 ist mit deutlich steigenden Heizölpreisen zu rechnen. Käufer sollten daher noch vor dem Jahreswechsel aktiv werden, um von Einspareffekten zu profitieren. Zum einen gilt noch bis zum 31. Dezember 2020 der vergünstigte Mehrwertsteuersatz. Zum anderen macht der ab dem kommenden Jahr geltende CO2-Preis, den Bund und Länder beschlossen haben, Heizöl deutlich teurer.

 

Ab dem 1. Januar 2021 gilt im Rahmen des nationalen Emissionshandels ein fester CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne fossile Brennstoffe. Das entspricht 8 Cent pro Liter Heizöl. Der Einstiegspreis wird jährlich schrittweise gesteigert, bis 2025 auf 55 Euro. Ab 2026 wird der Zertifikatepreis dann durch Versteigerungen ermittelt. Für 2026 ist ein Preiskorridor von 55 Euro bis 65 Euro pro Tonne CO2 vorgegeben.

 

 

Nachfrage nach Förderprogrammen für Investitionen in energieeffizientes Bauen und Sanieren anhaltend hoch

Im ersten Halbjahr 2020 wurden in den Bundesprogrammen zum energieeffizienten Bauen und Sanieren Kredite und Zuschüsse in Höhe von insgesamt 14,5 Milliarden Euro zugesagt. Damit konnten Investitionen in mehr als 215.000 Wohneinheiten sowie in gewerbliche und kommunale Gebäude finanziert und CO2-Emissionen in Höhe von über 400.000 Tonnen vermieden werden. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutet das eine Steigerung um rund 165 Prozent, so die gemeinsame Bilanz von Bundeswirtschaftsministerium, Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

 

Mit mehr als 180 Prozent fiel der Anstieg bei den KfW-Fördermitteln im Segment privates Bauen überdurchschnittlich hoch aus. Diese Quote wurde vom Marktanreizprogramm für Wärme aus erneuerbaren Energien sogar noch übertroffen: Das für die Umsetzung zuständige BAFA verzeichnete ein Plus von mehr als 190 Prozent. Im ersten Halbjahr 2020 sind rund 110.000 Förderanträge für Heizungen auf Basis erneuerbaren Energien eingegangen. In etwa der Hälfte der Fälle wurde die neu eingeführte Austauschprämie für Ölheizungen mitbeantragt. Ein wesentlicher Grund für den starken Anstieg der Förderzahlen sind die zu Jahresanfang vorgenommenen deutlichen Programm­verbesserungen. Mit ihnen wurden zentrale Beschlüsse des Klimakabinetts umgesetzt.

 

 

 

  1. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

 

Preise für Wohnimmobilien steigen bis 2030 weiter an

Die Preise für Wohnimmobilien werden laut einer Analyse des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) auch in den nächsten zehn Jahren vielerorts weiter steigen. Demnach können Wohnungsbesitzer in mehr als der Hälfte der 401 deutschen Kreise und Städte damit rechnen, dass ihre Immobilie bis mindestens 2030 real an Wert gewinnt. Während für den Süden Preissteigerungen erwartet werden, prognostiziert das HWWI für den Osten Verluste.

 

Am stärksten werden laut HWWI-Analyse die Preise in bayerischen Landkreisen rund um München steigen, darunter Ebersberg, Landsberg am Lech, Erding, Dachau und Starnberg. Auch für München selbst wird noch ein jährlicher Anstieg um 1,7 Prozent pro Jahr erwartet. In vielen ländlichen Regionen im Osten dagegen prognostiziert das HWWI Preisstillstand oder -rückgänge.

 

„Außerhalb Bayerns weist der Landkreis Cloppenburg kräftige jährliche Steigerungsraten von plus zwei Prozent auf", heißt es in der Analyse. Zudem seien jährliche Preissteigerun­gen von mehr als einem Prozent in den Großstädten Heilbronn, Potsdam, Leipzig, Freiburg im Breisgau, Münster, Dresden, Ingolstadt und Mainz zu erwarten. Da die größeren Metropolen und Ballungsräume auch weiterhin wachsen würden, werde die Nachfrage nach Wohnraum hoch bleiben. Für Düsseldorf prognostizieren die Analysten ein durchschnitt­liches jährliches Preiswachstum von 1,2 Prozent, für Köln von 1,1 Prozent. Für Berlin und Hamburg werden jeweils rund ein Prozent erwartet, für Frankfurt nur noch 0,8 Prozent.

 

Das HWWI legte für die Analyse die demografische Entwicklung und wichtige Wirtschaftsdaten zugrunde. Zwar wurden die Daten für die Berechnungen vor der Corona-Pandemie erhoben. Laut Postbank, die die Studie in Auftrag gegeben hat, dürfte die Prognose aber weitgehend stabil sein.

 

 

Wohneigentum kann vor Altersarmut schützen

Altersarmut ist vor allem Mieterarmut. So lautet das Ergebnis einer Studie des Pestel-Instituts Hannover im Auftrag des „Verbändebündnis Wohneigentum“. Zum einen ist die Wohnkostenbelastung in den vergangenen 20 Jahren bei Mieterhaushalten besonders stark angestiegen und ist mehr als doppelt so hoch wie in Eigentümerhaushalten. Zum anderen ist die Sparquote unmittelbar nach der Wohneigentumsbildung deutlich höher als in Mieterhaushalten.

 

Allerdings sinkt die Wohneigentumsquote seit Jahren. So besaßen 2018 lediglich 44 Prozent der Deutschen Wohneigentum – 2010 waren es noch 1,3 Prozentpunkte mehr. Insbesondere bei den 25- bis 40-jährigen ist laut der Studie die Zahl der Wohnungsbesitzer seit dem Jahr 2002 stark rückläufig. Dabei gäbe es in dieser Altersgruppe rund 4,1 Millionen Mieterhaushalte, die potenziell Wohneigentum bilden könnten. Auch bei den geburtenstarken Jahrgängen der jetzt 40- bis 60-Jährigen bestünden bei 3,1 Millionen Haushalten realistische Chancen zur Eigentumsbildung.

 

Da Wohneigentum von der Bevölkerung gewünscht wird und Altersarmut vor allem ein Mieterproblem ist, erscheint die Erhöhung der Wohneigentumsquote gerade bei Haushalten mit mittleren bis niedrigen Einkommen ein sinnvolles Ziel, das auch den Einsatz von Fördermitteln rechtfertigt, heißt es in der Studie. Mit Blick auf das „Eigenkapitalproblem“ wäre die Umsetzung des im Koalitionsvertrag verankerten Bürgschaftsprogramms ein wichtiger Schritt zu mehr Wohneigentum.

 

Sehr geehrte Verwaltungsbeiräte,
liebe Leserinnen und Leser,

ein ereignisreicher und hoffentlich für Sie erholsamer Sommer geht zu Ende. Wie Sie sicher bemerkt haben, waren die vergangenen Monate nicht arm an Ereignissen, weder politisch noch in Bezug auf die Immobilienwirtschaft. Denken Sie nur an die Suche der SPD nach einer neuen Führung oder die Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen. Auch die Diskussionen um einen möglichen Mietendeckel oder eine Abwrackprämie für Ölheizungen sorgten für Gesprächsstoff.

Die Politik hat die Zeit aber auch dafür genutzt, einige wichtige Dinge auf den Weg zu bringen. So haben sich CDU/CSU und SPD endlich grundlegend über die Neuregelung der Grundsteuer geeinigt. Ein großer Streitpunkt im Vorfeld war dabei die Forderung nach einer Öffnungsklausel für abweichende Berechnungsmodelle für die Bundesländer. Darauf haben sich die Regierungsparteien nun verständigt. Um die Grundsteuer endgültig neu zu regeln, ist aber eine Änderung des Grundgesetzes notwendig. Dieser müssen Bundestag und Bundesrat mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll bis Jahresende abschließend beraten werden.

Erfreulich ist auch, dass die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur WEG-Reform ihren Abschlussbericht vorgelegt hat. Er fasst Vorschläge zusammen und erläutert, wie das Gesetz praxisnah geändert werden könnte. Darin wird auch eine größere Flexibilität bei den Verwaltungsbeiräten vorgeschlagen, beispielsweise bei deren Mietgliederzahl. Auch zur Amtszeit von Verwaltungsbeiräten hat sich die Arbeitsgruppe positioniert. Bis zum Jahresende soll nun auf der Basis des Berichts ein Referentenentwurf erstellt werden.

Diese und weitere Nachrichten finden Sie in der neuen Ausgabe unseres Beirats-Newsletters. Wir haben wieder Informationen rund um die Themen Wohnen, Kaufen, Mieten und Verwalten sowie aktuelle Urteile des Bundesgerichtshofs zum Wohnungseigentums- und Mietrecht für Sie zusammengestellt. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.

Ihre Immobilienverwaltung

Die Hausverwaltung Claudia Thelen

 

Vorbemerkungen:

Der DDIV-Beirats-Newsletter ist ein Angebot für Immobilienverwaltungen, um ihre Beiräte und Eigentümer noch umfassender über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Die Auswahl der jeweiligen Inhalte ist freiwillig und unterliegt allein der Hausverwaltung. Der Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV) und Die Hausverwaltung Claudia Thelen übernimmt keine Haftung für die abgedruckten Inhalte. 

 

 

VDIV-Beiratsnewsletter

Ausgabe 3/2019

 

 

Inhalt

 

  1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht

 

  1. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

 

  1. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

 

  1. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

 

  1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht

Klagerücknahme sofort dem Verwalter mitteilen!

Anfechtungsklagen werden in aller Regel dem Verwalter zugestellt. Nimmt ein Anfechtungskläger seine Klage zeitnah zurück, sollte er dies sofort dem Verwalter mitteilen, damit dieser keinen Rechtsanwalt für die Beklagten mehr beauftragt oder ein erteiltes Mandat stoppt.

Mit Beschluss vom 23. Mai 2019 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZB 196/17 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass die den beklagten Wohnungseigentümern entstandenen Rechtsanwaltsgebühren ausnahmsweise auch dann vom Anfechtungskläger zu erstatten sein können, wenn dieser seine Klage vor Einschaltung des Beklagtenanwalts längst zurückgenommen hatte, Verwalter und Beklagtenseite das aber nicht rechtzeitig erfuhren.

Der Fall

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Baden-Württemberg. Der Kläger hatte gegen die Beschlussfassung einer Eigentümerversammlung Anfechtungsklage erhoben. Die Klage reichte er am 3. Juni 2016 bei Gericht ein. Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2016 (Freitag) nahm der Kläger die Klage zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Amtsgericht die Zustellung der Klage nebst Fristsetzung und Terminverfügung an den Verwalter bereits veranlasst. Die Zustellung erfolgte tags darauf, am Samstag, 9. Juli 2016, durch Einwurf in den Briefkasten des Verwalters. Dieser beauftragte gleich am Montag, 11. Juli 2016, einen Rechtsanwalt mit der Beschlussverteidigung.

Der Rechtsanwalt bestellte sich mit Schriftsatz vom selben Tage, der am Mittwoch, 13. Juli 2016, beim Amtsgericht eintraf. Tags darauf, am 14. Juli 2016, wurde dem Verwalter vom Gericht der Klagerücknahmeschriftsatz zugestellt. Mit Beschluss vom 2. August 2016 legte das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auf. Die Beklagtenseite beantragte Festsetzung ihrer Rechtsanwaltskosten, namentlich eine reduzierte 0,8 Verfahrensgebühr und die 2,0 Erhöhungsgebühr für die Mehrfachvertretung der übrigen Wohnungseigentümer auf Beklagtenseite. Dem Kostenfestsetzungsantrag wurde stattgegeben, die Rechtsmittel des Klägers scheiterten in allen Instanzen.

Die Entscheidung

Der BGH bestätigt die Festsetzung der Anwaltsgebühren auf Beklagtenseite. Zwar sei bei rein objektiver Betrachtung die Beauftragung des Beklagtenrechtsanwalts durch den Verwalter nicht mehr erforderlich gewesen, da im Zeitpunkt der Anwaltsmandatierung die Anfechtungsklage zurückgenommen gewesen und der angefochtene Beschluss mithin bestandskräftig geworden sei. Indes komme es nicht auf eine rein objektive Betrachtung an, sondern darauf, ob der Verwalter sich im Zeitpunkt der Anwaltsbeauftragung in einer ihm nicht vorwerfbaren Unkenntnis von der

Klagrücknahme befunden habe. Im vorliegenden Fall sei dem WEG-Verwalter kein Vorwurf zu machen. Der Rücknahmeschriftsatz sei ihm erst nach der Mandatierung zugestellt worden. Vorher habe der Verwalter keine Kenntnis gehabt oder hätte haben müssen.

Der Höhe nach sei die Kostenfestsetzung ebenfalls nicht zu beanstanden. Da der Beklagtenanwalt mehr als 7 Wohnungseigentümer vertreten habe, stehe ihm die volle Mehrfachvertretungsgebühr nach Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) zu. Die einzige Gebührenreduzierung trete dadurch ein, dass der Beklagtenanwalt nicht die volle Verfahrensgebühr von 1,3 erhalte (Nr. 3100 VV RVG), sondern die reduzierte Verfahrensgebühr von 0,8 (Nr. 3101 VV RVG).

Fazit für den Verwalter

Nach Zustellung einer Anfechtungsklage bei ihm ist der Verwalter „von Amts wegen“, also kraft seiner gesetzlichen Vertretungsmacht, befugt und ermächtigt, einen geeigneten Rechtsanwalt mit der Vertretung der Beklagten im Anfechtungsprozess zu beauftragen. Einer rechtsgeschäftlichen Ermächtigung, z.B. durch Beschluss oder Regelung im Verwaltervertrag, bedarf es nicht. Unabhängig davon steht es jedem beklagten Wohnungseigentümer frei, im eigenen Namen und auf eigene Kosten einen eigenen Rechtsanwalt zu beauftragen. Diesen muss er indes grundsätzlich selbst bezahlen, sofern nicht aufgrund des Streitgegenstandes der Klage ein konkreter Interessenkonflikt vorliegt, der es rechtfertigt, einen zweiten (eigenen) Rechtsanwalt auf Beklagtenseite einzuschalten. Grundsätzlich bleibt es aber dabei, dass der vom Verwalter mandatierte Rechtsanwalt die vollen Gebühren einstreicht. Im Einzelfall kann es sich für den neutralen Verwalter anbieten, einen Eigentümer, der einen eigenen Rechtsanwalt beauftragen möchte, auf dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis hinzuweisen.

Erfährt der Verwalter vor Anwaltsbeauftragung von der Rücknahme der Klage, darf er den Beklagtenanwalt nicht mehr mandatieren. Dies wäre mutwillig. Entstehende Rechtsanwaltskosten müsste der Anfechtungskläger dann nicht bezahlen. Im vorliegenden Fall hatte es die Klägerseite offenkundig versäumt, den Verwalter sogleich über die Klagrücknahme in Kenntnis zu setzen, also bösgläubig zu machen. Dieses Versäumnis geht zu Lasten des Anfechtungsklägers bzw. seines Anwalts.

Dr. Jan-Hendrik Schmidt

W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwälte PartmbB Hamburg
www.wir-breiholdt.de

 

BGH zur Verwalterbestellung: Was der Versammlungsleiter zum Abstimmungsmodus bei mehreren Kandidaten beachten muss!

Gibt es mehrere Bewerber für das Amt des Verwalters, muss über jeden Kandidaten abgestimmt werden, sofern nicht einer die absolute Mehrheit erreicht und die Wohnungseigentümer nach dem vom Versammlungsleiter festgelegten Abstimmungsmodus nur eine Ja-Stimme abgeben dürfen. Hiermit trifft der Bundesgerichtshof (BGH) eine wichtige Aussage zum Zähl- und Abstimmungsverfahren, die nicht nur bei der Beschlussfassung über die Verwalterbestellung mit mehr als einem Bewerber gilt, sondern auch darüber hinaus (z.B. Abstimmung über verschiedene Instandsetzungsvarianten) zu beachten ist.

Mit Urteil vom 18. Januar 2019 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 324/17 stärkt der BGH die Rolle des Versammlungsleiters. In aller Regel ist dies der bestellte Verwalter (siehe § 24 Abs. 5 Wohnungseigentumsgesetz [WEG]). Zugleich zeigt sich, dass der Verwalter, wenn er über die neue Amtsbesetzung abstimmen lässt und mehrere Verwalterkandidaten zur Wahl stehen, neutral agieren muss. Ein fehlerhafter verfrühter Abbruch des Wahlvorgangs stellt einen Anfechtungsgrund dar.

Der Fall

Die Parteien der Anfechtungsklage bilden eine Wohnungseigentümergemein-schaft in Leipzig. Abgestimmt wird laut Gemeinschaftsordnung (GO) nach dem Verhältnis der Größe der Miteigentumsanteile (MEA), d.h. nach dem sog. Wertprinzip. In § 6 Abs. 7 Satz 1 GO ist vereinbart, dass Stimmenthaltungen als nicht abgegebene Stimmen gelten. Laut Satz 2 werden sie ebenso wie die Stimmen nicht anwesender oder nicht vertretener Wohnungseigentümer bei der Feststellung der Stimmenmehrheit nicht mitgerechnet. In der Versammlung vom 10.11.2016 waren Eigentümer mit insgesamt 935,35/1.000 MEA persönlich anwesend oder durch Vollmacht vertreten. Unter Tagesordnungspunkt (TOP) 1 wurde über die Bestellung eines Verwalters ab 1.1.2017 beschlossen. Neben der amtierenden Verwalterin (Beschlussvorschlag 1) gab es 3 weitere Bewerber (Beschlussvorschläge zu 2-4). Bei der Abstimmung über den Beschlussvorschlag 1 entfielen auf die Ja-Stimmen 463,40/1.000 MEA, auf die Nein-Stimmen 382,25/1.000 MEA sowie 89,70/1.000 MEA auf Enthaltungen. Der Versammlungsleiter – dem Urteil lässt sich nicht entnehmen, ob dies der amtierende Verwalter oder ein Wohnungseigentümer war – stellte daraufhin fest, dass die bisherige Verwalterin wiedergewählt sei und es daher keiner weiteren Abstimmungen mehr bedürfe. Der Versammlungsleiter stand offenbar auf dem Standpunkt, dass 463.40/845,65 MEA die ausreichende Mehrheit darstellten, da die 89,70/1.000 MEA Enthaltungen gemäß § 6 Abs. 7 GO nicht in die Stimmauszählung einzubeziehen gewesen seien, Bezugsgröße also nicht 935,35 MEA waren, sondern 845,65 (Summe der MEA der Ja- und Nein-Stimmen).

Die Anfechtungskläger halten diese Zählweise und das Beschlussergebnis für ungültig. Das Amtsgericht Leipzig gab ihrer Klage statt, die Berufung der beklagten übrigen Wohnungseigentümer wies das Landgericht Dresden zurück, allerdings unter Zulassung der Revision.

Die Entscheidung

Die Revision hat keinen Erfolg. Der (Wieder-)Bestellungsbeschluss sei – so der BGH – zu Recht für ungültig erklärt worden, da die Beschlussfassung wegen eines fehlerhaft praktizierten Abstimmungsverfahrens den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung widersprochen habe. Zwar sei es Sache des Versammlungsleiters, das Abstimmungsverfahren festzulegen, sofern durch die GO oder einen Geschäftsordnungsbeschluss keine anderweitige Festlegung erfolgt sei. Demnach könne und dürfe der Versammlungsleiter nach pflichtgemäßem Ermessen den Abstimmungsmodus, insbesondere die Reihenfolge der Abstimmungsfragen, festlegen. Innerhalb dieses Ermessens könne und dürfe er auch bestimmen, welches Wahlverfahren durchgeführt wird, wenn es mehrere Bewerber um ein Amt gibt. In Betracht komme etwa, dass jeder Eigentümer bei einer nacheinander erfolgenden Abstimmung über die einzelnen Bewerber nur eine Ja-Stimme vergeben darf. Ebenso möglich sei allerdings auch, dass jeder Eigentümer bei jedem Wahlgang von seinem Stimmrecht unabhängig von seiner sonstigen Stimmabgabe Gebrauch machen dürfe, im vorliegenden Fall also bei vier Kandidaten insgesamt vier Ja-Stimmen habe. Im hier entschiedenen Fall konnte der BGH offenlassen, welches Abstimmungsverfahren der Versammlungsleiter tatsächlich festgelegt habe (Rn 12 der Urteilsgründe). Denn in allen denkbaren Fällen sei die erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustande gekommen. Denn der bisherige Verwalter habe in dem einzigen durchgeführten Wahlgang nur die relative Mehrheit der Stimmen erreicht, nicht aber die absolute Mehrheit, die es gestattet hätte, die Wahl vorzeitig zu beenden. Sollte es nach dem festgelegten Abstimmungsverfahren so gewesen sein, dass jeder Eigentümer nur eine Ja-Stimme abgeben durfte, hätte der Amtsinhaber nur 463,40/935,35 MEA auf sich vereint, so dass die Nein-Stimmen und Enthaltungen (zusammen 471,95/935,35 MEA) einem der anderen drei Kandidaten zum Wahlsieg hätten verhelfen können. Sollten hingegen jedem Eigentümer vier Ja-Stimmen zugestanden haben, gälte nichts anderes. Theoretisch hätte dann ein anderer Kandidat sogar 100% der Stimmen (935,35/935,35 MEA) auf sich vereinen können.

Fazit für den Verwalter

Es war fehlerhaft, die Enthaltungen auszuklammern. Die absolute Stimmenmehrheit war demnach auf 935,35 MEA zu beziehen und nicht nur auf 845,65 MEA. Die absolute Mehrheit wäre bei 467,70 MEA (über ½ von 935,35 MEA) erreicht gewesen. 463,40/935,35 MEA waren zu wenig.

Der Versammlungsleiter muss das Abstimmungsverfahren vor Beginn der Abstimmung klar und eindeutig festlegen. Dies tut er nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei es sein kann, dass die GO eine Regelung trifft oder durch Geschäftsordnungsbeschluss eine spezielle Verfahrensweise bestimmt wird.

Darf nach dem angeordneten Abstimmungsverfahren jeder Eigentümer nur eine Ja-Stimme abgeben, muss der Versammlungsleiter Acht geben. Ist eine abgegebene Ja-Stimme „aufgebraucht“, darf derselbe Eigentümer kein zweites Mal mit Ja stimmen. Bei Geltung des Wertprinzips kann dies mühevoll sein, insbesondere wenn geheim abgestimmt wird, was bei Personalwahlen (Amtsbesetzung) öfters vorkommt.

Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwälte PartmbB Hamburg
www.wir-breiholdt.de

 

Ablehnung von Mängelbeseitigung führt zur Unzulässigkeit der Mietminderung

Lässt ein Mieter die durch den Vermieter oder einen beauftragten Handwerker angebotene Mängelbeseitigung nicht zu, ist ab diesem Zeitpunkt ein Einbehalten von Teilen der Miete unzulässig. Zurückbehaltene Beträge sind nachzuzahlen.

Der Fall

Seit dem Jahr 1998 sind die Beklagten Mieter einer Wohnung mit wechselnden Vermietern. Im Zeitraum der Jahre 2003 bis 2012 wurde den Mietern aufgrund unterschiedlicher Mängel in der Wohnung eine Mietminderung zwischen zehn und 35 Prozent gerichtlich zugesprochen. Nach dem Jahr 2012 beriefen sich die Mieter wegen weiterer Mängel auf das Leistungsverweigerungsrecht und behielten bis zur Beseitigung der Schäden weiterhin Teile der Miete ein. Zum Ende des Jahres 2015 sprach die Klägerin und aktuell im Grundbuch eingetragene Eigentümerin die Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund des Zahlungsverzuges aus. Zusätzlich wurde die Räumung der Wohnung beantragt.

Die Mieter nahmen hierzu Stellung und erklärten, dass sie aufgrund der Beweiserhebung in einem noch nicht beendeten Berufungsverfahren mit einem früheren Eigentümer zu einer Duldung der Mängelbeseitigung nicht verpflichtet seien. Die Beseitigung der Mängel würde einer Vernichtung von Beweismitteln entsprechen. In der mündlichen Verhandlung vor dem zuständigen Amtsgericht bekräftigten die Mieter ihre Erklärung und ergänzten, dass die Mängel besichtigt werden können. Eine Beseitigung sei aber nur mit der Zustimmung des vorherigen Eigentümers möglich, der zugleich Klagepartei im anderen Verfahren ist.

Die Vermieterin sprach im Juli 2016 eine weitere Kündigung aus. Im Gegensatz zur ersten Kündigung, konnte ab diesem Zeitpunkt eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 BGB ausgesprochen werden, da die Mieter mit rund 4.900 Euro Verzug deutlich über der zweifachen Monatsmiete lagen.

Das Amtsgericht bestätigte den Zahlungsverzug der Mieter und forderte sie zur Räumung und Herausgabe der Wohnung auf. Die Mieter gingen in Berufung und die Entscheidung des Amtsgerichtes wurde durch das Landgericht aufgehoben. Die Vermieterin verlangt in der Revision die Wiederherstellung des Amtsgerichtsurteils.

Die Entscheidung

Die Klage der Vermieterin auf Herausgabe und Räumung der Wohnung hat Erfolg. Das Urteil des Amtsgerichts wurde durch den Bundesgerichtshof wiederhergestellt.

Durch die Ablehnung der Mieter, eine Beseitigung der Mängel zu dulden, konnten diese keinen Gebrauch mehr vom Leistungsverweigerungsrecht machen. Die Mieter befanden sich demnach mit den einbehaltenen Beträgen in Verzug. Das Mietverhältnis gilt mit der von der Vermieterin ausgesprochenen Kündigung aufgrund des Zahlungsverzugs im Juli 2016 als beendet.

Ein Leistungsverweigerungsrecht der Mieter nach § 320 BGB hat grundsätzlich den Zweck, einen Vermieter durch den so ausgeübten Druck zu einer Mangelbeseitigung zu bewegen. Es kann aber nicht mehr in Anspruch genommen werden, wenn der Sinn verfehlt wird oder nicht mehr erreicht werden kann. Aus diesem Grund endet dieses Recht nicht nur nach der Beseitigung der Mängel, sondern auch durch die Weigerung der Mieter, die Mangelbeseitigung zu ermöglichen oder den Zutritt zur Wohnung zu gewähren. Denn auf diese Weise kann das Zurückbehaltungsrecht seinen eigentlichen Zweck, den Vermieter zur Mängelbeseitigung anzuhalten, nicht erfüllen. Die Folge des Wegfalls des Zurückbehaltungsrechts ist die sofortige Fälligkeit der zurückbehaltenen Teile der Miete.

Zu einer Verweigerung der Mängelbeseitigung waren die Mieter auch nicht berechtigt, weil sie die Vernichtung von Beweismitteln im Rahmen eines anderen Verfahrens befürchteten. Die Mängel hätten nach Ansicht des Bundesgerichtshofes beispielsweise im Rahmen eines Gutachtens, mit Fotos oder durch Zeugenaussagen aufgenommen und somit bewiesen werden können.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. April 2019, VIII ZR 12/18

Vorinstanzen:
Amtsgericht Dresden, Entscheidung vom 3. Juni 2016, 140 C 535/16
Landgericht Dresden, Entscheidung vom 8. Dezember 2017, 4 S 310/16

 

 

 

Kann Mietpreisbremse durch Nachtrag zum Mietvertrag umgangen werden?

Kommt die Mietpreisbremse zur Anwendung, darf bei der Neuvermietung von Bestandswohnungen die Miete höchstens 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Kann die Mietpreisbremse mit einem Nachtrag zum Mietvertrag ausgehebelt werden? Das Landgericht Berlin kommt zu einem klaren Urteil.

Der Fall

Für eine Wohnung in Berlin-Friedrichshain legte der Mietvertrag eine Nettokaltmiete von 573,29 Euro fest. Zusätzlich zum Mietvertrag hatten die Neumieter einen „Nachtrag zum Mietvertrag“ unterschrieben, der Baumaßnahmen vorsah. Genannt wurden das Verlegen von Mosaikparkett und Küchenfliesenboden sowie die Installation eines Handtuchheizkörpers. Durch diese Maßnahmen sollte einen Monat nach Einzug die Nettokaltmiete um 143,64 Euro auf 716,93 Euro steigen.

Die Entscheidung

Das Landgericht Berlin befand die Miete als deutlich zu hoch. Im vorliegenden Fall sei wegen der geltenden Mietpreisbremse lediglich eine Miethöhe von 507,62 Euro zulässig. Damit liegt sie sogar noch unterhalb des im eigentlichen Mietvertrag vereinbarten Betrags.

Das Gericht ließ nicht die Argumentation der Vermieterin gelten, dass es sich bei dem Nachtrag um eine freie Vereinbarung über eine Mietanhebung nach Unterzeichnung des Mietvertrags handle. Sie sei zeitgleich mit dem Mietvertrag unterzeichnet worden. Zudem habe allein der Nachtrag die Miethöhe enthalten, die auch im Exposé zur Wohnung veröffentlicht worden sei. In dem Exposé sei außerdem nicht vermerkt gewesen, dass die Wohnung auch bei einem Verzicht auf den Nachtrag zu einem geringeren Betrag hätte angemietet werden können. Das Gericht bemängelt, dass die Vermieterin nicht vorgetragen habe, wie sie auf den im Mietvertrag vereinbarten Betrag „als ernsthaft erwogenen Mietzins gekommen sein will“ und schlussfolgert, dass offenbar nicht die Absicht bestanden habe, die geringere Miete zu verlangen.

Die Richter hielten der Vermieterin vor, mit dem Doppelvertrag die Mietpreisbremse aushebeln zu wollen. In ihrem Urteil sprechen sie sogar vom Versuch, einen „zu Beginn des Mietverhältnisses (...) geringen Mietzins vorzutäuschen, also die gesetzliche Regelung (...) zu umgehen".

Landgericht Berlin, Urteil vom 13. August 2018, Az. 66 S 45/18

 

WEG-Verwalter darf Zustimmung zum Verkauf nicht widerrufen

Teilungserklärungen enthalten häufig die Regelung, dass ein Wohnungseigentümer seine Wohnung nur mit Genehmigung der anderen Wohnungseigentümer oder eines Dritten verkaufen darf. Doch ist es möglich, die erteilte Zustimmung zu widerrufen, wenn der Verkauf wirksam abgeschlossen ist? Mit dieser Frage beschäftigte sich der BGH.

Der Fall

Mehrere Eigentümer veräußerten ihre Wohnungen und ließen den Verkauf sowie die dingliche Einigung über den Eigentumsübergang beurkunden. Der Verwalter erteilte die für den Verkauf laut Teilungserklärung erforderliche Zustimmung. Doch bevor der Eigentumsübergang im Grundbuch eingetragen war, widerrief er sie gegenüber Notar und Grundbuchamt. Das Grundbuchamt lehnte daraufhin die Eigentümerumschreibung ab.

Die Entscheidung

Der BGH entschied, dass der Widerruf unwirksam war. Zwar ist die Verwalterzustimmung eine einseitige Willenserklärung und kann grundsätzlich wiederrufen werden. Das ist allerdings nur bis zu dem Zeitpunkt möglich, zu dem das zustimmungsbedürftige Geschäft abgeschlossen ist. Laut BGH endet die Widerruflichkeit mit dem Abschluss des Kaufvertrags.

Sieht die Teilungserklärung die Verwalterzustimmung vor, muss laut WEG sowohl dem schuldrechtlichen Wohnungsverkauf als auch dem dinglichen Übertragungsgeschäft zugestimmt werden, da die Zustimmung nur einheitlich erteilt werden kann. Stimmt der Verwalter also dem Verkauf zu, kann er der anschließenden Übereignung nicht die Zustimmung verweigern.

Fazit für den Verwalter

Die Verwalterzustimmung ist verbindlich. Daher sollten sich Verwalter vor deren Erteilung umfassend informieren und ihre Entscheidung gründlich abwägen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. Dezember 2018, Az. V ZB 134/17

Vorinstanzen:
OLG München, 31. Mai 2017, Az. 34 Wx 386/16
AG Viechtach, 13. September 2016, Az. Bischofsmais Blatt 978-24

 

  1. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

Reform des Wohnungseigentumsgesetzes nimmt erste Gestalt an

Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) wurde zuletzt im Jahr 2007 reformiert. Der VDIV Deutschland setzt sich seit Langem für eine an die veränderte Verwalterpraxis angepasste Reform der gesetzlichen Regelungen ein.

Nun hat die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur WEG-Reform ihren 109-seitigen Abschlussbericht vorgelegt. Er fasst Vorschläge zusammen und erläutert, wie das Gesetz praxisnah geändert werden könnte. Besonderes Augenmerk wurde auf die Förderung der Elektromobilität und die Barrierefreiheit des Wohnens gelegt und geprüft, wie eine effizientere Verwaltung des Gemeinschaftseigentums erreicht werden kann. Aufgegliedert in 17 Themen-komplexe wurden hierfür Lösungsvorschläge erarbeitet, die Ende des Jahres in einen Referentenentwurf münden sollen.

Größere Flexibilität bei Verwaltungsbeiräten

Die Mitgliedszahl von Verwaltungsbeiräten kann von den Wohnungseigentümern nach den Vorschlägen der Arbeitsgruppe flexibel gestaltet werden, mindestens zwei Mitglieder bleiben aber vorgeschrieben. Die Haftung ehrenamtlicher Beiräte soll auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden. Zudem wird befürwortet, ihre Amtszeit auf vier Jahre zu begrenzen, wobei eine Wiederwahl möglich ist.

Vereinfachung von baulichen Maßnahmen

Die Arbeitsgruppe empfiehlt auch die Sanierung und Modernisierung von Wohnungseigentumsanlagen zu vereinfachen, um die Schaffung von Lademöglichkeiten für Elektroautos, die Herstellung von Barrierefreiheit und Maßnahmen zum Einbruchsschutz zu erleichtern. Miet- und Wohneigentumsrecht sollen so harmonisiert werden, dass auch Mieter Anspruch gegenüber ihrem Vermieter darauf haben. Dieser wiederum hat dies gegenüber der WEG zu bekunden und beschließen zu lassen.

Zusätzlich wird angeregt, das Procedere von Eigentümerversammlungen zu flexibilisieren. So wird vorgeschlagen, eine Beschlusskompetenz zu schaffen, die es einzelnen Eigentümern erlaubt, auch online daran teilzunehmen – reine Online-Versammlungen werden aber abgelehnt. Die Vorschriften zur Beschlussfähigkeit von Eigentümerversammlungen sollen zudem gestrichen werden.

Verwalterbefugnisse deutlich erweitern

Die Arbeitsgruppe schlägt unter anderem vor, die Entscheidungs- und Vertretungsbefugnisse von Verwaltern deutlich zu erweitern. So sollen diese künftig eigenverantwortlich über Maßnahmen entscheiden können, bei denen die Einberufung einer Eigentümerversammlung nicht notwendig erscheint. Zudem wird angeregt, ihre Kompetenz auf die gerichtliche Geltendmachung von Hausgeldforderungen einschließlich Vollstreckungsverfahren zu erweitern und ihnen eine grundsätzlich unbeschränkte Vertretungsmacht für die Gemeinschaft zu übertragen. In diesem Zusammenhang wird auch die vom VDIV Deutschland geforderte Einführung eines Sachkundenachweis für Immobilienverwalter begrüßt. Zudem wird empfohlen, den WEG § 49 Abs. 2 WEG zu streichen. Dieser ermöglicht es bisher Verwaltern, auch wenn er nicht Partei des Rechtsstreits sind, Prozesskosten aufzuerlegen, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch sie veranlasst wurde und sie ein grobes Verschulden trifft.

 

Zensusgesetz im Vermittlungsausschuss

Der Bundesrat hat zum Zensusgesetz den Vermittlungsausschuss angerufen. Wie aus einer Unterrichtung (» BT-Drs. 19/11302) hervorgeht, führt der Bundesrat zur Begründung aus, dass der Zensus die zentrale Grundlage aller staatlichen Planungen in Bund, Ländern und Kommunen sei und daher als gesamtstaatliche Aufgabe des Bundes und der Länder auch gemeinsam verantwortet und durchgeführt werden müsse.

In der Unterrichtung heißt es weiter, dass der Bund vor diesem Hintergrund „insbesondere auch finanziell Verantwortung für das gemeinsame Projekt Zensus 2021 übernehmen” müsse. Aus diesem Grund hätten die Länder bereits frühzeitig gefordert, dass der Bund sich an ihren Kosten zur Vorbereitung und Durchführung des Zensus beteiligt und eine auskömmliche Finanzzuweisung leisten soll.

Zudem entspreche es „der gemeinsamen Verantwortlichkeit, dass die Länder bei der Durchführung des Zensus 2021 und der Auswertung der Ergebnisse des Zensus 2021 gleichberechtigt mitwirken können”. Da der Vollzug des Zensus 2021 zu einem großen Teil den Ländern obliege, sei ihre Absicherung bei der Durchführung ebenso erforderlich wie die Sicherstellung, dass die Länder die ihren Zuständigkeitsbereich betreffenden Zensusdaten zu eigenen Zwecken verwenden dürfen.

Zum Gelingen der Gebäude- und Wohnungszählung werden aber auch die bundesweit etwa 24.000 Immobilienverwaltungen einen großen Teil beitragen. Daher hatte der VDIV Deutschland im Vorfeld eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben (» Stellungnahmen zum ZensG 2021). Erfreulich ist, dass derweil auf das vom Bundesrat geforderte zusätzliche Erhebungsmerkmal des energetischen Zustands von Gebäuden verzichtet wird. Für Immobilienverwaltungen und Eigentümer hätte dies zu einem erheblichen Mehraufwand führen können, da für den Begriff des energetischen Zustands keine klare Definition vorlag, was der VDIV Deutschland massiv kritisiert hatte.

 

Endlich Einigung bei der Grundsteuer

Die Koalitionspartner SPD und CDU/CSU haben sich nach monatelangem Hin und Her endlich auf eine Reform der Grundsteuer einigen können. Größter Streitpunkt war dabei die Forderung nach einer Öffnungsklausel für die Bundesländer. Diese soll kommen; dafür muss aber das Grundgesetz geändert werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf zur Grundsteuerreform soll bis Jahresende abschließend beraten werden.

Strittig war auch die Grundsatzentscheidung, ob ein wertebasiertes Modell für die Berechnung der Grundsteuer zugrunde gelegt wird, wie es Bundesfinanzminister Olaf Scholz und SPD-geführte Bundesländer wollen, oder ein Flächenmodell, wie es unter anderem von Bayern und Hamburg favorisiert wird. Nun habe die Koalition Einigkeit in allen substanziellen Fragen für die zukünftige Erhebung der Grundsteuer erzielt. So soll eine bundeseinheitliche Berechnungsgrundlage geschaffen werden, in die unter anderem der Wert des Bodens und die durchschnittliche Miete einfließen sollen. Außerdem ist eine Öffnungsklausel für die Bundesländer vorgesehen. Dafür soll und muss Artikel 72 Absatz 3 Grundgesetz (GG) ergänzt werden, um den Ländern die Befugnis zu umfassenden abweichenden landesrechtlichen Regelungen einzuräumen.

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Jung, sieht darin ein starkes Bekenntnis zu Föderalismus und kommunaler Selbstverwaltung. Mit diesem Weg könne bezahlbarer Wohnraum gesichert und unnötige Bürokratie verhindert werden, denn mit der Öffnung für eigene Ländergesetze würden passgenaue Lösungen ermöglicht. Widerstand kommt hingegen aus den Reihen der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag. So sagt der kommunalpolitische Sprecher, Bernhard Daldrup, dass die Öffnungsklausel zu mehr Bürokratie führe, das Recht zersplittere, die Wirtschaft belaste und nicht gerecht sei.

Die Bundesregierung ist zuversichtlich, dass das Gesetz bis Jahresende steht und die Neuregelung zum 1. Januar 2020 in Kraft treten kann. Bis dahin wird es sicherlich noch einige kontroverse inhaltliche Debatten und Diskussionen im Bundestag geben. Das betrifft auch weiterhin die Frage nach der Umlagefähigkeit der Grundsteuer, für deren Abschaffung sich die SPD einsetzt.

Einführung der Grundsteuer C

In ihrer Antwort (BT-Drs. 19/16641) auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen teilt die Bundesregierung mit, dass über die Einführung und Ausgestaltung der sogenannten Grundsteuer C für baureife Grundstücke im Kontext mit der Reform der Grundsteuer insgesamt zu entscheiden sei. Da der Abstimmungsprozess andauere, könne die Bundesregierung hierzu noch nicht Stellung nehmen, heißt es in der Antwort.

  1. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

Wirtschaftsweise schlagen Anreize zur Modernisierung von Heizungsanlagen vor

Die Wirtschaftsweisen haben sich in ihrem Sondergutachten „Aufbruch zu einer neuen Klimapolitik“ für eine Verteuerung des Heizens und der Warmwasserbereitung ausgesprochen. Dadurch könnte eine Verminderung des CO2-Ausstoßes erreicht werden. Gleichzeitig wird empfohlen, die dadurch eingenommenen Mittel an die Verbraucher, beispielsweise durch die Senkung der Stromsteuer, zurückzuführen und auch Anreize für Vermieter zu schaffen, um notwendige Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen.

Ein Preis für CO2 setzt Anreize für Unternehmen und Haushalte, durch entsprechendes Verhalten und geeignete Investitionen in Ausrüstungen weniger CO2 freizusetzen, heißt es in dem Gutachten. Um die Anreize für die dafür nötigen Investitionen zu erhöhen, sollten daher zielgerichtete begleitende Maßnahmen in Betracht gezogen werden. Angeregt werden Förderungen zur Anschaffung emissionsärmerer Ausstattungen, zum Beispiel in Form von Prämien für den Austausch von Heizungen. Im Gebäudebereich sollen so Vermieter für entsprechende Maßnahmen in ihren Objekten motiviert werden. Dazu gehört insbesondere die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung, die der VDIV Deutschland gemeinsam mit anderen Verbänden in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesbauminister Horst Seehofer und Finanzminister Olaf Scholz im April dieses Jahres eingefordert hatten. Bislang sind dafür in den vom Bundeskabinett verabschiedeten Eckwerten für den Bundeshaushalt 2020 jedoch keine Mittel vorgesehen.

Die Wirtschaftsweisen weisen zudem darauf hin, dass aufgrund des großen Anteils an Mietwohnungen in Deutschland die Anreize so gestaltet sein müssen, dass Sanierungsmaßnahmen auch für Vermieter wirtschaftlich sind. Denn diese senken letztlich die Nebenkosten der Mieter, ohne davon selbst zu profitieren. Mietrechtliche Einschränkungen könnten es für Vermieter zusätzlich unattraktiv machen, in eine energetische Sanierung ihrer Wohnungen zu investieren. Daher ist es notwendig, die Interessen von Vermietern und Mietern beim Klimaschutz in Einklang zu bringen und die Kosten gerecht zu verteilen. Eine Verlagerung allein auf die Wohnungseigentümer lehnt der VDIV Deutschland ab.

Derzeit sind in etwa 300.000 Wohnungen hierzulande veraltete raumluftunabhängige Gasetagenheizungen, so genannte C4-Heizgeräte, verbaut. Diese Geräte genügen nicht den Anforderungen zur Energieeffizienz der Verordnung Nr. 813/2013 und sind daher nicht mehr am Markt erhältlich. In tausenden Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) drohen dadurch in den kommenden Jahren rechtliche und finanzielle Probleme: Havariert nur ein einziges Gerät an einem Strang, muss in der Regel die komplette Abgasanlage umgerüstet werden.

Der VDIV Deutschland hat daher zuletzt den Vorschlag an das Bundeswirtschaftsministerium gerichtet, eine Abwrackprämie für C4-Heizgeräte einzuführen. Dadurch ließe sich die Hemmschwelle für Wohnungseigentümer senken und für Immobilienverwalter ein Anreiz schaffen, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen.

 

 

Berlin: Es grünt so grün…

Das neue Förderprogramm GründachPLUS der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz fördert die Begrünung von Berlins Dächern. Um in den Genuss der Förderung zu kommen, muss das Dach eine Fläche von mindestens 100 Quadratmetern haben und sich auf einem bereits bestehenden Gebäude befinden. Die Umsetzung des Programms übernimmt die IBB Business Team GmbH, eine 100-prozentige Tochter der Investitionsbank Berlin (IBB). Die Erstberatung für Interessenten übernimmt die Berliner Regenwasseragentur. Für das Programm steht bis 2023 eine Fördersumme von 2,7 Millionen Euro bereit.

Neben der „Regulären Förderung“ bietet das Programm auch eine „Green Roof Lab-Förderung“ für innovative Vorhaben. Die Reguläre Förderung bezuschusst die Dachbegrünung mit bis zu 75 Prozent beziehungsweise maximal 60.000 Euro der Material- und Ausführungskosten je Gebäude. Dabei werden insbesondere Vorhaben in hoch verdichteten Stadtquartieren gefördert, deren Bewohner in heißen Monaten besonders unter der Hitze leiden.

Die Green Roof Lab-Förderung steht für innovative, experimentelle, partizipative oder gemeinwohlorientierte Projekte der Dach- und Gebäudebegrünung zur Verfügung, die einen Vorbildcharakter aufweisen. Hier werden bis zu 100 Prozent der Material- und Ausführungskosten für Projekte in ganz Berlin gefördert. Zusätzlich werden für beide Förderzweige Beratungs- und Planungskosten mit bis zu 50 Prozent beziehungsweise mit maximal 10.000 Euro gefördert.

Die klimatische Wirkung von Gründächern besteht im Kühlungseffekt, der durch Wasserverdunstung hervorgerufen wird. Ein Gründach kann 60 bis 80 Prozent des Regens zurückhalten, das später verdunstet. Zugleich erwärmt sich ein begrüntes Dach nur um 10° bis 20° C im Vergleich zu einem nicht begrünten Dach, das über 50° C heiß werden kann.

 

  1. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

DIW plädiert für staatlich geförderten Mietkauf

Das Mietkaufmodell könnte mehr Menschen den Erwerb einer Immobilie und damit den Vermögensaufbau ermöglichen. Darüber könnte der angespannte Wohnungsmarkt entlastet werden. Daher schlagen Ökonomen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) ein staatlich gefördertes Mietkaufmodell für einkommensschwache Haushalte vor.

Vielen Haushalten fehle es am erforderlichen Eigenkapital für den Immobilienkauf. Höhere Mietkosten erschweren dabei das Ansparen der notwendigen Summe, heißt es beim DIW. Daher sei trotz aktuell niedriger Zinsen der Immobilienerwerb oftmals unerschwinglich.

Markus Grabka aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des DIW und der freie Finanzberater Peter Gründling schlagen in ihrem Aufsatz „Staatlich geförderter Mietkauf kann einkommensschwachen Familien Weg in die eigenen vier Wände ebnen“ vor, dass der Staat als Bauherr für Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern in Vorleistung geht – und auch Haushalte mit weniger Geld Wohnungseigentümer werden könnten. Die Eigentumswohnung sollte spätestens bis zum Rentenbeginn abbezahlt sein, damit die Mietkäufer im Alter ein Vermögen besitzen, das sie – auch weil die Wohnkosten dann weitgehend entfallen – vor Altersarmut schützt.

Dabei sei das Mietkaufmodell nicht nur potenziell sehr effektiv, sondern auch im Vergleich zu anderen Förderinstrumenten besonders kostengünstig. Mit den für das Baukindergeld veranschlagten Kosten von rund zehn Milliarden Euro könnten über einen Zeitraum von zehn Jahren rund 500.000 Haushalte zu Immobilieneigentümern werden.

Das Modell setze zudem nicht nur an den Symptomen an wie Mietendeckel oder Enteignungen. Stattdessen würde es dazu beitragen, das grundlegende Problem auf dem Immobilienmarkt zu beseitigen, indem mehr Immobilien gebaut werden. Grabka und Gründling plädieren ergänzend für weitere Maßnahmen wie eine reduzierte Grunderwerbsteuer beim Ersterwerb einer selbstgenutzten Immobilie.

 

Wohneigentum als Sparmotiv verliert an Bedeutung

Durch das Niedrigzinsumfeld und die Nullzinspolitik der EZB wächst offensichtlich die Bereitschaft der Bundesbürger, sich den Traum vom Eigenheim auch ohne Eigenkapital zu erfüllen. Das ergibt sich aus der Sommerumfrage 2019 des Verbandes der Privaten Bausparkassen e. V. zum hiesigen Sparverhalten. Nur noch 29 Prozent der Deutschen gaben „Wohneigentum” als Sparmotiv an. Das ist der niedrigste Wert seit 20 Jahren.

Niedrigzinsumfeld und Nullzinspolitik der EZB lassen die Deutschen immer häufiger daran denken, sich den Wunsch vom Eigenheim auch ohne Eigenkapital zu erfüllen. Das ergibt sich aus der Sommerumfrage 2019 des Verbandes der Privaten Bausparkassen e. V. zum hiesigen Sparverhalten. Lag der Fokus beim Sparen im Frühjahr 2019 noch für 35 Prozent der Befragten auf der Anschaffung von Wohneigentum, ist die Quote in der aktuellen Sommerumfrage des Verbandes auf 29 Prozent gesunken. Das ist der tiefste Stand seit 20 Jahren.

„Mini-Bauzinsen einerseits und Mini-Sparzinsen andererseits verlocken viele Bau- und Kaufwillige offensichtlich zur Annahme, sich das Vorsparen sparen und alles auf die Karte Verschuldung setzen zu können. Für die Politik sollte das ein Alarmsignal sein”, kommentiert Bernd Hertweck, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Privaten Bausparkassen, das Ergebnis.

Der Wunsch nach Wohneigentum selbst ist davon nicht betroffen. Mehr als jeder zweite Mieter würde lieber in den eigenen vier Wänden leben als zur Miete. Dass die Mini-Bauzinsen Eigenkapital voraussetzten und eine höhere Verschuldung auch eine stärkere

Tilgungsleistung erfordere, um spätestens zum Renteneintritt schuldenfrei zu sein, werde dabei oft ausgeblendet. Doch es gilt nach wie vor: Je mehr Eigenkapital, desto besser.

Ob aber, wie vom Verband der Privaten Bausparkassen e. V. gefordert, die zügige Umsetzung der von der Politik beschlossenen verbesserten Ansparhilfe in Form der Wohnungsbauprämie wirklich zielführend ist, darf bezweifelt werden. Denn die Förderung ist äußerst überschaubar: Singles erhalten höchstens 45 Euro, Ehepaare höchstens 90 Euro pro Jahr. Zudem besteht nur Anspruch auf die Wohnungsbauprämie, wenn man als Alleinstehender weniger als 25.600 Euro oder als Ehepaar weniger als 51.200 Euro im Jahr zu versteuern hat.

Mieterstrommodelle finden oft zu wenig Resonanz

Damit die Energiewende gelingen kann, braucht es das Zusammenspiel verschiedener Marktsegmente. Das Mieterstromgesetz soll dabei die Umsetzung der Energiewende in den Städten erleichtern und Anreize liefern, Strom vom eigenen Dach zu beziehen. Nun liegt eine Akzeptanzstudie der Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (Asew) vor, die zeigt, dass die Beteiligung an und die Marktdurchdringung bei Mieterstrommodellen oft gering sind.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die persönliche Ausrichtung der Bewohner ein wesentlicher Faktor für den Erfolg eines Mieterstromprojektes ist. Legen diese Wert auf erneuerbare Energien, lokale Erzeugung und nachhaltig operierende Anbieter, seien Beteiligungen an Mieterstromangeboten von bis zu 100 Prozent möglich. Wenn der Preis das ausschlaggebende Argument ist, fällt die Beteiligung viel geringer aus. Die geringen Abschlussquoten bei einem vorhandenen Mieterstrommodell seien vor allem auf einen Mangel an Information zurückzuführen. Auch in Wohnhäusern, in denen Mieterstromkonzepte angeboten werden, kennen die Bewohner häufig das Angebot nicht einmal. Die Studie zeigt, dass Mieter entweder nicht wissen, dass Mieterstrom angeboten wird oder die Kenntnis darüber fehlt, was Mieterstrom überhaupt ist.

 

Wohneigentumsquote in Deutschland stagniert

Seit dem Jahr 2010 gibt es laut einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e. V. (IW). keine Bewegung in Bezug auf die Wohneigentumsquote in Deutschland. Im Betrachtungszeitraum der Jahre 2010 bis 2017 betrug sie konstant rund 45 Prozent. Aber es gab Verschiebungen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen. So ist bei den 35- bis 44-Jährigen die Quote zwischen 2010 und 2017 um fünf Prozent zurückgegangen, während sie bei den Älteren ab 65 Jahren um fünf Prozentpunkte angestiegen ist. Zudem hatten 2017 mehr Selbständige Wohneigentum als sieben Jahr zuvor, bei den Beamten war es umgekehrt.

Darüber hinaus zeigt die Untersuchung auch, dass es immer weniger Ersterwerber gab. Lag ihre Zahl zwischen 1998 und 2002 bei rund 700.000 Haushalten jährlich, waren in den Jahren 2016 und 2017 weniger als 400.000 Haushalte, was etwa einem Prozent aller Haushalte entspricht.

Freistehende Einfamilienhäuser und Reihenhäuser werden dabei von Ersterwerbern bevorzugt, da die Vorteile des Wohneigentums, die freie Gestaltung des Eigentums, hier am besten realisiert werden können. Schließlich müssten bei Wohneigentümergemeinschaften wesentliche Entscheidungen mit den Miteigentümern getroffen werden, so die Studie.

Die Präferenz für Einfamilienhäuser korrespondiert mit einem zunehmenden Wohnflächenkonsum der Ersterwerber. Durchschnittlich beträgt die Fläche des erworbenen Wohneigentums im Zeitraum 2013 bis 2017 über 120 Quadratmeter. Durchschnittlich steigern die Käufer ihren Wohnkonsum durch den Übergang von der Miete ins Eigentum um rund 20 Quadratmeter.

Dass trotz der aktuell attraktiven Rahmenbedingungen so wenig Deutsche die Chancen der Wohneigentumsbildung ergreifen, führt das IW auf Zugangsbarrieren aufgrund hoher Kapitalbedarfe zurück.

 

Sehr geehrte Verwaltungsbeiräte,
liebe Leserinnen und Leser,

seit unserem letzten Beiratsnewsletter hat sich viel getan in der Bundespolitik: Der Referentenentwurf zur WEG-Reform liegt vor und geht nun ins parlamentarische Verfahren. Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird das Gesetz in Kraft treten. Auf die Eigentümergemeinschaften werden dann zahlreiche Neuregelungen zukommen. Elektromobilität und alles, was damit zusammenhängt, hat sich in den vergangenen Monaten zu einem Schwerpunkt der deutschen Klimapolitik entwickelt. Und die neue Bundesförderung für effiziente Gebäude, die mit dem Klimapaket beschlossen wurde, ist bereits wirksam. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur könnte damit auch bei Ihrer nächsten Eigentümerversammlung auf der Tagesordnung stehen.

Liebe Leserin, lieber Leser, diese und weitere Nachrichten finden Sie in der neuen Ausgabe unseres Beiratsnewsletters. Wir haben wieder Informationen rund um die Themen Wohnen, Kaufen, Mieten und Verwalten sowie aktuelle Gerichtsurteile zum Wohnungseigentums- und Mietrecht für Sie zusammengestellt. Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem regelmäßigen Service auch 2020 wertvolle Impulse für Ihre Tätigkeit als Verwaltungsbeirat liefern können.

Auf viele erfolgreiche gemeinsame Projekte und weiterhin gute Zusammenarbeit!

Ihre Immobilienverwaltung
die Hausverwaltung Claudia Thelen

Vorbemerkungen:

Der Beiratsnewsletter des VDIV Deutschland ist ein Angebot für Immobilienverwaltungen, um ihre Beiräte und Eigentümer noch umfassender über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV Deutschland) und die Hausverwaltung Claudia Thelen übernimmt keine Haftung für die abgedruckten Inhalte.

 

 

VDIV-Beiratsnewsletter

Ausgabe 1/2020

 

Inhalt

 

  1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht, Datenschutz

 

  1. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

 

  1. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

 

  1. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

 

 

  1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht, Datenschutz

Mietendeckel: Bundesverfassungsgericht weist Eilantrag ab

Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag von Vermietern gegen den Mietendeckel als unzulässig verworfen. Sie hatten versucht, den Mietendeckel noch vor in Kraft treten zu stoppen. Aus formalen Gründen erklärten die Richter aus Karlsruhe den Antrag jedoch für unzulässig. Die Zulässigkeit eines Eilantrags noch vor seiner Verkündung setze voraus, „dass der Inhalt des Gesetzes feststeht und seine Verkündung unmittelbar bevorsteht”. Dies sei hier noch nicht der Fall.

In der Regel erfolgten Beratung und Beschluss von Gesetzesanträgen im Berliner Senat nach der zweiten Lesung. Allerdings könnten der Präsident des Abgeordnetenhauses oder der Berliner Senat eine dritte Lesung verlangen. Zudem müssten Gesetze vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses „unverzüglich” ausgefertigt werden. Im Eilantrag sei aber „weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sowohl der Präsident des Abgeordnetenhauses als auch der Senat von Berlin keine dritte Lesung verlangt haben, noch dass durch den Präsidenten des Abgeordnetenhauses die Ausfertigung desselben vorgenommen wurde”, so die Begründung (Az. 1BvQ 12/20) der 3. Kammer des Senats.

Land Hessen haftet nicht für unwirksame Mietpreisbremse

Keinen Erfolg hatte die Klage von Mietern aus Frankfurt am Main gegen das Land Hessen. Nachdem zunächst das LG Frankfurt, dann auch der BGH im Sommer 2019 die Mietpreisbremse in Hessen für ungültig erklärt hatten, forderten sie den Ersatz der zu viel gezahlten Miete nun vor Gericht vom Land Hessen. Weil es die Verordnung nicht wirksam erlassen habe, müsse das Land nun dafür einstehen. Nun hat das OLG Frankfurt entschieden, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber beim Erlass von Rechtsvorschriften grundsätzlich nur gegenüber der Allgemeinheit hafte, nicht gegenüber einzelnen Personen, die davon betroffen seien.

Mit der Entscheidung folgt das OLG Frankfurt der vorinstanzlich vertretenen Ansicht des LG Frankfurt. Geprüft wurde aber auch, ob die Mieter dafür zu entschädigen seien, dass sie im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Mietpreisbremse eine offenbar zu teuer angebotene Wohnung angemietet hätten, um später den überzahlten Teil der Miete zurückzufordern. Es kam jedoch zu dem Schluss, dass die Wirksamkeit der Mietpreisbremse bereits so früh in Zweifel gezogen worden war, dass ein Vertrauen in ihre Gültigkeit nicht gerechtfertigt war. Gut möglich, dass die Kläger von der Revision Gebrauch machen und der BGH entscheiden muss.

Formfehler: Gericht erklärt Mietpreisbremse in Niedersachsen für ungültig.

Das Land Niedersachsen muss seine Verordnung zur Mietpreisbremse nachbessern. Das entschied im Dezember 2019 das Amtsgericht Hannover und erklärte das seit Dezember 2016 für 19 Städte und Gemeinden in Niedersachsen geltende Gesetz für ungültig. Dem Gericht zufolge hat das Land bei der Verabschiedung des Gesetzes einen Formfehler begangen, indem es die für das Inkrafttreten der Mietpreisbremse notwendige Begründung nicht zeitgleich veröffentlicht hat. Es beruft sich dabei auf eine Grundsatzentscheidung des BGH.

Im Sommer vergangenen Jahres hatte der Bundesgerichtshof in einem Fall in Hessen geurteilt, dass es nicht ausreichend sei, wenn die Begründung der Mietpreisbremse dem Verordnungserlass später nachgeschoben werde. In Hessen wurde die Mietpreisbremse damit für unwirksam erklärt (Az. VIII ZR 120/18).

Das Land Niedersachsen hat nun erneut zu prüfen, wo die Mietpreisbremse Anwendung finden soll, um sie dann neu zu verabschieden. Nach Aussagen aus dem Bauministerium wird dies etwa sechs Monate dauern. Neben Niedersachsen sind es sechs weitere Bundesländer, die wegen Formfehlern gerichtlich zur Nachbesserung verpflichtet sind. Auf Bundesebene gilt die Mietpreisbremse noch immer.

Der zur Zustimmung verurteilte Verwalter erhält Prozesskosten unter Umständen aus Gemeinschaftskasse erstattet

Nach § 12 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) kann als Inhalt des Sondereigentums in der Gemeinschaftsordnung (GO) vereinbart werden, dass die Veräußerung von Sondereigentum der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. Häufig ist dies der Verwalter. Er ist dann zur eigenständigen Prüfung verpflichtet, ob er die Zustimmung erteilt oder ablehnt. Teilweise delegiert der Verwalter diese Frage an die Eigentümerversammlung. Wird die Zustimmung verweigert, droht eine Klage des Verkäufers auf Zustimmung, denn ohne Zustimmung sind sowohl der schuldrechtliche Kaufvertrag als auch die dingliche Eigentumsübertragung schwebend unwirksam. Fraglich ist, wer letztlich die Prozesskosten einer erfolgreichen Zustimmungsklage zu tragen hat.

Mit Urteil vom 18. Oktober 2019 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 188/18 billigt der Bundesgerichtshof (BGH) dem zur Zustimmung verurteilten Verwalter einen Aufwendungsersatzanspruch zu. Den Anspruch stützt der BGH auf eine Regelung im Verwaltervertrag. Verwalter sollten daher ihre Vertragsmuster daraufhin prüfen, dass eine entsprechende Regelung vereinbart wird.

Der Fall

Der Beklagte war Verwalter der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese verklagt ihn auf Schadensersatz in Höhe von 13.617,91 Euro. Es handelt sich um Prozesskosten, die der Beklagte in einem Vorprozess verursacht hatte und die er sich aus dem Verwaltungsvermögen erstattet hatte. Der Vorprozess betraf Zustimmungsklagen von drei Wohnungseigentümern, zu deren Wohnungsveräußerungen der Beklagte die Zustimmung verweigert hatte. Er war im Vorprozess antragsgemäß zur Zustimmung verurteilt worden. Die Kosten der Verfahren wurden ihm auferlegt.

Das Amtsgericht Pinneberg hat der auf Rückzahlung der entnommenen Prozesskosten gerichteten Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft stattgegeben. Die Berufung des Beklagten vor dem Landgericht Itzehoe hatte keinen Erfolg. Mit seiner Einwendung, die Wohnungseigentümer hätten in einer von ihm einberufenen Eigentümerversammlung den Antrag auf Erteilung der Zustimmung per Beschluss abgehlehnt, drang der Beklagte nicht durch. Denn darin habe in keinem Falle eine Kostenübernahmeerklärung der Gemeinschaft gelegen. Die Revision ließ das Landgericht Itzehoe nicht zu. Der Beklagte setzte sich hiermit erfolgreich mit einer Nichtzulassungsbeschwerde zur Wehr. Der BGH verwies den Fall zurück an das Berufungsgericht.

Die Entscheidung

Der BGH widerspricht der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts und führt aus, dass sich ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin mit den bisher getroffenen Feststellungen nicht bejahen ließe. Die Entnahme der Prozesskosten aus der Gemeinschaftskasse stelle keine Pflichtverletzung des Beklagten dar. Ein Verwalter, der laut GO zur Zustimmung zum Verkauf bzw. – wenn in der Person des Erwerbers ein wichtiger Grund gegeben sei, zur Zustimmungsverweigerung berufen sei, agiere insoweit nicht aus eigener Amtsbefugnis, sondern als Treuhänder und mittelbarer Stellvertreter der übrigen Wohnungseigentümer. Darum müsse er die Kosten eines Rechtsstreits nicht selber tragen, sondern könne Aufwendungsersatz aus Geschäftsbesorgung (§§ 675 Abs. 1, 670 BGB) beanspruchen. Zu solchen Aufwendungen gehörten auch Prozesskosten einer Streitigkeit nach § 43 Nr. 3 WEG. Der BGH hält zudem fest, dass der Beklagte die Verfahrenskosten als Aufwendungsersatz direkt aus dem Verwaltungsvermögen der WEG entnehmen durfte. Dies gelte jedenfalls dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Verwaltervertrag eine entsprechende Ermächtigung vorsehe.

Eine zum Schadensersatz verpflichtende schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten sieht der BGH auch nicht darin, dass er die gegen ihn geführten Zustimmungsprozesse verloren habe. Die Prozessniederlagen könnten nicht per se als mutwillige Verhaltensweise qualifiziert werden. Vielmehr komme es auf die besonderen Umstände des Sachverhalts an, die das Berufungsgericht bisher noch nicht aufgeklärt habe. Auch in diesem Zusammenhang müsse – so der BGH – das Berufungsgericht berücksichtigen, dass der Verwalter nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der anderen Wohnungseigentümer tätig geworden und ihm daher haftungsrechtlich ein großzügiger Beurteilungsmaßstab zuzubilligen sei. An das Vorliegen einer schuldhaft pflichtwidrigen Zustimmungsversagung seien daher hohe (strenge) Anforderungen zu stellen. Nicht ausreichend sei, dass die Beurteilung des Sachverhalts, ob nämlich in der Person des Erwerbers ein wichtiger Grund vorlag, zweifelhaft ist und sowohl für die Erteilung als auch für die Versagung der Zustimmung Argumente zu finden seien. Die Grenzen des dem Verwalter eröffneten Beurteilungsspielraums seien erst dann überschritten, wenn seine Entscheidung offensichtlich unvertretbar und nicht nachvollziehbar sei. Habe sich der Verwalter sein Urteil auf der Grundlage aller maßgeblichen Tatsachen sorgfältig gebildet, könne ihm kein Vorwurf gemacht werden, selbst wenn ein mit der Sache später befasstes Gericht einen wichtigen Grund zur Verweigerung der Zustimmung verneint.

Am Rande führt der BGH aus, dass der Verwalter nicht verpflichtet sei, eine Weisung der Wohnungseigentümer darüber einzuholen, ob er die Zustimmung erteilen oder versagen soll. Gleichwohl stehe dem Verwalter eine solche Befugnis zur Delegation der Angelegenheit in die Eigentümerversammlung zu. Allerdings sei der Verwalter dann zugleich dazu verpflichtet, die Eigentümer hinreichend über den Sachverhalt sowie die tatsächlichen und rechtlichen Zweifelsfragen aufzuklären, damit diese in die Lage versetzt seien, das Risiko, welches sie mit der Zustimmung oder mit deren Versagung eingehen, zutreffend abzuschätzen. Hierzu habe das Berufungsgericht nunmehr Gelegenheit zu weiteren Feststellungen. Dabei müsse es auch der Behauptung des Beklagten nachgehen, die Eigentümerversammlung habe seinerzeit die Zustimmung per Beschluss verweigert.

BGH, Urteil vom 18. Oktober 2019, Az. V ZR 188/18

 

Mieterhöhungsverlangen wirksam, wenn der Mieter zugestimmt hat

Der Fall

Zwischen den Parteien bestand im Zeitraum von 2006 bis 2014 ein Mietverhältnis über eine Wohnung mit Stellplatz. Der schriftliche Mietvertrag enthielt keine Angaben zur Größe der Wohnung. Die Vermieter der Wohnung verlangten während des Mietverhältnisses insgesamt vier Mieterhöhungen. Den Erhöhungsverlangen war jeweils eine Wohnfläche von 113,66 qm zugrunde gelegt. Die erhöhten Grundmieten lagen dabei betragsmäßig unter der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem Mietspiegel der Stadt D. Der Mieter stimmte den Mieterhöhungsschreiben jeweils schriftlich zu und zahlte fortan die erhöhten Mieten. Im Jahr 2013 zweifelte der Mieter erstmals die angegebene Wohnfläche an und machte geltend, diese betrage lediglich 99,75 qm. Er forderte die Vermieter erfolglos auf, die angeblich zu viel gezahlte Miete an ihn zurückzuzahlen. Das Amtsgericht hatte die Klage des Mieters auf Erstattung der Miete von insgesamt 6.035,48 Euro für den Zeitraum 2007 bis 2014 abgewiesen. Das Berufungsgericht hingegen gab der Klage größtenteils statt mit der Begründung, dem Mieter stehe ein bereicherungsrechtlicher Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 BGB zu. Der Mieter habe die Miete rechtsgrundlos gezahlt, soweit die angegebene Wohnfläche die durch ein Sachverständigengutachten festgestellte tatsächliche Wohnfläche übersteige.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof teilte die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht. Der Mieter hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der erbrachten erhöhten Mieten, denn diese haben ihren Rechtsgrund in den wirksamen Vereinbarungen der Parteien über die Erhöhung der Miete. Der Irrtum beider Parteien über die Wohnfläche rechtfertigt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters nicht, weil ein unverändertes Festhalten an dem Mieterhöhungsverlangen im vorliegenden Fall zumutbar ist. Aufgrund der erfolgten Zustimmung des Mieters zur verlangten Mieterhöhung des Vermieters ist eine vertragliche Vereinbarung zustande gekommen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob das Begehren des Vermieters den formellen sowie materiellen Anforderungen der §§ 558, 558a BGB entsprochen hat oder nicht. Zwar kann ein Kalkulationsirrtum beider Parteien unter Umständen zu einer Vertragsanpassung führen. Jedoch stand den Vermietern hier auch bei Berücksichtigung der richtigen Wohnfläche ein Anspruch auf Zustimmung zur begehrten Mieterhöhung zu, weil die jeweils verlangte Miete unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete lag. Diesen Anspruch hätten sie im Falle einer Zustimmungsverweigerung des Mieters auch in einem gerichtlichen Verfahren durchsetzen können. Es ist demnach entscheidend, dass der bei der Ermittlung der geforderten erhöhten Miete unterlaufene Fehler sich im Ergebnis wirtschaftlich nicht zum Nachteil des Mieters auswirkte. Den Einwand des Mieters, er hätte bei Kenntnis der tatsächlichen Wohnfläche sein Sonderkündigungsrecht nach § 561 BGB ausgeübt, ließ der BGH nicht gelten. Aus Sicht eines verständigen Mieters kommt es nur darauf an, ob der vom Vermieter verlangte Betrag berechtigt und durchsetzbar ist.

BGH, Urteil vom 11. Dezember 2019, Az. VIII ZR 234/18

Vorinstanzen:
LG Dresden, Urteil vom 29. Juni 2018, Az. 4 S 583/15
AG Dresden, Urteil vom 26. November 2015, Az. 142 C 267/15

Kein Wegerecht trotz jahrzehntelanger Duldung des Nachbarn

Grundstücksnachbarn können nicht darauf bestehen, ein angrenzendes fremdes Grundstück aus reiner Gewohnheit zu durchqueren. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Außerhalb des Grundbuchs kann ein Wegerecht nur aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung oder als Notwegrecht unter den Voraussetzungen des § 917 BGB bestehen.

Der Fall

Geklagt hatten die Eigentümer dreier nebeneinander liegender Grundstücke, die mit drei aneinandergrenzenden Häusern bebaut sind. Auf der Rückseite dieser Grundstücke befinden sich seit den 1940er Jahren nicht genehmigungsfähige Garagen, Mülltonnen sowie Lager und Werkstatt eines gewerblichen Mieters. Die Garagen sowie sonstige dort befindliche Einrichtungen erreichen Eigentümer und sonstige Nutzer seit mehreren Jahrzehnten über einen Weg, der sich auf dem Nachbargrundstück befindet. Diese Nutzung haben frühere Eigentümer des Nachbargrundstücks und zunächst auch der aktuelle Eigentümer geduldet. Schließlich kündigte der Nachbar jedoch an, den Weg vollständig zu sperren und eine Toranlage zu errichten. Im Grundbuch war nie ein Wegerecht eingetragen. Die klagenden Eigentümer wollen aufgrund der bisherigen Duldung erreichen, dass der Nachbar die Sperrung des Weges durch eine Toranlage zu unterlassen hat. Sie berufen sich dabei auf ein zu ihren Gunsten bestehendes Wegerecht, hilfsweise auf ein Notwegrecht.

Die Entscheidung

Das vorinstanzliche Berufungsgericht hatte entschieden, dass die Zufahrt offen bleiben muss. Dies ergebe sich aus Gewohnheitsrecht, da eine langjährige tatsächliche Übung der Eigentümer sowie der berechtigten Nutzer bestehe. Außerdem seien alle Beteiligten gleichzeitig davon ausgegangen, einer rechtlichen Verpflichtung bzw. Berechtigung zu folgen. Der BGH folgt dieser Entscheidung nicht und führt aus, dass im Verhältnis einzelner Grundstücksnachbarn ein Wegerecht nicht durch Gewohnheitsrecht aufgrund einer jahrzehntelangen Übung entsteht. Vielmehr kann dieses als eine dem Gesetz gleichwertige Rechtsquelle allgemeiner Art nur zwischen einer Vielzahl von Rechtsindividuen und in Bezug auf eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen entstehen. Es darf also nicht auf ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn beschränkt werden. Das Gewohnheitsrecht enthält somit eine generell-abstrakte Regelung, die über den Einzelfall hinausgehen muss.

Laut Bundesgerichtshof muss zunächst geprüft werden, ob die Zufahrt für die ordnungsgemäße Benutzung der Grundstücke erforderlich ist. Nur dann kann den Eigentümern ein Notwegrecht gemäß § 917 Abs. 1 BGB zustehen. Im vorliegenden Fall könnte dies aber schon an der fehlenden baurechtlichen Genehmigung der Garagen scheitern. Soweit die Grundstücke jedoch gewerblich genutzt werden, kommt ein Notwegrecht grundsätzlich in Betracht. Die Sache wurde daher zurück an das vorinstanzliche Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung verwiesen.

 

BGH, Urteil vom 24. Januar 2020, Az. V ZR 155/18

 

Vorinstanzen:
OLG Köln, Beschluss vom 1. Juni 2018, Az. 16 U 149/17
LG Aachen, Urteil vom 11. Oktober 2017, Az. 11 O 157/17

Notdienstpauschale des Hausmeisters zählt nicht zu umlagefähigen Kosten

Bei einer an den Hausmeister zu entrichtenden Notdienstpauschale handelt es sich nicht um umlagefähige Betriebskosten, sondern um vom Vermieter zu tragende Verwaltungskosten. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zufolge muss der Mieter die Kosten der Pauschale nicht tragen, da diese nicht den umlagefähigen Hausmeistertätigkeiten zuzuordnen sind.

Der Fall

Die von einer Vermieterin für eine Wohnung erstellte Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2016 weist eine „Notdienstpauschale” in Höhe von 1.200,00 Euro aus, die dem Hausmeister für dessen Notdienstbereitschaft bei Störungsfällen wie Wasserrohrbruch, Strom- oder Heizungsausfall außerhalb der üblichen Geschäftszeiten gezahlt wurde. Laut mietvertraglicher Vereinbarung tragen die Mieter die Betriebskosten gemäß Anlage 3 zu § 27 II. Betriebskostenverordnung und entrichten hierauf monatliche Vorauszahlungen. Nach Erhalt der Nebenkostenabrechnung beglichen die Mieter den sich ergebenden Nachzahlungsbetrag mit Ausnahme ihres Anteils von rund 100 Euro für die Notdienstpauschale. Die Vermieterin klagte daraufhin auf Entrichtung des fehlenden Betrages. Die Klage hatte sowohl vor dem Amtsgericht als auch dem Berufungsgericht keinen Erfolg. Die Vorinstanzen begründeten die Klageabweisung damit, dass diese Pauschale nicht den umlagefähigen Hausmeistertätigkeiten zuzuordnen sei und damit keine Betriebskostenposition im Sinne der Betriebskostenverordnung darstelle. Vielmehr betreffe die Notfallbereitschaft Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verwaltung des Gebäudes, da solche Havarie- oder sonstige Notfallmeldungen üblicherweise während der normalen Geschäftszeiten gegenüber der Hausverwaltung erfolgen würden.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Vorinstanzen zu Recht einen Anspruch auf Zahlung der anteilig berechneten Notdienstpauschale verneint haben. Es handelt sich dabei richtigerweise um vom Vermieter zu tragende Verwaltungskosten, die nicht auf den Mieter umlegt werden können. Denn von den laufend anfallenden Betriebskosten sind solche Kosten abzugrenzen, die für die Instandsetzung oder Instandhaltung sowie die Verwaltung des Gebäudes anfallen. Es wird zwar in der Instanzrechtsprechung oft angenommen, dass die Notdienstbereitschaft insbesondere in großen Wohnanlagen im Interesse des Mieters liegt und deshalb den umlagefähigen Hauswartkosten zuzurechnen ist. Dies ist jedoch unzutreffend, denn mit der berechneten Notdienstpauschale werden Tätigkeiten abgegolten, die in den Zuständigkeitsbereich der Grundstücksverwaltung fallen. Es handelt sich gerade nicht um eine Vergütung für eine allgemeine Kontroll- und Überwachungstätigkeit, sondern um Aufwendungen für die Entgegennahme von Störungsmeldungen und der etwaigen Veranlassung von raschen Reparaturmaßnahmen durch Dritte. Die Meldung solcher Störungsereignisse erfolgt grundsätzlich während der üblichen Geschäftszeiten gegenüber der Hausverwaltung oder dem Vermieter selbst, damit von dort aus die erforderlichen Maßnahmen in die Wege geleitet werden können. Für die kostenrechtliche Einordnung einer bestimmten Tätigkeit kann es nicht darauf ankommen, ob sie innerhalb oder außerhalb der regulären Geschäftszeiten verrichtet wird bzw. ob der Vermieter für Meldungen außerhalb der Geschäftszeiten einen Notfalldienst einrichtet. Dass hierdurch auch im Interesse des Mieters Sicherheit gewährleistet wird für seine von ihm eingebrachten Sachen – etwa bei einem Wasserrohrbruch oder Stromausfall ­– rechtfertigt die Umlage der Notfallpauschale als Betriebskosten nicht. Denn danach dienen letztlich die meisten Verwaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auch dem Interesse des Mieters.

BGH, Urteil vom 18. Dezember 2019, Az. VIII ZR 62/19

Vorinstanzen:
LG Berlin, Urteil vom 30. Januar 2019, Az. 64 S 25/18
AG Berlin-Charlottenburg

Vermieter muss Mieter Kosten für selbst beschaffte Rauchwarnmelder erstatten

Beschafft sich ein Mieter für seine Wohnung selbst Rauchwarnmelder, so kann er die dadurch entstandenen Kosten vom Vermieter ersetzt verlangen. Denn der Vermieter ist verpflichtet, auf eigene Kosten in seiner zur Miete angebotenen Wohnung Rauchwarnmelder zu installieren.

Der Fall

Der Mieter einer Wohnung hatte selbst Rauchwarnmelder angeschafft, diese installiert und die dafür angefallenen Kosten von seinem Vermieter zurückgefordert. Da sich der Vermieter weigerte, der Zahlungsaufforderung nachzukommen, erhob der Mieter Klage.

Die Entscheidung

Das zuständige Amtsgericht Coesfeld gab dem klagenden Mieter Recht und verurteilte den Vermieter zur Kostenerstattung nach § 812 Abs. 1 BGB. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Vermieter als Eigentümer einer Wohnung nach § 49 Abs. 7 BauO in der bis zum 31.12.2018 gültigen Fassung verpflichtet ist, Schlafräume, Kinderzimmer sowie Flure, über die Rettungswege führen, jeweils mindestens mit einem Rauchwarnmelder auszustatten. Unstreitig hatte der klagende Mieter die Rauchwarnmelder selbst besorgt und installiert, wodurch der Vermieter der Wohnung insoweit ohne Rechtsgrund bereichert ist. Selbst wenn der Vermieter gleichwohl eigene Rauchwarnmelder bereits besorgt hatte und der Mieter den Einbau von anderen Rauchwarnmeldern zu dulden hat, ändert dies nichts an dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch.

AG Coesfeld, Urteil vom 5. September 2019, Az. 4 C 171/19

Verwendung eines schlechten Verwaltervertrages gefährdet nicht den Bestellungsbeschluss

Endlich hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine mit Spannung erwartete Frage zur Verwendung von Verwalterformularverträgen geklärt, in denen mehrere Klauseln einer AGB-Kontrolle nicht standhalten. Das Landgericht Frankfurt/Main hatte mit Urteil vom 27. September 2017 in einer solchen Situation nicht nur den Ermächtigungsbeschluss zur Unterzeichnung des Verwaltervertrages, sondern auch den Bestellungsbeschluss für ungültig erklärt. Der BGH sieht das anders.

Mit Urteil vom 5. Juli 2019 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 278/17 hat der BGH entschieden, dass eine AGB-Kontrolle des Verwaltervertrages nicht im Rahmen einer Beschlussanfechtungsklage zu erfolgen hat. Neu sind die Aussagen des BGH zu zulässigen Vergütungsstrukturen. Nachdem der V. Zivilsenat bislang nur Vertragsmuster zu beurteilen hatte, in denen Pauschalvergütungen zur Abgeltung sämtlicher Verwalterpflichten vereinbart waren, hatte er sich jetzt erstmalig zu einem Vertragsmuster zu äußern, in dem es nicht um eine Pauschalvergütung ging. Der BGH stellt fest, dass ein Verwalter die Wahl hat, ob er der Gemeinschaft einen Vertrag mit Pauschalvergütung anbietet oder einen Vertrag mit einem Sockelbetrag und einer nach Teilentgelten aufgespalteten Vergütung.

Der Fall

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Bensheim mit ca. 90 Einheiten (Wohnungen, Gewerbe, Tiefgaragenstellplätze) beschlossen die Eigentümer am 08. April 2015 die Bestellung der T-GmbH zum Verwalter. Der Beschluss wurde angefochten. Während des Verfahrens fand am 11. September 2015 eine weitere Eigentümerversammlung statt, in der die T-GmbH erneut (vom 19. September 2015 bis 31. Dezember 2017) bestellt (TOP 2) und unter TOP 3 drei Wohnungseigentümer zum Abschluss des von der T-GmbH vorgelegten Verwaltervertrages ermächtigt wurden. Das Vertragsmuster sieht keine Pauschalvergütung vor, sondern ein Entgeltsystem, nach dem neben einer Grundvergütung für die ständig (laufend) anfallenden Aufgaben des Verwalters Sondervergütungen für klar abgegrenzte und beschriebene zusätzliche Leistungen anfallen. Gegenstand der Anfechtungsklage gegen TOP 3 waren u.a. folgende Klauseln: Befreiung des Verwalters von der Beschränkung nach § 181 BGB (Verbot des Insichgeschäfts), Vollmacht zur Beauftragung von Sonderfachleuten bis zu 2.000,00 Euro je Fall ohne Obergrenze, Vollmacht für Abschluss, Änderung und Kündigung von Hausreinigungsverträgen, Berechtigung zur Erteilung von Untervollmachten, Mahngebühr von 20,00 Euro netto je Mahnung ohne Obergrenze, Sonderhonorar für die Erhebung einer Sonderumlage (mindestens ein Prozent netto, maximal 1.785,00 Euro brutto) und Sonderhonorar für jede zusätzliche Eigentümerversammlung in Höhe einer 1,5-fachen Monatsvergütung.

Das Amtsgericht Bensheim hat sowohl den Bestellungs- als auch den Ermächtigungsbeschluss für ungültig erklärt. Die Berufung der Beklagten übrigen Wohnungseigentümer hatte das Berufungsgericht zurückgewiesen. Die Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hatte Erfolg.

Die Entscheidung

Der BGH hebt das Berufungsurteil auf und verweist die Akte zurück zum Landgericht Frankfurt/Main. Die Frage, ob Bestellung und Ermächtigung zum Vertragsabschluss rechtens seien, sei keine Frage der AGB-Kontrolle, sondern der Grundsätze einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Preishauptabreden in der Verwaltervergütung seien nach AGB-Recht ohnehin nur eingeschränkt überprüfbar, und zwar nur im Hinblick auf eine Transparenzkontrolle. Aber auch für eine rechtliche Prüfung von Preisnebenabreden in der Verwaltervergütung sei die Beschlussklage grundsätzlich ungeeignet. Eine vollständige oder teilweise Ungültigerklärung des Ermächtigungsbeschlusses komme nur in Betracht, wenn die Vergütungsstruktur derart intransparent oder unangemessen sei, das anzunehmen ist, die Parteien hätten den Vertragsschluss nicht gewollt (Randnummer [Rn.] 25, 43, 44 der Urteilsgründe). Eine AGB-rechtliche Kontrolle schon im Rahmen des Beschlussanfechtungsverfahrens führte – abhängig vom klägerischen Vortrag – zu einer unterschiedlichen Kontrolldichte, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei, und den Wohnungseigentümern letztlich auch keinen Vorteil liefere (Rn. 25 und 26). Anders gewendet: Den Verbraucherschutz, den das AGB-Recht (§§ 305 ff. BGB) bietet, genießen Gemeinschaft und Eigentümer auch dann, wenn Beschlüsse über Ermächtigung und Bestellung bestandskräftig werden. Die AGB-Kontrolle betrifft das Außenverhältnis (Vertragsverhältnis) zwischen Verwalter und Gemeinschaft, nicht die interne Willensbildung der Wohnungseigentümer.

Was die Anfechtung des Bestellungsbeschlusses (TOP 2) angehe, sei nicht der Vertragsinhalt zu prüfen, sondern die von Klägerseite erhobenen Einwände gegen die persönliche und fachliche Eignung des Verwalters.

Den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche die Verwaltervergütung nach Höhe und Ausgestaltung, wenn sie dem Wirtschaftlichkeitsgebot genüge. Das Wirtschaftlichkeitsgebot sei nicht schon verletzt, wenn die Verwaltervergütung über den üblichen Sätzen liege. Wohnungseigentümer dürften – so der BGH – einem Verwalter etwa deshalb eine höhere Vergütung zahlen, weil sie mit ihm gut zurechtkommen. Eine deutliche Überschreitung der üblichen Verwaltervergütung hingegen werde regelmäßig nur erlaubt sein, wenn sie auf Sachgründen beruhe, deren Gewicht den Umfang der Überschreitung rechtfertige (Rn. 30).

Was die streitgegenständliche Sondervergütung für die Mahnung von Hausgeldschuldnern angeht, stört sich der BGH am Fehlen einer Obergrenze nicht. Denn keineswegs würde eine solche Vergütungsregelung den Verwalter dazu ermächtigen, einen säumigen Wohnungseigentümer nach eigenem Gutdünken und beliebig oft zu mahnen. Ob und in welchem Umfang der Verwalter mehr als einmal mahnen müsse oder dürfe, hänge einerseits von gefassten Beschlüssen – insbesondere nach § 21 Abs. 7 WEG – und ansonsten von den Umständen des Einzelfalles ab. Werde etwa ein an sich zahlungswilliger, aber nachlässiger Wohnungseigentümer vor einer Hausgeldklage mehrmals gemahnt, dürfe für die wiederholte Mahnung auch eine Sondervergütung vereinnahmt werden (Rn. 36). Umgekehrt: Zahlt ein Wohnungseigentümer dauerhaft nicht, läuft möglicherweise sogar ein Insolvenzverfahren oder eine Zwangsversteigerung, wäre dagegen jede weitere Mahnung mutwillig, so dass keine Sondervergütung anfiele.

BGH, Urteil vom 5. Juli 2019, Az.: V ZR 278/17

 „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!“ – Grundsätzlich muss WEG streitige Ansprüche einklagen

Ist streitig, ob einer WEG ein Rechtsanspruch zusteht, entspricht es in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung, zu beschließen, einen Rechtsanwalt mit der rechtlichen Prüfung und – falls diese Erfolgsaussichten ergibt – mit der anschließenden außergerichtlichen und ggfls. gerichtlichen Geltendmachung zu mandatieren. Nur in Ausnahmefällen darf von der Rechtsverfolgung abgesehen werden. Ein Urteil des Landgerichts Koblenz gibt Anlass zur Vertiefung.

Mit Urteil vom 30. April 2018 zum gerichtlichen Aktenzeichen 2 S 67/16 WEG (veröffentlicht u. a. ZMR 2018, 795 = ZWE 2018, 461) fasste das LG Koblenz an Stelle der sich weigernden Eigentümer folgenden Beschluss:

„Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, gegenüber der Verwalterin Fa. H.-GmbH Schadensersatzansprüche gegen Abschluss des Vertrages mit der Fa. T. vom 17.11.2006 geltend zu machen. Die Miteigentümerin M. wird von der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt und ermächtigt, für die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen/ außergerichtlichen Geltendmachung der Schadensersatzansprüche zu beauftragen.”

Die Revision wurde vom Landgericht nicht zugelassen, so dass das Urteil nach Ablauf der einmonatigen Frist für eine Nichtzulassungsbeschwerde etwa Anfang Juni 2018 rechtskräftig und der gerichtlich ersetzte Eigentümerbeschluss endgültig wirksam und durchführbar wurde.

Der Fall

Die Eigentümerversammlung vom 6. Juni 2006 beschloss den Abschluss eines Notrufsystem-Vertrages für die drei Aufzüge der Wohnanlage. Konkrete Vorgaben über Kostenrahmen und Vertragsdauer enthielt der Beschluss nicht. Der Beschluss wurde bestandskräftig. Verwalter war damals wie heute die H-GmbH.

Am 13. November 2006 schloss die H-GmbH im Namen der WEG den Notruf-Dienstvertrag mit Fa. T. für jährlich 2.975,94 Euro ab, und zwar – die exakte Laufzeit geht aus dem Urteil nicht hervor – mit einer Vertragsdauer von mindestens 10 Jahren. Vergleichsangebote holte die H-GmbH nicht ein.

Mehrere Kläger, darunter die Eigentümerin M., holten Jahre später ein Angebot der Fa. F. ein, das jährlich 1.262,34 Euro günstiger ist als die Fa. T. In einer Eigentümerversammlung beantragten die Kläger, einen Rechtsanwalt mit der Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen die H-GmbH zu beauftragen. Der mögliche Schaden wurde mit der jährlichen Preisdifferenz für 2012-2016 (5 x 1.262,34 = 6.311,70 Euro) beziffert. Die Versammlung lehnte den Beschlussantrag ab. Die dagegen in einem Vorprozess erhobene Klage war erfolgreich: Nach gerichtlicher Beschlussersetzung durch Urteil des Amtsgerichts Neuwied vom 28. August 2015 ließ die WEG Schadensersatzansprüche gegen H-GmbH durch Rechtsanwalt W. gutachterlich prüfen. Das Rechtsgutachten kam zu keiner abschließenden Beurteilung und sah weiteren Aufklärungsbedarf.

In der hier streitgegenständlichen Eigentümerversammlung vom 31. Mai 2016 verlangten die Kläger die außergerichtliche und ggf. gerichtliche Geltendmachung der Schadensersatzansprüche. Die Mehrheit war dagegen und beschloss die Nichtdurchsetzung von Schadensersatzansprüchen im Hinblick auf die erkennbaren tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten und das damit verbundene Prozesskostenrisiko.

Die Kläger erhoben Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage, der erstinstanzlich teilweise (Anfechtung) stattgegeben wurde. Die geforderte Beschlussersetzung wies das Amtsgericht zurück. Sowohl die Kläger als auch die Beklagten legten Berufung ein.

Die Entscheidung

Das LG Koblenz weist die Berufung der Beklagten als unbegründet zurück und gibt auf die Berufung der Kläger hin auch der Beschlussersetzungsklage statt (Urteilstenor siehe oben).

In den Urteilsgründen wird ausgeführt, dass Wohnungseigentümer bei schlüssig dargelegten und begründeten Ansprüchen der WEG grundsätzlich verpflichtet seien, diese gerichtlich zu verfolgen, da ein Absehen hiervon der ordnungsgemäßen Verwaltung widersprechen würde. Ein Prozesskostenrisiko bestehe immer und die durch die Beklagten (Eigentümermehrheit) eingewandten Zweifel („nicht sicher feststehender, nur schwer zu beweisender und ohne weiteren Aufwand nicht abschließend bezifferbarer Schadensersatzanspruch“) ändere daran nichts. Denn die Einwände seien keine gewichtigen Gründe, die gegen eine gerichtliche Geltendmachung der schlüssig dargelegten Schadensersatzansprüche sprechen würden.

Das LG Koblenz stützt seine Argumentation auf eine Aussage des BGH in einem anderen Zusammenhang, wonach die Mehrheit trotz wichtiger Gründe, die gegen den amtierenden Verwalter sprechen, dessen Wiederbestellung beschließen darf, solange die Mehrheitsentscheidung – etwa aus reiner Bequemlichkeit – nicht objektiv unvertretbar erscheine (Rn 28 der Urteilsgründe mit Verweis auf BGH 10. Februar 2012 – V ZR 105/11).

Daher sei der von der Versammlung abgelehnte Beschluss vom Gericht nach § 21 Abs. 8 WEG zu ersetzen. Dabei sei es auch zulässig, die Prozessführung der Klägerin (Miteigentümerin M.) als Prozessstandschafter zu übertragen (Rn 34).

LG Koblenz, Urteil vom 30. April 2018, Az.: 2 S 67/16 WEG

 

 

  1. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

Aufbruchsstimmung im Wohnungseigentum: VDIV Deutschland setzt auf WEG-Novelle und schlägt Verbesserungen vor

Der Entwurf des Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEModG) bringt große Fortschritte für Wohnungseigentümer und Verwalter. „Das Gemeinschaftsinteresse rückt stärker als bisher in den Vordergrund, der Verbraucherschutz wird gestärkt und der Verwalter erhält neue Aufgaben”, so das Fazit von Martin Kaßler, Geschäftsführer des Verbandes der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV Deutschland).

Das Gesetzgebungsverfahren ist nun auf der Zielgeraden. Für die Immobilienverwalterwirtschaft Deutschlands hat der VDIV Deutschland eine umfassende Stellungnahme vorgelegt. Eine Zusammenfassung der wesentlichen im Entwurf geplanten Veränderungen sowie eine Bewertung und Verbesserungsvorschläge des VDIV Deutschland können Sie » hier herunterladen.

WEG-Reform: VDIV Deutschland betont Notwendigkeit des Sachkundenachweises beim Fachgespräch der CDU/CSU-Fraktion

Anlässlich der laufenden Reform des Wohnungseigentumsgesetzes hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Februar zu einem Fachgespräch unter dem Vorsitz ihres rechtspolitischen Sprechers der Dr. Jan-Marco Luczak und dem zuständigen Berichterstatter Sebastian Steineke geladen. Neben Haus & Grund, Wohnen im Eigentum und Prof. Dr. Johanna Schmidt-Räntsch, Richterin am Bundesgerichtshof, war der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV Deutschland) als Vertreter der Immobilienverwalter anwesend.

In dem rund zweistündigen Gespräch nahmen die jeweiligen Vertreter zum vorliegenden Referentenentwurf Stellung. Der VDIV Deutschland begrüßt die Bemühungen der Bundesregierung, mit einer umfassenden Reform den Verbraucherschutz zu stärken sowie eine zeitgemäße und belastbare Gesetzgebung zu schaffen. Hierfür hat sich der Spitzenverband der Immobilienverwalter bereits seit Jahren nachdrücklich eingesetzt. Im heutigen Gespräch wies er u. a. erneut auf die Notwendigkeit eines verpflichtenden Sachkundenachweises für Wohnimmo­bilien­verwalter hin, um den Verbraucherschutz signifikant voranzubringen.

Den Entwurf eines „Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Moder­nisierung des Wohnungseigentumsgesetzes (Wohnungseigentums­moder­nisie­rungs­gesetz – WEModG)″ hatte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher­schutz am 14. Januar 2020 in Umlauf gebracht. Der VDIV Deutschland geht davon aus, dass das novellierte Wohnungseigentumsgesetz spätestens im Herbst 2020 beschlossen wird.

Bundestag verlängert und verschärft Mietpreisbremse

Der Bundestag hat am 14. Februar 2020 die Verlängerung der Mietpreisbremse um fünf Jahre beschlossen und sie verschärft. In besonders betroffenen Bezirken dürfen die Mieten nun bis 2025 bei neuen Vertragsabschlüssen maximal zehn Prozent über einem Vergleichsindex liegen. Zudem ist es für Mieter künftig leichter, bei überhöhten Mieten die seit Vertragsabschluss zu viel gezahlten Beträge zurückzufordern. Hierfür muss die Beschwerde innerhalb von 30 Monaten erfolgen. Die Mietpreisbremse gilt nur für Bestandswohnungen, nicht aber für Neubauten. Ob ein Wohnungsmarkt als angespannt gilt, entscheiden die Bundesländer.

Seit 23. Februar gilt der Berliner Mietendeckel – Klage noch vor der Sommerpause

Bereits einen Tag nach Inkrafttreten des Berliner Mietendeckels kündigte der CDU-Mietrechtsexperte Jan-Marco Luczak an, noch vor der Sommerpause das „wohnungspolitische Chaos schnellstmöglich beseitigen und für alle Beteiligten Rechtssicherheit schaffen″ zu wollen. Mehr als 190 Unterschriften von Abgeordneten habe sein Büro für den Antrag beim Bundesverfassungsgericht bereits gesammelt. Insgesamt rechne man damit, dass weit mehr als 250 Bundestagsabgeordnete die Klage unterstützen werden. Mit einer abstrakten Normenkontrolle soll die Verfassungsmäßigkeit der Berliner Verordnung überprüft werden. 

Beantragen kann ein solches Verfahren nur die Bundes- oder eine Landesregierung oder ein Viertel aller Mitglieder des Bundestages, also mindestens 178 Abgeordnete. CDU und FDP sehen im Mietendeckel einen verfassungswidrigen Eingriff in das Privateigentum. Zudem stellen sie die Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin für das Mietrecht infrage.

Bereits im Vorfeld des Inkrafttretens hat das Mieterportal wenigermiete.de eine Auswertung vorgelegt, aus der hervorgeht, inwieweit sich das Einfrieren der Mietpreise auf dem Niveau vom 18. Juni 2019 auf den Berliner Wohnungsmarkt auswirkt. Demnach sind in Berlin rund 95 Prozent aller gemeldeten Bestandsmieten teurer als es der Mietendeckel erlaubt, im Schnitt knapp 200 Euro.

BMWi legt Entwurf für Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz vor

Mit dem von Bundeswirtschaftsministerium in gemeinsamer Federführung mit dem Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat (BMI) vorgelegten Referentenentwurf wird eine Vorgabe aus der EU-Gebäuderichtlinie zum Aufbau von Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität in Gebäuden umgesetzt. Der wesentliche Regelungsinhalt sieht vor, dass bei Neubau bzw. größerer Renovierung von Gebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen in Wohngebäuden künftig jeder Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel auszustatten ist.

Bis zum 5. Februar konnten Länder und Verbände ihre Stellungsnahmen zum Referentenentwurf abgeben. Wohnungswirtschaftliche wie auch Eigentümerverbände äußerten sich überwiegend kritisch: Die Regelung sei wenig praktikabel, weil es derzeit noch zu viele technische und finanzielle Hemmnisse für den Ausbau der Ladeinfrastruktur gäbe. Man fürchte einen Anstieg der Wohnkosten und zusätzliche bürokratische und finanzielle Belastungen für Eigentümer.

Regelung zur Verteilung der Maklerkosten beim Immobilienkauf kommt später

Eigentlich sollte im Bundestag am 13. Februar das Gesetz über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser verabschiedet werden. Nun steht die abschließende Beratung für Anfang März auf der Agenda. Nach Zustimmung des Bundesrates und Verkündung im Bundesgesetzblatt könnte das Gesetz in der zweiten Oktoberhälfte 2020 in Kraft treten. Mit dem Gesetz soll die bisherige Praxis, dass Käufer vollständig oder zu einem überwiegenden Anteil die Maklerkosten übernehmen, wenn der Makler nur vom Verkäufer bestellt wurde, beendet werden. Die vom Käufer zu zahlenden Kosten sollen nur noch maximal 50 Prozent des gesamten Maklerlohns betragen.

Auch soll der Käufer erst zur Zahlung verpflichtet sein, wenn der Verkäufer nachweist, dass er seinen Anteil gezahlt hat. Tritt der umgekehrte Fall ein, dass der Käufer Auftraggeber des Maklers ist, etwa bei einem Suchauftrag, gilt dieses Vorgehen ebenso. Als Auftraggeber ist er ebenfalls zahlungspflichtig und kann höchstens eine Kostenverteilung von 50 zu 50 erwirken. Für den Fall, dass ein Makler von beiden Parteien beauftragt wird, soll dieser die Maklerprovision auch von beiden Parteien zu gleichen Teilen verlangen dürfen.

Bundesrat legt Gesetzentwurf zu Schriftformerfordernis im Mietrecht vor

Die Auswirkungen der auch auf das Gewerbemietrecht anwendbaren sogenannten Schriftformklausel des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sind Gegenstand eines Gesetzentwurfs des Bundesrats (19/17034). Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schriftformerfordernisses im Mietrecht sieht vor, das Kündigungsrecht auf den Erwerber zu beschränken. Die Regelung werde unter Aufhebung des bisherigen BGB-Paragrafen 550 in einen neu zu schaffenden Paragrafen 566 Absatz 3 verlagert.

Damit werde die Norm auf den Schutzzweck reduziert, dem sie nach dem Willen des historischen Gesetzgebers eigentlich hatte dienen sollen, heißt es in dem Entwurf. Zusätzlich solle das nunmehr nur noch dem Erwerber für die vor seinem Erwerb liegenden Schriftformverstöße zustehende Kündigungsrecht zum Schutz des Mieters zeitlich befristet werden. Auf diese Weise werde verhindert, dass der Mieter während der gesamten restlichen vereinbarten Vertragslaufzeit aufgrund eines zutage getretenen Formmangels mit einer Kündigung durch den Erwerber rechnen muss. Darüber hinaus werde die Kündigung unwirksam, wenn der Mieter ihr widerspricht und sich mit der Fortsetzung des Mietvertrages zu den schriftlich vereinbarten Bedingungen einverstanden erklärt. 

Hintergrund ist dem Entwurf zufolge, dass die strenge Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dazu geführt hat, dass es in den vergangenen Jahren quasi zu einer „Zweckentfremdung” der Regelung von Paragraf 550 BGB gekommen ist. So habe immer wieder eine der Vertragsparteien versucht, sich unter Berufung auf die Formnichtigkeit einer mietvertraglichen Abrede auf die Unwirksamkeit der Befristung des Vertrages zu berufen und diesen sodann entgegen der ursprünglich für einen bestimmten Mietzeitraum getroffenen Abrede vorzeitig zu kündigen. Für Mieter und Vermieter eines Gewerbemietverhältnisses entstünden hieraus gleichermaßen erhebliche Rechts- und Planungsunsicherheiten.

Verlängerter Betrachtungszeitraum für Vergleichsmiete nimmt nächste Hürde

Der Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat mit der Mehrheit der Regierungskoalition einem Gesetzentwurf (» BT-Drs. 19/14245) zugestimmt, mit dem der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete von vier auf sechs Jahre verlängert werden soll. Ziel ist es, zu große Auswirkungen von kurzfristigen Schwankungen des Mietwohnungsmarktes auf die ortsübliche Vergleichsmiete zu vermeiden.

In der Diskussion bezeichneten die Abgeordneten von SPD und CDU/CSU den Entwurf als guten Kompromiss und Teil eines Paketes zum Schutz des Mietwohnungsmarkts. Während sich allerdings die Unionsfraktion gegen eine immer stärkere Regulierung auf Kosten des Wohnungsneubaus aussprach, sahen die Vertreter der SPD weiteren Handlungsbedarf.

Das Bundeskabinett hatte vorab die Ansicht vertreten, dass eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums auf Wohnungsmärkten mit stark steigenden Angebotsmieten den Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete dämpft. Der Marktbezug ginge so nicht verloren, da Vermieter das Recht behalten, die Mieten auf ein Niveau oberhalb der durchschnittlichen Bestandsmieten anzuheben.

Für Vermieter und Mieter von Wohnraum werden sich die Mieteinnahmen und -ausgaben durch das Gesetz im Durchschnitt verringern, heißt es zum Thema „Kosten” im Entwurfstext. Der Umfang hänge dabei stark von der Entwicklung des Wohnungsmarktes ab. Sollten die Angebotsmieten in den zehn Jahren nach Inkrafttreten wie in den Jahren 2017 und 2018 ansteigen, wird mit Mietmindereinnahmen und -ausgaben bundesweit im ersten Jahr von circa 117 Millionen Euro, im zweiten Jahr von etwa 181 Millionen Euro im zehnten Jahr von rund 458 Millionen Euro gerechnet.

Ein Antrag zum Mietschutz von Bündnis 90/Die Grünen (» BT-Drs. 19/14369) fand im Ausschuss keine Mehrheit. Er hatte vorgesehen, den Betrachtungszeitraum nicht nur auf sechs, sondern auf 20 Jahre auszudehnen.

 

  1. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

Bund erhöht Zuschüsse für Gebäudeenergieberatung

Seit 1. Februar gibt es mehr Geld für die Planung energetischer Sanierungen. Der maximale Zuschuss für Ein- und Zweifamilienhäuser steigt von 800 auf 1.300 Euro. Auch die Konditionen für die Baubegleitung an größeren Gebäuden verbessern sich. Die Bundesregierung hat die Förderung von Beratungsleistungen deutlich erhöht: Für eine Vor-Ort-Beratung in Ein- oder Zweifamilienhäusern gibt es nun bis zu 1.300 Euro Zuschuss. Das sind 500 Euro mehr als vorher.

Der für Eigentümer zu zahlende Eigenanteil beläuft sich auf nur noch 20 Prozent des förderfähigen Beratungshonorars. Das wäre bei Beratungskosten von 1.600 Euro ein Eigenanteil von 320 Euro. Der Zuschuss wird vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ausgezahlt. Die Beratung für Eigentümer von Wohngebäuden mit drei oder mehr Wohneinheiten wird nun mit maximal 1.700 Euro unterstützt. Das sind 600 Euro mehr als bislang. Wohnungseigentümergemeinschaften erhalten zusätzlich einen einmaligen Zuschuss von bis zu 500 Euro, wenn der Beratungsbericht in der Eigentümerversammlung erläutert wird.

BMWi und KfW verbessern Förderung für energieeffizientes Bauen und Sanieren

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und die KfW verbessern ab 24.01.2020 die Förderung für energieeffizientes Bauen und Sanieren im CO2-Gebäudesanierungsprogramm. Damit werden die Klimabeschlüsse der Bundesregierung aus September 2019 umgesetzt. Gleichzeitig wird der Zugang zu den Förderprogrammen mit Hilfe des „Förderwegweisers Energieeffizienz” noch einfacher und transparenter.

Von den Anpassungen in den Förderprogrammen profitieren Privatpersonen, Unternehmen und Kommunen. Gemäß den Vorgaben aus dem Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung steigen die Tilgungszuschüsse in den Kreditprogrammen um zehn Prozentpunkte, für Sanierungen von Wohngebäuden werden die Tilgungszuschüsse zudem um weitere 2,5 Prozentpunkte angehoben. Die jährlichen effektiven Kreditzinsen sind dadurch in den meisten Fällen negativ. Der Zuschuss für die Sanierung von Wohngebäuden steigt um 10 Prozentpunkte, zudem wird der Förderhöchstbetrag für Effizienzhäuser im Kredit und im Zuschuss für Wohngebäude von 100.000 auf 120.000 Euro erhöht.

 

 

Ab 24. Januar verbesserte Förderkonditionen für Gebäudesanierungsprogramme

Indem das Klimakabinett der Bundesregierung im September 2019 gesetzlich verbindliche Klimaziele auf den Weg gebracht hat, treten im Januar 2020 zahlreiche Konditionen- und Produktänderungen im Bereich Energieeffizient Bauen und Sanieren in Kraft. Eigentümer und private Bauherren profitieren ab dem 24.1.2020 bei vielen KfW-Produkten von höheren Tilgungs- und Investitionszuschüssen sowie Kreditbeträgen.

Für die Sanierung zum KfW-Effizienzhaus oder den Kauf von saniertem Wohnraum erhöht sich der Tilgungszuschuss um 12,5 Prozent. Der maximale Kreditbetrag steigt um 20.000 Euro auf 120.000 Euro. Auch bei energetischen Einzelmaßnahmen, die keinen KfW-Effizienzhaus-Standard anstreben, erhöht sich der Tilgungszuschuss um 12,5 Prozent. Für Nicht-Wohngebäude erhöht sich der Tilgungszuschuss für Sanierungen zum Erreichen eines KfW-Effizienzhaus-Standards um zehn Prozent.

Bundesregierung legt Förderprogramm für Heizsysteme neu auf

Im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 sollen CO2-arme Heizungssysteme stärker gefördert werden. Dazu sollen zeitnah neue Förderrichtlinien festgelegt werden, schreibt die Bundesregierung in der Antwort (19/16415) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/15677). Bis dahin blieben die alten Regelungen bestehen, eine rückwirkende Prämie solle nicht gewährt werden. Die im Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes vorgesehenen obligatorischen Beratungen von Ein- und Zweifamilienhausbesitzern sollen von Energieberatern der Verbraucherzentrale durchgeführt werden.

Das Bundeskabinett hat am 23. Oktober 2019 den Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) beschlossen, der die dafür zuständigen Bundesministern für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, sowie des Innern, für Bau und Heimat, Horst Seehofer, vorgelegt hatten. Darin enthalten sind finanzielle Anreizprogramme, um die Austauschrate von Ölheizungen zu erhöhen. So soll eine sogenannte Austauschprämie mit einem Förderanteil von 40 Prozent für ein neues, effizienteres Heizsystem eingeführt werden. Gleichzeitig verbietet die Bundesregierung in Gebäuden, in denen eine klimafreundlichere Wärmeerzeugung möglich ist, den Einbau von Ölheizungen ab dem Jahr 2026. Allerdings darf auch danach noch eine Ölheizung eingebaut werden, sofern sie mit erneuerbaren Energien kombiniert wird. Die Vorgaben dafür sind derzeit im Detail noch nicht festgelegt. Zudem soll es Ausnahmen geben, wenn weder Gas- noch Fernwärmeleitungen in der Nähe liegen und eine Versorgung mit erneuerbarer Energie zu „unbilligen Härten” führen würde.

Insgesamt ist der Umstieg von Ölheizungen auf klimafreundlichere Heizanlagen bereits in den jetzigen Förderprogrammen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) förderfähig (KfW-Programme, Marktanreizprogramm). Allerdings sollen mit einer neu konzipierten Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) die bestehenden investiven Förderprogramme im Gebäudebereich zu einem einzigen, umfassenden und modernisierten Förderangebot gebündelt und inhaltlich optimiert werden. Unabhängig davon ist der Austausch einer Ölheizung künftig zusätzlich steuerlich absetzbar: Der für die steuerliche Förderung geltende Satz soll bei 20 Prozent je Einzelmaßnahme liegen – als ein Bestandteil der Förderung aller Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutztem Wohneigentum, der bis zu einem Gesamtvolumen von 40.000 Euro pro Objekt ab dem 1. Januar 2020 eingeführt wird und eine Minderung der Steuerschuld über drei Jahre ermöglichen soll. In die steuerliche Förderung fallen neben dem Heizungstausch auch der Einbau neuer Fenster oder die Dämmung von Dächern und Außenwänden.

Bundesregierung plant Absenkung der EEG-Umlage

Am 18. Dezember 2019 sind die Änderungen des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds” in Kraft getreten. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/16624) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/16220). Wissen wollte die Fraktion, wann die EEG-Umlage gesenkt werden soll und welche weiteren Maßnahmen, etwa eine Senkung der Stromsteuer, der Offshore-Netzumlage und der Konzessionsumlage, geplant seien.

Die Maßnahmen zur Entlastung der Stromkosten fokussierten sich auf eine Absenkung der EEG-Umlage, führt die Regierung in der Antwort aus. Ein entsprechender Referentenentwurf werde derzeit im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vorbereitet. Die im Zuge des Klimaschutzprogramms 2030 beschlossene Entlastung beim Strompreis werde Gegenstand des Aufstellungsverfahrens zum Bundeshaushalt 2021 sein, in dem auch über den Wirtschaftsplan des Energie- und Klimafonds entschieden werde.

Mehr KfW-Fördermittel für Barrierereduzierung in Wohnraum

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hat die Fördermittel für Maßnahmen zur Barrierereduzierung für dieses Jahr auf 100 Millionen Euro erhöht. Bislang standen dafür 75 Millionen Euro bereit. Die Zuschüsse können ab sofort bei der KfW beantragt werden. BMI und die KfW reagieren damit auf die anhaltend hohe Nachfrage nach Barrierereduzierung.

Bundesinnenminister Horst Seehofer: „Niemand sollte umziehen müssen, nur weil seine Wohnung nicht altersgerecht gestaltet ist. Deshalb stocken wir die Förderung für Baumaßnahmen, mit denen Barrieren reduziert werden, deutlich auf. Davon profitieren ältere Menschen, Familien mit Kindern aber auch Bürgerinnen und Bürger, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.”

Dr. Ingrid Hengster, Vorstandsmitglied der KfW Bankengruppe: „Die hohe Nachfrage nach KfW-Zuschüssen für die Barrierereduzierung zeigt die große Relevanz dieser Förderung. Ich freue mich, dass wir das Produkt nun mit höheren Mitteln fortführen können und dadurch noch mehr Menschen in Deutschland in Wohnkomfort investieren und sich einen längeren Verbleib in der gewohnten Umgebung sichern können.”

Das BMI und die KfW fördern mit Investitionszuschüssen von bis zu 6.250 Euro bauliche Maßnahmen in Wohngebäuden, mit denen Barrieren im Wohnungsbestand reduziert und die Sicherheit erhöht werden. Seit 2009 wurden knapp 410.000 Wohneinheiten mit einem Zusagevolumen von 3,85 Milliarden Euro mithilfe der Förderung umgebaut. Allein im Jahr 2019 waren es 63.000 Wohneinheiten mit einem Fördervolumen von fast 400 Millionen Euro. Zu den typischen Modernisierungsmaßnahmen zählen der Einbau bodengleicher Duschen, das Entfernen von Türschwellen oder der Einbau von Aufzügen.

Für einzelne Maßnahmen vergibt die KfW Zuschüsse in Höhe von zehn Prozent der förderfähigen Kosten (max. 5.000 Euro). Wer sein Haus zum Standard „Altersgerechtes Haus“ umbaut, bekommt 12,5 Prozent der förderfähigen Kosten (max. 6.250 Euro) von der KfW erstattet.

Private Bauherren und Mieter können ihren Förderantrag vor Beginn der Vorhaben im KfW-Zuschussportal online stellen und erhalten innerhalb weniger Augenblicke ihre Förderzusage. Informationen zu den Fördermöglichkeiten sind auf der Internetseite » www.kfw.de/455-b oder über das KfW-Infocenter unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 / 539 9002 erhältlich.

 

  1. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

Frankfurt gewinnt zweckentfremdete Wohnungen zurück

Gegen nicht angemeldete sogenannte Residenz- oder Businessapartments geht die Stadt Frankfurt am Main derzeit aktiv vor. Innerhalb von vier Monaten wurden 395 zweckentfremdete Wohnungen wieder dem allgemeinen Wohnungsmarkt zugeführt. Insgesamt sei davon auszugehen, dass in der Stadt rund 3.000 solcher Wohnungen illegal an Touristen oder Monteure vermietet werden, meist möbliert, mitunter zu Wucherpreisen und überwiegend nicht ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt. Die im Jahr 2018 eingeführte Frankfurter Ferienwohnungssatzung schreibt eine Erlaubnis vor und begrenzt den Zeitraum der Vermietung an Gäste auf acht Wochen. 

Die nun zurückgewonnenen hotelähnlich genutzten Wohnungen wurden überwiegend von professionalisierten und gewerblich organisierten Anbietern vermietet. Für die Ordnungswidrigkeit und durch Abschöpfung des illegal erzielten Gewinns zog die Stadt Frankfurt nun eine Million Euro ein, die der Stadt zufließen werden.

Grunderwerbsteuer: Einnahmen der Länder seit 2010 verdreifacht

Wie das Bundesfinanzministerium mitteilt, haben die Einnahmen der Länder durch die Grunderwerbsteuer im Jahr 2019 erneut einen Rekordwert erreicht: Mit 15,8 Mrd. Euro liegt er um 12,1 Prozent über den Einnahmen des Vorjahres. Spitzenreiter mit einem Anstieg um 37 Prozent gegenüber 2018 ist Berlin. Seit dem Jahr 2010 hat sich das Steueraufkommen in diesem Bereich verdreifacht.

Die Grunderwerbsteuer, die beim Kauf eines Grundstücks oder einer Immobilie anfällt, wird seit 2006 von den Bundesländern festgesetzt. Seitdem wurde der Satz stetig erhöht. Der derzeit niedrigste Satz von 3,5 Prozent des jeweiligen Kaufpreises gilt in Bayern und Sachsen. In Hamburg liegt er bei 4,5 Prozent, in Baden-Württemberg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt bei fünf Prozent, in Berlin und Hessen bei sechs Prozent, in Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Thüringen sind es 6,5 Prozent.

So profitieren die Länder deutlich vom Immobilienboom und geraten damit in die Kritik: Käufer wie auch Mieter werden durch die Grunderwerbsteuer als Teil der Kaufnebenkosten beim Immobilienerwerb belastet. Die Steuerpolitik konterkariere die derzeitigen Bemühungen zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Mietpreisbremse und Baukindergeld würden damit ad absurdum geführt.

Baukindergeld: Seit Programmstart rund 48.000 Anträge eingegangen

Die Nachfrage nach dem Baukindergeld ist nach wie vor hoch. In den ersten drei Monaten seit Programmstart haben fast 48.000 Familien die Förderung beantragt. Die meisten Antragsteller kommen aus NRW (10.728), gefolgt von Baden-Württemberg (6.407) und Niedersachsen (6.039).

Bereits in der ersten Antragswoche waren bei der KfW mehr als 9.500 Anträge eingegangen. Durchschnittlich werden wöchentlich knapp 3.000 neue Anträge eingereicht. Wie die KfW und das Bundesinnenministerium vor Weihnachten bekannt gaben, stellen Familien mit ein oder zwei Kindern die meisten Anträge.

„Ich freue mich, dass das Baukindergeld so gut gestartet ist. Es senkt die individuelle Finanzierungsbelastung und ermöglicht vielen Familien den Schritt in das Wohneigentum”, so Bundesbauminister Horst Seehofer. Auch die KfW ist zufrieden. Die hohe Nachfrage zeige, dass das Programm den Nerv der Zeit treffe, ergänzt Dr. Ingrid Hengster, Vorstandsmitglied der KfW Bankengruppe.

Kritik: Baukindergeld heize den Wohnimmobilienmarkt an

Doch nicht überall wird die Förderung begrüßt. So kritisierte die OECD, dass das Baukindergeld lediglich den ohnehin schon boomenden Immobilienmarkt weiter anheize. Auch das IW Köln mahnte mehrfach an, dass die Förderung den Neubau vor allem in ländlichen Regionen mit niedrigen Immobilienpreisen anrege. Aufgrund des festen Förderbetrags sei die Wirkung dort deutlich größer als in den teureren Ballungsräumen. Das Baukindergeld könnte dort sogar eher preistreibend wirken.

FDP-Fraktion fragt nach Kosten und Nutzen

Noch vor dem Jahreswechsel fragte die FDP-Bundestagsfraktion in einer Kleinen Anfrage (BT-Drs.: 19/6497) zu Kosten und Nutzen des Baukindergelds u.a. nach den bislang gestellten Anträgen, nach Vorzieheffekten und Preissteigerungen sowie mit welchen  Ausgaben die Bundesregierung für die Förderung rechnet. Sie möchten außerdem erfahren, ob das Baukindergeld aus Sicht der großen Koalition insbesondere Schwellenhaushalten die Wohneigentumsbildung ermöglichen wird und dieses Ziel besser als die Eigenheimzulage erreichen kann. Die Antwort der Bundesregierung steht noch aus.

Über das Baukindergeld

Das Baukindergeld soll Familien den Zugang zu Wohneigentum erleichtern. Für den Bau oder Kauf einer Immobilie erhalten Familien pro Kind und Jahr 1.200 Euro, der Förderzeitraum erstreckt sich auf zehn Jahre. Gewährt wird die Förderung für Familien und Alleinerziehende mit einem Kind bis zu einer Grenze von 90.000 Euro zu versteuerndem jährlichem Haushaltseinkommen. Mit jedem weiteren Kind erhöht sich die Einkommensgrenze um 15.000 Euro. Voraussetzung ist zudem, dass die Immobilie selbst genutzt wird und die Antragsteller frühestens am 1. Januar 2018 und spätestens am 31. Dezember 2020 den Kaufvertrag unterzeichnet oder die Baugenehmigung erhalten haben. Das Baukindergeld wird voraussichtlich ab März 2019 ausgezahlt.

 

 

Sehr geehrte Verwaltungsbeiräte,
liebe Leserinnen und Leser,

seit der Herbstausgabe unseres Beirats-Newsletters ist eine Menge geschehen. Bundesrat und Bundestag haben eine Vielzahl an Gesetzen beschlossen beziehungsweise auf den Weg gebracht, die auch Wohnungseigentümergemeinschaften betreffen. Denken Sie nur an die Grundsteuerreform, das Gesetz zum Zensus 2021, das Gebäudeenergiegesetz und das Klimapaket. In letzterem sind steuerliche Erleichterungen bei der Umsetzung von energetischen Sanierungsmaßnahmen vorgesehen. Allerdings konnten sich Bund und Länder bislang nicht über die Verteilung der damit verbundenen Kosten einigen. Daher berät nun der Vermittlungsausschuss darüber. Wir hoffen auf eine schnelle Einigung.

Apropos Tempo: Neu ist der „Masterplan Ladeinfrastruktur“ der Bundesregierung. Er sieht für 2020 unter anderem 50 Millionen Euro vor, um den Aufbau privater Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge zu fördern ‒ ein mit Sicherheit spannendes Thema für die nächste Eigentümerversammlung. Bei der könnten dann schon neue Beschlussquoren gelten, wenn die erwartete Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes bis dahin in Kraft ist. Diese soll ja im nächsten Jahr kommen, vorausgesetzt die Regierung bricht nicht vorzeitig auseinander.


Liebe Leserin, lieber Leser, diese und weitere Nachrichten finden Sie in der neuen Ausgabe unseres Beirats-Newsletters. Wir haben wieder Informationen rund um die Themen Wohnen, Kaufen, Mieten und Verwalten sowie aktuelle Gerichtsurteile zum Wohnungseigentums- und Mietrecht für Sie zusammengestellt. Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem regelmäßigen Service im zurückliegenden Jahr wertvolle Impulse für Ihre Tätigkeit als Verwaltungsbeirat liefern konnten.

Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie besinnliche Weihnachtsfeiertage sowie ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr!

Ihre Immobilienverwaltung
Die Hausverwaltung Claudia Thelen

Vorbemerkungen:

Der DDIV-Beirats-Newsletter ist ein Angebot für Immobilienverwaltungen, um ihre Beiräte und Eigentümer noch umfassender über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Die Auswahl der jeweiligen Inhalte ist freiwillig und unterliegt allein der Hausverwaltung. Der Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV) und Die Hausverwaltung Claudia Thelen übernimmt keine Haftung für die abgedruckten Inhalte. 

 

VDIV-Beiratsnewsletter

Ausgabe 4/2019

 

 

Inhalt

 

  1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht, Datenschutz

 

  1. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

 

  1. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

 

  1. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

 

 

  1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht, Datenschutz

Härtefallabwägung bei einer Mieterhöhung nach Modernisierung

Bei der Prüfung eines Härteeinwandes nach § 559 Abs. 4 Satz 1 BGB im Rahmen einer Modernisierungsmieterhöhung kommt es bei der Interessenabwägung der Mietvertragsparteien auf die Umstände des Einzelfalles an. Es ist zwar zu prüfen, ob die Wohnungsgröße angemessen ist, aber auch die Verwurzelung des Mieters sowie seine gesundheitliche Verfassung zu berücksichtigen. Ausgeschlossen ist der Härteeinwand nach § 559 Abs. 4 Satz 2 BGB jedoch dann, wenn die Modernisierungsmaßnahme aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung des Vermieters durchgeführt wurde.

Der Fall

Der Mieter (Kläger) bewohnt seit seinem fünften Lebensjahr eine knapp 86 qm große Wohnung in Berlin, die er inzwischen allein nutzt. Der Mietvertrag über die in einem 1929 erbauten Mehrfamilienhaus liegende Wohnung wurde von den Eltern des Mieters im Jahre 1962 abgeschlossen. Der Mieter bezieht Arbeitslosengeld II und erhält zur Deckung der Wohnungsmiete monatlich einen Betrag von 463,10 Euro. Die Kaltmiete der Wohnung betrug im Juni 2016 574,34 Euro.

Nachdem die Vermieterin Dämmungsarbeiten an der obersten Geschossdecke und der Außenfassade durchführen ließ, die bisherigen Balkone durch größere Balkone ersetzte sowie seit den 1970er-Jahren stillgelegten Fahrstuhl wieder in Betrieb nahm, wurde die Miete zum 01.01.2017 um 240 Euro angehoben (davon 70 Euro für die Dämmungen, 100 Euro für den Anbau neuer Balkone, weitere 70 Euro für den Fahrstuhl).

Der Mieter wendete daraufhin ein, dass die Mieterhöhung für ihn eine unzumutbare finanzielle Härte bedeute und klagte auf Feststellung, dass er nicht zur Zahlung der verlangten Mieterhöhung von 240 Euro monatlich verpflichtet sei.

Nachdem das Amtsgericht lediglich feststellte, dass der Mieter zwar nicht zur Zahlung der Mieterhöhung von 70 Euro für die Wiederinbetriebnahme des Fahrstuhls verpflichtet sei, im Übrigen jedoch die Klage des Mieters abgewiesen hatte, wurde vom Berufungsgericht die Klage abgeändert. Es stellte fest, dass der Mieter aufgrund seines Härteeinwandes zur Zahlung der Mieterhöhung nicht verpflichtet sei.

Die beklagte Vermieterin machte sodann im Revisionsverfahren geltend, dass nach den für staatliche Transferleistungen geltenden Vorschriften für einen Einpersonenhaushalt lediglich eine Wohnfläche von 50 qm als angemessen gelte. Die 86 qm große Wohnung des Mieters übersteige diese Grenze erheblich.

Die Entscheidung

Der BGH hat den Einwand der Vermieterin nicht durchgreifen lassen. Der BGH begründet seine Entscheidung damit, dass bei der nach § 559 Abs. 4 Satz 1 BGB vorzunehmenden Abwägung die Wohnungsgröße zulasten des Mieters zwar mit einzubeziehen ist. Jedoch ist darüber hinaus abzuwägen, ob der Mieter trotz des Refinanzierungsinteresses des Vermieters seinen bisherigen Lebensmittelpunkt beibehalten darf.

Es kommt laut BGH bei der Abwägung darauf an, ob die vom Mieter genutzte Wohnung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, etwa auch der Verwurzelung des Mieters in der Wohnung und seine gesundheitliche Verfassung, für seine Bedürfnisse angemessen ist. Vorliegend lebte der Mieter schon seit 55 Jahren in der Wohnung, so dass ihm nicht vorgeworfen werden konnte, dass er schon seit Beginn des Mietverhältnisses „über seinen Verhältnissen“ lebte.

Auch wenn der BGH damit die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts zum Vorliegen einer unzumutbaren Härte gebilligt hat, musste die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, da keine ausreichenden Feststellungen zum Vorliegen von Ausnahmefällen des § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGB vom Berufungsgericht getroffen worden waren.

Denn bei Vorliegen der Ausnahmefälle ist ein Härtefalleinwand des Mieters gesetzlich ausgeschlossen. Das Berufungsgericht hatte bezüglich der Modernisierungsmaßnahme „Vergrößerung der Balkone auf 5 m2“ nicht geprüft, ob Balkone dieser Größe allgemein üblich sind. Auch hinsichtlich der „Fassadendämmung“ hatte das Landgericht verkannt, dass § 9 Abs. 1 EnEV dem Eigentümer im Falle der Erneuerung des Außenputzes an Fassadenflächen zwar vorgibt, Wärmedämmmaßnahmen durchzuführen, jedoch keine Verpflichtung besteht, den Außenputz vollständig zu erneuern. § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGB schließt den Härteeinwand des Mieters nur dann aus, wenn der Vermieter die Durchführung einer Modernisierungsmaßnahme nicht zu vertreten hat, er sich also aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften nicht entziehen kann.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 9.10.2019, Az. VIII ZR 21/19

 

Kein Anspruch auf Baumfällen bei Einhaltung des Grenzabstandes

Ein Grundstückseigentümer kann in aller Regel von seinem Nachbarn nicht die Beseitigung von Bäumen wegen der von ihnen ausgehenden natürlichen Immissionen auf sein Grundstück verlangen, wenn die für die Anpflanzung bestehenden landesrechtlichen Abstandsregelungen eingehalten worden sind.

Der Fall

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke, die in Baden-Württemberg belegen und mit Wohnhäusern bebaut sind. Auf dem Grundstück des Beklagten stehen in einem Abstand von mindestens zwei Meter zu der Grenze drei ca. 18 Meter hohe, gesunde Birken. Wegen der von den Birken ausgehenden Immissionen (Pollenflug, Herausfallen der Samen und Früchte, Herabfallen der leeren Zapfen sowie der Blätter und Birkenreiser) verlangt der Kläger mit seinem Hauptantrag deren Entfernung und hilfsweise eine monatliche Zahlung von jeweils 230 € in den Monaten Juni bis November eines jeden Jahres.

Die Entscheidung
Der BGH hat der zugelassenen Revision des beklagten Eigentümers stattgegeben und damit das erstinstanzliche Urteil, welches die Klage des Nachbarn im Haupt- und Hilfsantrag abgewiesen hatte, wieder hergestellt. Der Bundesgerichtshof führt in seiner Begründung aus, dass ein Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB voraussetzt, dass der Beklagte ein Störer im Sinne dieser Vorschrift sein muss. Hierfür genügt jedoch nicht bereits das Eigentum an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht. Vielmehr muss festgestellt werden, ob es Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen. Wenn es um durch Naturereignisse ausgelöste Störungen geht, ist entscheidend, ob sich die Nutzung des Grundstücks von dem die Beeinträchtigungen ausgehen, im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. In aller Regel ist von einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung auszugehen, wenn –wie hier gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4a i. V. m. Abs. 2 Satz 1 NRG-BW a. F. – die für die Anpflanzung bestehenden landesrechtlichen Abstandsregelungen eingehalten sind. Kommt es trotz der Einhaltung der Abstandsgrenzen zu natürlichen Immissionen auf dem Nachbargrundstück, ist der Eigentümer des Grundstücks hierfür nach der von dem Gesetzgeber vorgenommenen Wertung regelmäßig nicht verantwortlich. Der BGH weist zwar darauf hin, dass grundsätzlich der Landesgesetzgeber nicht dem Nachbarn Rechte nehmen könne, die sich aus § 1004 Abs. 1 BGB ergeben, jedoch müsse die (Vor-)Frage gestellt werden, ob ein Grundstücks-eigentümer für natürliche Immissionen verantwortlich sei. Sobald dies ausscheidet, gibt es auch keinen Konflikt zwischen den Regeln des BGB und den landesrechtlichen Vorschriften. Da der Grundstückseigentümer für die Beeinträchtigungen nicht verantwortlich ist, scheidet auch ein Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB vollständig aus.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.9.2019, Az. V ZR 218/18

 

Bezugnahme auf Mietspiegel der Nachbargemeinde für Mieterhöhung nicht immer zulässig

Für die Begründung eines Mieterhöhungsverlangens kann der Mietspiegel einer Nachbargemeinde nur dann herangezogen werden, wenn eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse des Einzelfalls zu einer Vergleichbarkeit der benachbarten Städte führt. Wesentliche Kriterien sind dabei Einwohnerzahl, Bevölkerungsdichte, Infrastruktur sowie kulturelle Angebote.

Der Fall

Die Vermieterin eines großen Anwesens in der Stadt Stein, welche unmittelbar an das westliche Gemeindegebiet der Stadt Fürth bei Nürnberg angrenzt, verlangte von der Mieterin einer Mieterhöhung um 345,00 Euro ab dem 01.01.2014 zuzustimmen, nachdem die Miete seit Beginn des Mietverhältnisses im Jahr 2004 unverändert 3.000,00 Euro betrug. In dem Mieterhöhungsverlangen nahm die Vermieterin auf den beigefügten Mietspiegel der Stadt Fürth Bezug. Die Stadt Stein hat etwa 15.000 Einwohner, während in Fürth etwa 125.000 Menschen leben. Die Stadt Stein hat eine Bevölkerungsdichte von 768 Personen pro Quadratkilometer, während in Fürth 1.960 Personen pro Quadratkilometer leben. Fürth verfügt im Gegensatz zu Stein über U- und S-Bahnanschluss und Einrichtungen wie Krankenhäuser, Kinos und Theater. Die Mieterin stimmt dem Mieterhöhungsverlangen nicht zu. Sie führt als Argument an, dass der Mietspiegel der Stadt Fürth nicht herangezogen werden dürfe, um eine Mieterhöhung in Stein zu begründen. Beide Städte seien nicht vergleichbar. Die Vermieterin ist der Ansicht, dass beide Gemeinden schon aufgrund der unmittelbaren Nähe zu Nürnberg vergleichbar seien und sich dies auch bei den Grundstückspreisen niederschlage. Die auf Zustimmung zu der verlangten Mieterhöhung gerichtete Klage der Vermieterin hatte weder vor dem Amtsgericht noch dem Berufungsgericht Erfolg.

Die Entscheidung

Der BGH stellt bestätigend fest, dass das Mieterhöhungsverlangen der Vermieterin den formellen Anforderungen des § 558a Abs.1, Abs.2 Nr. 1, Abs.4 Satz 2 BGB nicht genügt, da der Mietspiegel der Stadt Fürth zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens für das in der Stadt Stein gelegene Mietobjekt nicht geeignet ist. Das Mieterhöhungsverlangen muss in formeller Hinsicht Angaben über die Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet und der Mieter diese Angaben zumindest ansatzweise überprüfen kann. Diese Voraussetzungen sind durch die Bezugnahme auf den Mietspiegel der Nachbarstadt Fürth vorliegend nicht erfüllt. Denn der Mietspiegel einer anderen Gemeinde ist nach § 558a BGB nur dann ein taugliches Mittel, wenn es sich um den Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handelt.

Bei den Städten Stein und Fürth handelt es sich jedoch nicht um vergleichbare Gemeinden im Sinne des § 558a Abs.4 Satz 2 BGB. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Vergleichbarkeit zweier Gemeinden gegeben ist, muss eine Gesamtbetrachtung aller Kriterien des Einzelfalls und deren anschließender Gewichtung und Abwägung erfolgen. Für die Gesamtbetrachtung des Einzelfalls sind wichtige Kriterien wie Einwohnerzahl, Bevölkerungsdichte, Infrastruktur und das jeweilige kulturelle Angebot zu berücksichtigen und abzuwägen. Hierin unterscheiden sich beide Städte jedoch wesentlich. Der Ort Stein verfügt nicht wie Fürth als sogenanntes Oberzentrum über zentralörtliche Einrichtungen der Grundversorgung sowie weitere Einrichtungen des spezialisierten höheren Bedarfs. Zudem befindet sich im Stadtgebiet der Stadt Stein weder eine U-Bahn- noch eine S-Bahn-Haltestelle, welche für die Erreichbarkeit der infrastrukturellen Angebote für die Einwohner von Bedeutung ist. Die unmittelbare örtliche Nähe beider Gemeinden zu Nürnberg, welches sich auch bei den Grundstückspreisen niederschlägt, kann keine Vergleichbarkeit beider Städte begründen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.8.2019, Az. VIII ZR 255/18

 

Umfang des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO – auch Gesprächsvermerke oder Telefonnotizen sind relevant

Am 26.07.2019 hat das OLG Köln in einem Urteil zum Aktenzeichen 20 U 75/18 zum Umfang des Auskunftsanspruchs nach der DSGVO entschieden. Nach Art. 15 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen ob und ggf. welche personenbezogenen Daten von ihm verarbeitet werden. Der Begriff der personenbezogenen Daten ist in Art. 4 Nr. 1 DSGVO definiert. Danach sind „personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen.

Der Fall

In dem zugrundeliegenden Fall hatte ein Versicherungsunternehmen die von einem Versicherungsnehmer begehrte Auskunft auf die im Rahmen des Vertragsverhältnisses gespeicherten Stammdaten beschränkt.

Das OLG Köln hat unter Verweis auf die bislang existierende Kommentarliteratur zu Art. 4 DSGVO ausgeführt, dass unter den Begriff der personenbezogenen Daten außer den im Kontext verwendeten Identifikationsmerkmalen (z.B. Name, Anschrift und Geburtsdatum) und äußeren Merkmalen (wie Geschlecht, Augenfarbe, Größe und Gewicht) auch innere Zustände (z.B. Meinungen, Motive, Wünsche, Überzeugungen und Werturteile) sowie sachliche Informationen wie etwa Vermögens- und Eigentumsverhältnisse, Kommunikations- und Vertragsbeziehungen und alle sonstigen Beziehungen der betroffenen Person zu Dritten und ihrer Umwelt fallen. „Personenbezug haben danach letztendlich alle Aussagen, die eine subjektive und/oder objektive Einschätzung zu einer identifizierten oder identifizierbaren Person liefern.“

Die Entscheidung

Vor diesem Hintergrund hat das OLG Köln entschieden, dass auch elektronisch gespeicherte Vermerke zu den mit dem Versicherungsnehmer geführten Telefonaten und sonstigen Gesprächen der Auskunftspflicht unterliegen. Jedenfalls „soweit in Gesprächsvermerken oder Telefonnotizen Aussagen des Klägers oder Aussagen über den Kläger festgehalten sind, handelt es sich hierbei ohne weiteres um personenbezogene Daten.“

Auch den Einwand des Versicherungsunternehmens, dass es für Großunternehmen, die einen umfangreichen Datenbestand verwalten, wirtschaftlich unmöglich sei, Dateien auf personenbezogene Daten zu durchsuchen und zu sichern, ließ das OLG nicht gelten. Es sei vielmehr Sache des Verantwortlichen, der sich der elektronischen Datenverarbeitung bedient, diese im Einklang mit der Rechtsordnung zu organisieren und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass dem Datenschutz und den sich hieraus ergebenden Rechten Dritter Rechnung getragen wird.

Das OLG Köln hat in dem o. g. Urteil hinsichtlich der Frage des Umfangs des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO für das beklagte Versicherungsunternehmen die Revision zugelassen. Insoweit bleibt abzuwarten, wie der BGH sich zu der Thematik positioniert.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 26.7.2019, Az. 20 U 75/18

 

BGH zur Auslegung von Vertretungsbeschränkungen in der Teilungserklärung: Juristische Personen und natürliche Personen dürfen nicht gleich behandelt werden

Grundsätzlich darf sich jeder Wohnungseigentümer in der Versammlung durch eine beliebige andere Person vertreten lassen. Etwas anderes gilt, wenn – wie in der Praxis häufig – in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung (TE/GO) Einschränkungen vereinbart sind. Dass Vertretungsbeschränkungen erlaubt sind, ist längst geklärt. Noch ungeklärt war, wie eine auf natürliche Personen zugeschnittene Vertretungsklausel (z. B. Ehegatten, Familienangehörige, Verwandte in gerader Linie) auszulegen und anzuwenden sind, wenn sich eine juristische Person nicht durch ihren organschaftlichen Vertreter (z. B. Vorstand, Geschäftsführer, geschäftsführender Gesellschafter) vertreten lassen will, sondern einen Angestellten oder sonstigen Mitarbeiter. Hierzu bezog der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr Stellung.

Mit Urteil vom 28. Juni 2019 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 250/18 hat der BGH entschieden, dass sich eine juristische Person in der Eigentümerversammlung jedenfalls dann auch von einem Mitarbeiter einer zum selben Konzern gehörenden weiteren Tochtergesellschaft vertreten lassen darf, wenn diese für die Verwaltung der Sondereigentumseinheiten in der betreffenden WEG zuständig ist.

Der Fall

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Thüringen, die aus 43 Wohnungen besteht, gehören 22 Wohnungen der T. GmbH und die restlichen 21 Wohnungen den übrigen Wohnungseigentümern. In § 9 Ziff. 6 TE/GO ist vereinbart:

„Ein Wohnungseigentümer kann sich nur durch seinen Ehegatten, einen anderen Wohnungseigentümer aus der Gemeinschaft oder den Verwalter in der Versammlung vertreten lassen. Der Vertreter bedarf einer schriftlichen Vollmacht, die dem Verwalter spätestens vor Beginn der Versammlung auszuhändigen ist.”

Die T. GmbH ist eine nahezu 100prozentige Tochtergesellschaft einer Management-Holding. Zum T.-Konzern gehört neben der T. GmbH auch das weitere Tochterunternehmen TA. GmbH. Diese übt die Funktion der konzernweiten einheitlichen Verwaltungsgesellschaft aus. Alle konzernangehörigen Gesellschaften einschließlich der T. GmbH (Anfechtungsklägerin) haben der TA. GmbH eine Vollmacht für die Verwaltung ihrer Sondereigentumseinheiten erteilt. Dementsprechend wurde der gesamte Schriftverkehr mit dem WEG-Verwalter nicht von der Klägerin persönlich geführt, sondern über die TA. GmbH abgewickelt.

In der Eigentümerversammlung vom 12.12.2016 stand die Wiederbestellung des WEG-Verwalters auf der Tagesordnung. Die Klägerin erteilte einer Mitarbeiterin der TA. GmbH eine schriftliche Stimmrechtsvollmacht mit der Berechtigung, Untervollmacht zu erteilen. Der Versammlungsleiter (WEG-Verwalter) wies die ihm vor Beginn der Versammlung von der Mitarbeiterin vorgelegte Original-Vollmacht zurück. Er war unter Hinweis auf einen Interessenkonflikt auch nicht bereit, sich von der Mitarbeiterin eine Untervollmacht erteilen zu lassen. Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats lehnte es ebenfalls ab, die ihm angetragene Untervollmacht für die Klägerin auszuüben. Die Mitarbeiterin musste den Versammlungsraum verlassen. Ohne Berücksichtigung der Stimmen der Klägerin beschlossen die Wohnungseigentümer mit 14 Ja-Stimmen die Wiederbestellung des WEG-Verwalters. Da laut TE/GO nach dem Objektprinzip abgestimmt wird, hätte die Klägerin – wären ihre Stimmen mitgezählt worden – mit 22:14 gegen die Wiederbestellung gestimmt. Der Beschlussantrag über die Wiederbestellung wäre mithin abgelehnt worden.

Die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage wies das Amtsgericht ab. Das für Thüringen zuständige zentrale WEG-Berufungsgericht in Gera änderte das amtsgerichtliche Urteil ab und erklärte den Beschluss über die Wiederbestellung für ungültig. Die Revision wurde zugelassen und von den beklagten Wohnungseigentümern eingelegt. Der BGH bestätigt die Vorinstanz.

Die Entscheidung

Das Verhalten des Versammlungsleiters war rechtswidrig. Daher war der Beschluss für ungültig zu erklären. Die Klausel in der TE/GO sei sprachlich („Ehegatten”) auf natürliche Personen zugeschnitten und daher erkennbar lückenhaft. Diese Regelungslücke müsse im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (der Teilungserklärung) geschlossen werden. Hierbei sei erkennbar, dass im Ausgangspunkt nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen dem Grundsatz der Vertretungsbeschränkung unterliegen müssten. Denn die Privilegierung einer juristischen Person, der Wohnungen gehören, gegenüber anderen Wohnungseigentümern sei nicht gerechtfertigt. Andererseits dürfe eine juristische Person im Vergleich mit anderen Wohnungseigentümern nicht benachteiligt werden, indem eine Stimmrechtsvertretung in der Versammlung nur durch organschaftlichen Vertreter erlaubt sei. Das hinter der Vertretungsbeschränkung stehende Interesse, gemeinschaftsfremde Einwirkungen von der Willensbildung in der Versammlung fernzuhalten, auf der einen Seite und die Bedeutung des Stimmrechts, das auch bei juristischen Personen zum Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte gehöre, auf der anderen Seite seien dahin miteinander in Einklang zu bringen, dass auch rechtsgeschäftliche Vertreter der juristischen Person in die Versammlung entsandt werden dürften.

In diesem Zusammenhang merkt der BGH an, dass – je nach den Umständen des Einzelfalles und so auch hier – nicht zwingend gefordert werden dürfe, dass der Stimmrechtsvertreter ein unternehmenseigener Mitarbeiter ist. Habe ein Konzern die Liegenschaftsverwaltung auf eine rechtlich eigenständige Tochtergesellschaft ausgegliedert, sei es nicht zu beanstanden, wenn diese Tochter einen Mitarbeiter entsende, sofern dieser als Sachbearbeiter mit den Vorgängen um die betreffenden Sondereigentumseinheiten vertraut sei. Unter dieser Voraussetzung dürfe der Mitarbeiter einer anderen Konzerntochter angehören. Im vorliegenden Fall lagen diese Voraussetzungen nach dem unstreitigen Sachverhalt vor. Daher war die Mitarbeiterin der TA. GmbH berechtigt, die Klägerin in der Versammlung zu vertreten.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.6.2019, Az. V ZR 250/18

 

Keine Duldung baulicher Eingriffe an gemeinsamer Giebelwand

Der Eigentümer eines Grundstücks muss Veränderungen an seinem Gebäude, die infolge einer Wärmedämmung am Nachbargebäude notwendig werden, nicht dulden. Er hat nur einen Überbau durch Bauteile zu dulden, die wegen des Anbringens der Wärmedämmung an der Grenzwand auf sein Grundstück hinüberragen.

Der Fall

Die Parteien sind Eigentümer unmittelbar aneinandergrenzender, in Hessen gelegener Reihenhäuser, die im Jahr 1976 in einer versetzten Bauweise errichtet wurden. Der klagende Eigentümer ließ im Rahmen einer Sanierung seines Reihenhauses eine außenseitige Fassadendämmung anbringen. Der unmittelbar an das Reihenhaus seines Nachbarn angrenzende und aufgrund der versetzten Bauweise frei liegende Teil der Wand des Reihenhauses einschließlich eines schmalen Streifens im Dachbereich ist bislang nicht gedämmt. Die dafür vorgesehene Außendämmung nebst Putz würde die Grenze zum Grundstück des Nachbarn um 11 cm überschreiten. Zu deren Anbringung wären ebenfalls bauliche Eingriffe an der Fassade des Nachbarhauses erforderlich, zudem müsste der Dachbereich des Nachbarhauses geöffnet werden. Damit ist der Nachbar nicht einverstanden. Der Eigentümer verlangt mit seiner Klage, es ihm zu erlauben, das Grundstück des Nachbarn zu betreten, um die Wärmedämmung an der zum Grundstück des Nachbarn gelegenen Wand anzubringen und die hierzu erforderlichen Arbeiten am Dachanschluss auszuführen.

Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat diese abgewiesen. Letzteres verneinte einen Anspruch auf der Grundlage nach § 10 a NachbG HE. Es begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass die anzuwendende Norm eng ausgelegt werden müsse. Bei einer konkreten Abwägung der beiderseitigen Interessen sei keine nur geringfügige Beeinträchtigung des betroffenen Grundstückes gegeben. Denn der Nachbar hätte nicht nur den Überbau, sondern auch Veränderungen am eigenen Haus zu dulden.

Die Entscheidung

Der BGH bestätigt im Ergebnis die Entscheidung des Berufungsgerichts, sodass die Revision des klagenden Eigentümers keinen Erfolg hat. Der BGH merkt aber an, dass das Berufungsgericht ohne hinreichende Feststellungen von dem Vorliegen einer Grenzwand ausgegangen sei. Jedoch kommt es auf diese hier streitige Frage nach Ansicht des BGH nicht an. Denn der Beklagte ist jedenfalls nicht verpflichtet, bauliche Veränderungen an den auf seinem Grundstück vorhandenen Gebäuden und deren Substanz zu dulden. Der Eigentümer eines Grundstücks hat nach § 10a Abs. 1 NachbG HE nur einen Überbau durch Bauteile zu dulden, die wegen des Anbringens einer Wärmedämmung an der Grenzwand des Nachbarn auf sein Grundstück hinüberragen. Demgegenüber muss er Veränderungen an seinem Gebäude, die infolge der Wärmedämmung notwendig werden, nicht dulden. Eingriffe in das Eigentumsrecht sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Vorliegend hätte der Nachbar auch Veränderungen an Bauteilen seines Gebäudes zu dulden gehabt. Es wäre die Entlüftungsöffnung in der Außenwand zu verlegen gewesen sowie dessen Dach hätte geöffnet werden müssen. Eine Duldungspflicht derartiger Eingriffe in das Eigentum besteht nicht.

Der BGH stellt auch klar, dass eine solche Duldungspflicht auch dann nicht bestehen würde, wenn es sich bei der zu dämmenden Wand um eine gemeinsame Grenzeinrichtung (Nachbarwand) im Sinne des § 921 BGB handeln sollte. Denn über die Vorschriften der Gemeinschaft nach §§ 921,922 Satz 4 BGB kommt § 745 Abs. 2 BGB zur Anwendung, wonach jeder Teilhaber eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen kann.

Das Anbringen einer Wärmedämmung auf eine Wand der gemeinsamen Grenzeinrichtung stellt grundsätzlich eine Verwaltungsmaßnahme im Sinne dieser Vorschrift dar. Jedoch bezieht sich die Duldung baulicher Eingriffe allein auf den gemeinschaftlichen Gebäudeteil und nicht auf Gebäudeteile, die nicht der gemeinsamen Verwaltung unterliegen. 

Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.6.2019, Az. V ZR 144/18

 

  1. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

Steuerliche Entlastungen für Wohnimmobilieneigentümer müssen warten ‒ nationaler Zertifikatehandel für CO2 kommt

Die im Klimapaket der Bundesregierung beschlossenen steuerlichen Maßnahmen und damit auch die Entlastungen für Haus- und Wohnungseigentümer, die energetische Sanierungsmaßnahmen vornehmen, wurden vom Bundesrat in seiner Sitzung am 29. November 2019 in den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Länderkammer verwiesen. Dort sollen sie grundlegend überarbeitet werden. Gebilligt wurde dagegen das Brennstoffemissionshandelsgesetz.

Es verpflichtet Unternehmen, die mit Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Benzin, Kohle und Diesel handeln, für den Treibhausgas-Ausstoß ihrer Produkte ab 2021 ein Zertifikat zu erwerben. Der Preis startet bei zehn Euro pro Tonne und steigt bis 2025 stufenweise auf 35 Euro je Tonne an. Ab 2026 müssen die Verschmutzungsrechte ersteigert werden. Der Preiskorridor ist dabei auf 35 bis 60 Euro pro Tonne festgelegt.

Die Bundesregierung plant, die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in Maßnahmen des Klimaschutzprogramms investieren und teilweise als Ausgleich für höhere Kosten an die Verbraucher zurückgegeben. So wird mittelfristig die EEG-Umlage als Gegengewicht zur neuen CO2-Bepreisung gesenkt: Sie soll ab 2021 um 0,25 Cent pro Kilowattstunde sinken, ab 2022 um 0,5 Cent und ab 2023 um 0,625 Cent.

Immobilieneigentümer, die auf steuerliche Entlastungen bei zukünftigen energetischen Sanierungen gehofft hatten, müssen sich dagegen gedulden. Hier ist noch keine Entscheidung im Vermittlungsausschuss von Bund und Ländern gefallen. Ursprünglich war vorgesehen, für den Austausch von Heizungen, das Dämmen von Außenwänden und andere entsprechende Maßnahmen zusätzliche Fördermittel bereitzustellen. Beispielsweise sollte der Austausch alter Fenster gegen moderne Wärmeschutzfenster steuerlich begünstigt werden. Auch eine Austauschprämie für Ölheizungen gehörte zu den Vorhaben. Bei Umstellung auf erneuerbare Wärme oder eine effiziente hybride Gasheizung ist eine Förderung in Höhe von 40 Prozent der Kosten geplant gewesen.

Ziel des Klimapakets ist es, dass Deutschland seinen Treibhausgasausstoß bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 verringert. Damit das Klimaziel nicht verfehlt wird, definiert das Gesetz unter anderem, wieviel CO2die Bereiche Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Energie und Industrie bis 2030 noch ausstoßen dürfen. Ab 2030 sollen die zulässigen Emissionswerte per Rechtsverordnung festgelegt werden. Erfüllt ein Sektor seine gesetzlich vorgegebenen Ziele nicht, muss das zuständige Bundesministerium der Bundesregierung innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen. Bevor die Bundesregierung über die darin vorgeschlagenen Maßnahmen entscheidet, werden sie vom Expertenrat geprüft.

 

Grundsteuerreform ist beschlossene Sache

Die Grundsteuerreform hat Bundestag und Bundesrat passiert. Damit kann das Gesetzespaket aus Grundgesetzänderung sowie Änderung des Grundsteuer- und Bewertungsrechtes wie geplant in Kraft treten und die Bundesländer können die Abgabe ab dem Jahr 2025 nach neuen Regeln erheben.

Mit der Reform ändert sich insbesondere die Bewertung der Grundstücke. Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018, das die noch geltende Einheitsbewertung für verfassungswidrig erklärt. Künftig erfolgt sie mittels eines wertabhängigen Modells. Bei unbebauten Grundstücken ist dafür der Wert maßgeblich, der durch unabhängige Gutachterausschüsse ermittelt wird. Ist das Grundstück bebaut, werden in die Berechnung der Steuer auch Erträge wie Mieten einbezogen. Die grundsätzliche Struktur der Grundsteuer bleibt aber weiterhin bestehen: Sie wird in einem dreistufigen Verfahren ermittelt, dessen Komponenten der Grundstückswert, die Multiplikation der Grundstückswerte mit einer Steuermesszahl und der Hebesatz der jeweiligen Kommune sind.

 

Ausnahmen möglich

Durch eine Öffnungsklausel im Gesetz ist es den Bundesländern möglich, vom Wertmodell bei der Berechnung der Grundsteuer abzuweichen und eigene Vorgaben zu erstellen. Sollten ihnen dadurch Steuermindereinnahmen entstehen, dürfen diese jedoch nicht in die Berechnungen für den Länderfinanzausgleich einfließen. Um diese Regelung zu ermöglichen, war das Grundgesetz vorab geändert worden.

 

Bundeskabinett hat neues Gebäudeenergiegesetz beschlossen

Das Bundeskabinett hat den Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) beschlossen. Damit werden die bisher parallel laufenden Regeln von Energieeinsparungsgesetz (EnEG), Energieeinsparverordnung (EnEV) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammengeführt. Ziel ist ein aufeinander abgestimmtes Regelwerk für die energetischen Anforderungen an Neubauten und Bestandsgebäude sowie für den Einsatz erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden.

Das neue GEG setzt dabei die europäischen Vorgaben zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden um. Ein wichtiger Punkt: Das energetische Anforderungsniveau für Neubauten und Sanierungen der bestehenden EnEV wird nicht verschärft. Eine Überprüfung erfolgt im Jahr 2023. Der GEG-Entwurf sieht außerdem Flexibilisierungsoptionen bei der Erfüllung der energetischen Neubaustandards vor. Durch eine bessere Anrechnung von gebäudenah erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien besteht die Möglichkeit, die energetischen Vorgaben an Neubauten mit wirtschaftlichen und nachhaltigen Lösungen zu erfüllen.

Neuerungen und Förderungen

Als eine Neuerung zum Referentenentwurf von Mai 2019 wurde das im Klimapaket beschlossene Einbauverbot von Ölheizungen ab 2026 in das Papier aufgenommen. Es werden jedoch Ausnahmen formuliert. So ist für Bestandsgebäude der Einbau einer Ölheizung weiterhin möglich, wenn Erdgas oder Fernwärme nicht zur Verfügung stehen und die anteilige Nutzung von erneuerbaren Energien technisch nicht möglich ist oder zu einer unbilligen Härte führt. Die bereits in der EnEV enthaltene Austauschpflicht für Öl- und Gasheizkessel, die älter als 30 Jahre sind, wurde in das GEG integriert. Für Eigentümer gibt es Investitionszuschüsse über das CO2-Gebäudesanierungsprogramm, das Marktanreizprogramm für Wärme aus erneuerbaren Energien und das Heizungsoptimierungsprogramm.

 

Verschärfte Mietpreisbremse wird verlängert – reines Bestellerprinzip beim Immobilienkauf kommt nicht

Das Bundeskabinett hat die Verlängerung der verschärften Mietpreisbremse beschlossen. Die Bundesländer erhalten dadurch die Möglichkeit bis Ende 2025 Gebiete festzulegen, in denen sie gelten soll. Nach derzeitiger Rechtslage können sie entsprechende Verordnungen nur bis Ende 2020 erlassen. Zudem hat die Bundesregierung neue Regelungen zur Maklerprovision beim Kauf selbstgenutzter Immobilien auf den Weg gebracht.

Sollte der Gesetzentwurf so vom Bundestag beschlossen werden, haben Mieter das Recht, bei einem Verstoß gegen die Mietpreisbremse zu viel gezahlte Miete bis zu einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren auch rückwirkend zurückzuverlangen. Voraussetzung wäre lediglich, dass sie den Verstoß gegen die Mietpreisbremse innerhalb dieses Zeitraums nach Beginn des Mietverhältnisses rügen. Momentan ist es so, dass eine rückwirkende Wirkung ausgeschlossen ist.

Wird die Rüge erst ausgesprochen, nachdem die 30-Monatsfrist abgelaufen oder das Mietverhältnis bereits beendet ist, bleibt die alte Regelung bestehen. Der VDIV hatte sich für deutliche kürzere Fristen ausgesprochen, um möglichst zeitnah Rechtssicherheit für Vermieter und Immobilienverwalter zu gewährleisten.

Verlängerter Betrachtungszeitraum für Vergleichsmiete

Ebenfalls geändert werden soll der Betrachtungszeitraum für die Berechnung der ortüblichen Vergleichsmiete. Fließen nach aktueller Rechtslage die Mietverträge, die in den zurückliegenden vier Jahren abgeschlossen wurden, in die Ermittlung ein, wird der Betrachtungszeitraum nun auf sechs Jahre ausgedehnt. Bis Jahresende soll auch ein Gesetzentwurf zur Reform des Mietspiegelrechts vorliegen.

Teilung der Maklerkosten bei Kauf selbstgenutzter Immobilie

Neben Änderungen am Mietrecht wurden die Vorgaben für die Maklerprovision beim Kauf selbstgenutzter Immobilien geändert. Beim Kauf einer Wohnung oder eines Einfamilienhauses wird künftig die Vertragspartei, die den Makler nicht beauftragt hat, maximal die Hälfte der Courtage zahlen. Dieser Anteil ist erst dann fällig, wenn der Besteller des Maklers nachgewiesen hat, seinen Anteil geleistet zu haben. Die SPD hatte sich für die Einführung eines reinen Bestellerprinzips eingesetzt, bei dem in der Regel die Verkäuferseite einer Immobilie die Maklerprovision hätte allein tragen müssen. Mit dieser Forderung konnten sich die Sozialdemokraten jedoch nicht durchsetzen.

 

  1. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung vernachlässigt private Mehrfamilienhäuser

Das Bundeskabinett hat den Masterplan Ladeinfrastruktur beschlossen. Sein Ziel: zügig ein flächendeckendes und nutzerfreundliches Netz aus öffentlichen Lademöglichkeiten zu schaffen. So sollen deutlich mehr Bürger motiviert werden, sich für ein elektrisch betriebenes Fahrzeug zu entscheiden. Denn nur, wer sein E-Auto unkompliziert laden kann, wird eines kaufen.

Private Ladeinfrastruktur muss stärker gefördert werden

Bis 2030 soll die Summe der bisher öffentlich zugänglichen Ladestationen von 21.000 auf eine Million erhöht werden. Denn anders ist das von der Bundesregierung bereits früher ausgegebene Ziel, bis dahin zehn Millionen E-Autos auf die Straße zu bringen, nicht zu erreichen. Allein 50.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte werden hierfür in allein in den nächsten zwei Jahren errichtet.

Außerdem sieht der Masterplan für 2020 Fördergelder in Höhe von 50 Mio. Euro für den Aufbau einer privaten Ladeinfrastruktur vor. Hierbei sind die allein zehn Millionen Eigentumswohnungen in circa 1,8 Millionen Wohnungseigentümergemeinschaften mit ihren etwa vier Millionen Pkw-Stellplätzen jedoch nicht ausreichend berücksichtigt. Daher kann die Summe nur als Auftakt verstanden werden, dem deutlich mehr Mittel in den kommenden Jahren folgen müssen. Denn allein der Erwerb und der Einbau einer einzelnen Ladestation kostet rund 2.500 Euro – vorausgesetzt das bestehende Stromnetz ist dafür ausgelegt. Bereits 2017 hatte der VDIV Deutschland deshalb ein Sofortprogramm in Höhe von 100 Millionen Euro zur Förderung privater Ladeinfrastruktur in Wohnungseigentümergemeinschaften gefordert.

Miet- und WEG-Recht finden Eingang in Masterplan

Um die Bedingungen für Lademöglichkeiten in Wohnungseigentumsgemeinschaften und Mietshäusern zu vereinfachen, kündigt der Masterplan noch für 2019 einen Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz an, mit dem das Miet- und Wohnungseigentumsrecht überarbeitet wird. Dabei empfiehlt er, genau wie der Abschlussbericht einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes vom August dieses Jahres, dass einzelne Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft einen Anspruch auf den Einbau einer Ladeeinrichtung erhalten. Andere Wohnungseigentümer sollen solche Pläne nur noch unter sehr engen Voraussetzungen verhindern können. Außerdem plädiert er dafür, dass Mieter vom Vermieter die Erlaubnis zum Einbau von Ladeinfrastruktur verlangen dürfen. Die Umsetzung des Gesetzes kündigt der Masterplan bis Ende 2020 an.

Fazit: Die Bundesregierung muss die Voraussetzungen für die Elektromobilität deutlich verbessern. Anders ist das im Klimaschutzplan 2050 fixierte Ziel, die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2030 insgesamt um rund 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken, nicht zu erreichen. Schließlich ist im Verkehrssektor bis 2030 eine Reduktion um circa 40 Prozent vorgesehen. Die hierfür erforderliche Mobilitätswende kann nur mit einer intakten öffentlichen und privaten Ladeinfrastruktur für elektrisch betriebene Fahrzeuge gelingen.

 

Hilfe für Wohnungseigentümergemeinschaften bei Sanierungsvorhaben

Sanierungen in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) bieten ein hohes Potenzial für den Klimaschutz. Allerdings sind die Entscheidungsprozesse in WEG komplex und die Umsetzung von solchen Plänen ist langwierig. Denn oft gibt es nicht genügend Unterstützung. Hier setzt das Projekt „WEG der Zukunft″ an.

Teil der Initiative sind die Energieagentur Regio Freiburg, die Bremer Energie-Konsens, die Metropolregion Rhein-Neckar, die Klimaschutzagentur Region Hannover und co2online. Ziel ist es, WEG für energetische Sanierungen zu motivieren und bei der Vorbereitung und Durchführung der Maßnahmen individuell zu helfen. Vertreter der Projektbeteiligten nehmen dafür an Eigentümerversammlungen teil, prüfen den baulichen oder anlagentechnischen Zustand und beraten die Eigentumsparteien zu verfügbaren Fördermitteln.

Das Projekt ist in vier Phasen gegliedert. Die erste Phase dient der Datenerhebung. Dabei werden Sanierungshemmnisse identifiziert und geklärt, welche Unterstützungsbausteine WEG benötigen. In der zweiten Phase werden die Maßnahmen der Kampagne mit Hilfe der Umfrageergebnisse zielgruppengenau geplant und detaillierte Unterstützungsbausteine entwickelt, die in Phase drei umgesetzt und abschließend ausgewertet werden. Am Ende soll die Entwicklung einer langfristigen Strategie stehen, die WEG bei Sanierungsvorhaben nachhaltig unterstützt.

 

Risiken von Klimagefahren für die eigene Immobilie abschätzen

Das Gros der Klimaforscher ist sich einig: Das Tempo der Klimaveränderung wird sich im Laufe des Jahrhunderts weiter verschärfen. Infolgedessen ist auch in Deutschland mit einer Zunahme von extremen Wetterereignissen zu rechnen. Für Immobilieneigentümer und potenzielle Käufer ergibt sich dadurch eine völlig andere Risikosituation. Eine neue Web-Anwendung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hilft Eigentümern und Investoren, Risiken rechtzeitig zu erkennen und ggf. baulich vorzusorgen.

Unter » www.gisimmorisknaturgefahren.de können Eigentümer nach der Eingabe objektbezogener Angaben ermitteln, wie gut ihre Immobilie gegen Extremwetter wie Hitze, Starkregen, Hagel oder Sturm geschützt ist. Gleichzeitig wird angezeigt, wie sich durch bauliche Maßnahmen die Risiken und damit mögliche Schäden reduzieren lassen. Die Web-Anwendung ist im BBSR-Projekt „GIS-ImmoRisk – Entwicklung eines Geoinformationssystems zur bundesweiten Risikoabschätzung von zukünftigen Klimafolgen für Immobilien” entstanden. Sie wird in regelmäßigen Abständen an neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Anforderungen angepasst.

Das BBSR arbeitete in dem Projekt mit zahlreichen Partnern aus Wissenschaft und Praxis zusammen, darunter dem Deutschen Wetterdienst, dem Karlsruher Institut für Technologie, dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, der Deutschen Rück, dem Climate Service Center Germany und dem Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung. Das Projekt begleitete ein Fachbeirat, dem Experten aus Wissenschaft und Praxis angehörten.

 

  1. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

Musterfeststellungsklage hat erstmals Erfolg

Zum ersten Mal im deutschen Mietrecht war eine Musterfeststellungsklage vor Gericht erfolgreich. Das Oberlandesgericht München gab einem Mieterverein Recht, der stellvertretend für mehr als 130 Mieter gegen eine Modernisierungsumlage geklagt hat. Streitpunkt war die lange Frist zwischen der Ankündigung einer Modernisierung und ihrer tatsächlich geplanten Umsetzung.

Die Maßnahme war von der Vermieterin und Beklagten Ende 2018 angekündigt worden. Sie sollte aber erst ab Mai 2021 umgesetzt werden. Damit hatte sie noch altes Recht nutzen wollen, das höhere Mieterhöhungen zulässt als sie seit Jahresbeginn 2019 möglich sind. Denn seitdem gilt das neue Mietrecht, nach dem nur noch acht Prozent statt der früheren elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete umgelegt werden dürfen. Zusätzlich gilt eine Obergrenze von einer erlaubten Erhöhung von zwei beziehungsweise drei Euro pro Quadratmeter pro Monat innerhalb von sechs Jahren nach Modernisierung.

Das Gericht entschied nun, dass die Spanne zwischen der Ankündigung der Modernisierung und der tatsächlichen Durchführung zu lang ist. Der Zeitraum sollte drei Monate betragen. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.

Die Möglichkeit von Musterfeststellungsklagen besteht in Deutschland erst seit November 2018. Eingereicht werden können sie von Verbänden. Mindestens 50 Betroffene müssen sich innerhalb von zwei Monaten der Klage anschließen.

 

Bundesrat beschließt Initiative Bayerns gegen Mietwucher

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. November 2019 einem Antrag Bayerns zugestimmt, der ein härteres Vorgehen gegen Mietwucher anstrebt. Der beschlossene Gesetzentwurf sieht eine Verdoppelung des derzeit geltenden Bußgeldrahmens auf 100.000 Euro vor. Das derzeit geltende Bußgeld von 50.000 Euro sei angesichts des anhaltend knappen Wohnungsmarktes nicht mehr zeitgemäß, heißt es zur Begründung.

Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sollen außerdem dafür sorgen, dass Mietwucher leichter anerkannt wird. Danach würde es ausreichen, dass die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um 20 Prozent übersteigt und das Angebot an günstigerem Wohnraum gering ist. Bisher müssen Mieter nachweisen, dass sie sich vergeblich um eine günstigere Wohnung bemüht haben und der Vermieter diese Zwangslage ausgenutzt hat. Das Ausnutzen lasse sich in der Praxis kaum nachweisen, weshalb die Vorschrift zum Mietwucher faktisch ins Leere laufe, begründet der Bundesrat seine Initiative.

Der Gesetzentwurf geht nun an die Bundesregierung. Sie wird dazu eine Stellungnahme verfassen. Anschließend entscheidet der Bundestag über beide Dokumente.